Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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still.

      »Mein Sohn«, sprach dieser, »ist weise, und seine Seele ist die eines großen Häuptlings; aber wird er die vielen Dollars verdienen wollen, die der große Vater der Weißen für den Kopf des Diebes angeboten?«

      Der Mexikaner horchte hoch auf. »Wie meint dies mein Vater?«

      »Die Weißen werden Tokeah und El Sol als Diebsfänger betrachten, welche die Dollars ihren Skalpen vorziehen. Die roten Männer werden wehklagen; denn ihre Ehre wird für immerdar unter ihren Brüdern in Schande gekehrt sein.«

      Diese Worte schienen Eindruck auf den jungen Mann zu machen. Er sprach lebhaft mit den Cumanchees.

      »Und was gedenkt mein Vater zu tun?« –

      Der Miko sann nach – plötzlich zuckte es durch seine Nerven; er holte tief Atem und auf die Leiche seiner Tochter blickend, sprach er mit bebender Stimme:

      »Ja der große Geist hat durch den Mund meines Sohnes gesprochen; – der weiße Dieb soll durch die Schlechtesten der Weißen an einen Baum gehängt werden; – er ist nicht wert, daß er für die Tochter des Miko und die Oconees sterbe; aber El Sol und Tokeah dürfen ihre Hände nicht mit ihm beflecken, sie dürfen ihn nicht den Weißen übergeben.«

      Der junge Mann war immer gespannter geworden.

      »Der Dieb ist ein Feind der Weißen; – er hat ihnen des Bösen viel zugefügt. Der große Vater hat viel Gold für sein Haupt geboten; – sollen die verfolgten roten Männer den Weißen helfen ihre Feinde einfangen?«

      Der Mexikaner fing nun an zu begreifen.

      »Der Panther«, fuhr der alte Mann fort, »rennt in seine Schlinge, der Büffel stürzt der Kugel und dem Pfeile entgegen, die für ihn gemacht sind; – der weiße Dieb wird auch dem Baume nahe kommen, an dem er aufgehängt werden soll. – Mögen die Weißen ihn fangen, und ihr Blut fließen wie das der Oconees.«

      Die raffinierte Rachsucht und der tief versteckte Haß gegen seine Todfeinde, die Weißen, die dabei anscheinende Großmut gegen die gefangenen Seeräuber, welche aus der Rede des Miko hervorleuchtete, hatte anfangs selbst den Mexikaner verwirrt, und er blickte betroffen seinen Vater an. – Auch er war ein Feind dieser Weißen, die seinen Vater gemeuchelmordet hatten; aber von diesem Hasse, der selbst seine glühende Rache an dem Mörder seiner Tochter der Hoffnung aufopfern konnte, daß dieser Mörder, wenn er frei wäre, seinen weißen Feinden nur umsomehr Böses zufügen und so gewissermaßen einen Teil seiner eigenen Rache abtragen würde, hatte er auch nicht geträumt.

      »Und mein Vater«, sprach er, »wollte deshalb die Seeräuber aus dem Garn entlassen, in welchem sie sich gefangen?«

      Sie werden Blackeagle und Tokeah rächen im Blute vieler Yankees«, sprach der Miko.

      Der Mexikaner wandte sich nun an seine Landsleute. Diese schüttelten den Kopf über den ungewöhnlichen Vorschlag, – überließen jedoch ihrem Häuptling, nach Gutdünken zu handeln.

      Der Miko hatte mit seinen Oconees gesprochen. Die rachedürstenden Wilden schüttelten anfangs gleichfalls ihre Köpfe; als er aber auf die Tapferkeit ihres Feindes hinwies, der vielen Yankees ihr Leben rauben würde, stimmten sie mit einem Male bei.

      »Es ist die Stimme des Propheten, des großen Miko«, erschallte es aus hundert Kehlen.

      Der Miko war schweigend dagesessen und sein Haupt war wieder auf seine Brust gesunken.

      »El Sol«, sprach der junge Mann, »hat die Worte seines Vaters gehört, und die Cumanchees haben sie gebilligt; – mein Vater weiß, was er zu tun hat.«

      Der alte Miko winkte einem jungen Krieger, und dieser lief auf die Gefangenen zu, deren Fesseln er schnell löste.

      Die halbtoten Seeräuber hatten versucht aufzustehen, aber sie vermochten es nicht. – Sie lagen, selbst nachdem die Riemen zerschnitten waren, noch eine geraume Zeit, ohne sich erheben zu können. – Ihr verwirrter, wüster Blick schien kaum mehr zu begreifen, was eigentlich gemeint sei; als aber der junge Krieger an das Ufer deutete und sprach: »Die Diebe mögen gehen«, da erhoben sie sich, anfangs schüchtern um sich blickend, ob auch die frohe Botschaft wahr sei, und dann rannten sie, so schnell als sie es vermochten, dem Ufer zu. – Lafitte allein war etwas langsamer fortgeschritten, zuweilen auf die Wilden zurückblickend; – das Geschrei seiner Gefährten, zu eilen, wenn er nicht zurückgelassen werden wolle, schien auf ihn keinen Eindruck zu machen. An der Bucht angekommen, schlang er seine Arme ineinander, blickte dann nochmals auf die schaudervolle Szene und trat rasch ins Boot zu seinen Gesellen.

      *

      Die herzzerreißende Begräbnisszene war vorüber. Die Krieger der Pawnees und Oconees waren in ihre Ruhestätten versenkt; der Scheiterhaufen, auf dem die getöteten und geschlachteten Seeräuber aufgeschichtet waren, loderte in hellen Flammen auf; die Rosse waren geopfert. Alle standen bereit, das Ufer des Natchez für immer zu verlassen.

      Da trat El Sol mitten unter die verstörten und dumpf hinstarrenden Weiber und Mädchen, deren Tränen und Stimmen versiegt zu sein schienen, und wand die von zwei Indianerinnen getragene Rosa aus ihren Armen, sie ihrem Pflegevater zuführend.

      »Und will die weiße Rose nicht Lebewohl dem Vater sagen, dessen Tochter ihr Mutter gewesen, und der nun einen weiten Pfad betreten wird?« sprach der Mexikaner mit sanfter, zitternder Stimme.

      Die blasse Leichengestalt blickte auf den bewegten Sprecher mit einem tränenlosen, leeren Auge, das einem wirren Gemüte anzugehören schien.

      »Tokeah«, fuhr der junge Mexikaner mit stockender Stimme fort, »will in die Wigwams der Weißen; er hat einen Traum gehabt, der ihm solches geboten.« Kein Symptom von Bewußtsein, keine Regung, keine Bewegung ließ sich an ihr verspüren; sie starrte wie wahnsinnig, wie leblos.

      »Der Pfad des Miko der Oconees wird lange, derjenige der weißen Rose würde traurig und dornig sein. Der Miko hat El Sol gebeten, daß seine Tochter in die Wigwams der Cumanchees mit den Mädchen ziehe. Sie wird da Gebieterin sein, die Schwester Canondahs.«

      Plötzlich schien sie sich zu besinnen. »Canondah!« rief sie. Und ein Tränenstrom entquoll ihren Augen. Es war das erste Wort, das seit der schrecklichen Katastrophe von ihr gehört worden, das erste Lebenszeichen, das sie seit dem Tode ihrer Freundin von sich gab. Ihr Schmerz war gebrochen. Alle waren tief bewegt, die Mädchen fingen wieder an laut zu schluchzen, die Alten zu heulen.

      »Was ist dies, mein Bruder?« fragte sie nun, wie aus einem Traume erwachend und scheu um sich blickend.

      »Meine Schwester kennt«, sprach der Mexikaner, »den Jammer des Vaters, der seine Tochter und seine Männer durch die Verräterei des Seeräubers verloren hat. Sie sind tief in die Erde gelegt, und die weiße Rose wird sie nie wieder sehen; aber der Miko ist auf einem langen, dornigen Wege, er muß dem Befehle des großen Geistes gehorchen, er hat einen Traum gehabt.«

      »Und der unglückliche Vater will zu seinen weißen Feinden,« sprach das Mädchen, »und seine Tochter ist im Grabe, und keiner und keine, die ihn warte und pflege? – Rosa war bisher seine Pflegetochter gewesen, sie will nun seine wirkliche sein; – sie will ihren Vater begleiten. Sie hat es versprochen«; setzte sie schaudernd hinzu.

      Der junge Mexikaner sprach kopfschüttelnd: »Meine edle Schwester kennt die Dornen des Pfades nicht, der zu den Weißen führt. Sie ist sehr zart und würde sehr viel zu leiden haben.«

      »Und

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