Ein Winter auf Mallorca. George Sand

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Ein Winter auf Mallorca - George Sand

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Umfeld, dem Nachdenken und philosophischer Einkehr, das andere ist aktiv und reflektiert auf einen loyalen Austausch, der die peinlichen Machenschaften ersetzt, die wir Handel nennen, und dies zugunsten der Inspirationen aus der Kunst, wissenschaftlichen Forschungen, und vor allem der Verbreitung von Ideen. Kurz gesagt erscheint es mir, dass das normale Ziel der Reisen dem Bedürfnis nach Kontakt entspricht, nach Beziehungen und nach freundlichem Austausch mit den Menschen und dass es dort, wo es keine Pflicht gibt, kein Vergnügen geben dürfte. Im Gegenteil habe ich aber den Eindruck, dass die meisten von uns heute wegen eines Geheimnisses oder dem Wunsch nach Alleinsein reisen, weil nämlich die Gesellschaft Unseresgleichen unsere persönlichen Eindrücke mitunter auf angenehme, aber auch auf störende Art und Weise zu überschatten scheint.

      Was mich betrifft, so habe ich mich auf den Weg gemacht, um ein Ruhebedürfnis zu befriedigen, das ich in dieser Zeit besonders stark empfand. Da uns in dieser Welt, die wir uns gebaut haben, stets zu allem die Zeit fehlt, stellte ich mir wieder einmal vor, dass ich nur zu suchen hätte, um, allein, stille Einkehr zu finden, wo ich keine Briefe zu schreiben hätte, noch Zeitungen durchzulesen, noch Besuch zu empfangen, wo ich immer im Morgenmantel bleiben könnte, wo die Tage zwölf Stunden hätten, wo ich alle guten Manieren und die Verpflichtungen, die daraus erwachsen, ablegen könnte, die Geistesbewegungen hinter mir lassen könnte, die in Frankreich uns alle beanspruchen, und so ein oder zwei Jahre hätte, um ein wenig Geschichte zu studieren und mit meinen Kindern Sprachen zu lernen.

      Wer von uns hätte nicht diesen egoistischen Traum gehabt, eines schönen Tages alles stehen und liegen zu lassen, seine Gewohnheiten aufzugeben, seine Gewissheiten, ja sogar seine Freunde, um auf irgendeiner verzauberten Inseln ein sorgloses Leben zu führen, ohne Ungemach, ohne Verpflichtungen und vor allem ohne Zeitungen?

      Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass der Journalismus, dieses Alpha und Omega, wie es Äsop ausgedrückt hätte, den Menschen ein völlig neues Leben ermöglicht hat, voll von Fortschritt, Vorteilen und Problemen. Diese Stimme der Menschheit, die uns jeden Morgen wecken kommt, um uns zu erzählen, wie es der Menschheit gestern ergangen ist, verkündet manchmal große Wahrheiten, manchmal schreckliche Lügen, aber stets prägt sie jeden Schritt des menschlichen Wesens, sie schlägt jede Stunde des Lebens in der Gemeinschaft, und ist das nicht etwas wirklich Großes, und dies trotz aller Unvollkommenheit und Unzulänglichkeit, die damit einhergeht?

      Und obwohl dies unumgänglich für die Gesamtheit unserer Gedanken und Taten ist, ist es nicht auch schrecklich im Einzelnen zu sehen, dass um uns ein Kampf herrscht, dass Wochen und Monate mit Beleidigungen und Drohungen ins Land gehen, ohne dass eine einzige Frage wirklich geklärt oder ein spürbarer Fortschritt erzielt worden wäre? Und während dieses Wartens, das umso länger erscheint, als man uns über jede einzelne Phase erschöpfend informiert, überkommt uns da nicht manchmal die Lust, uns Künstler, die wir das Steuer nicht in der Hand halten, unter Deck zu gehen und dort zu schlafen, und erst nach einigen Jahren wieder aufzuwachen, wenn neues Land in Sicht ist, auf das wir zugefahren werden?

      Ja, wahrlich, wenn dem so sein könnte, wenn wir uns dem Leben in der Gemeinschaft entziehen könnten, uns von jedem Kontakt mit der Politik eine Zeitlang fernhalten könnten, wir wären bei unserer Rückkehr überrascht, wie viele Fortschritte in unserer Abwesenheit erzielt worden sind. Aber solches ist uns nicht vergönnt; und wenn wir den Ort der Aktion verlassen, um Vergessen und Erholung bei Völkern zu suchen, deren Lebensrhythmus langsamer als unserer ist und deren Geist weniger scharf arbeitet, empfinden wir ein vorhersehbares Leiden und bedauern, die Gegenwart zugunsten der Vergangenheit verlassen zu haben, die Lebenden zugunsten der Toten.

      Dies ist, einfach dargelegt, was den Text meiner Erzählung ausmacht und weswegen ich mich der Mühe des Schreibens unterziehe, obwohl es unangenehm ist, und obwohl ich mir zu Beginn vorgenommen hatte, mich weitestgehend persönlicher Eindrücke zu enthalten; nun erscheint mir diese Faulheit als Feigheit, und ich ändere meine Meinung.

      V

      Wir kamen im November 1838 in Palma an, und es herrschte eine Hitze, die mit unserer im Juni zu vergleichen ist. Wir hatten Paris vierzehn Tage zuvor bei äußerst kaltem Wetter verlassen, und es bereitete uns großes Vergnügen, nachdem wir die ersten Vorboten des Winters gespürt hatten, diesen Feind hinter uns zu lassen. Zu diesem Vergnügen kam jenes, eine sehr typische Stadt durchwandern zu können, die mehrere erstklassige Monumente der Schönheit oder der Seltenheit besitzt.

      Aber bald bemächtigte die Schwierigkeit, Fuß zu fassen, sich unser, und wir sahen ein, dass die Spanier, die uns Mallorca als das gastfreundlichste aller Länder und voller Inspirationsquellen gerühmt hatten, weitestgehend Opfer ihrer Illusionen geworden waren, so wie wir. In einer Gegend, die so nah bei den großen Zivilisationen Europas liegt, hätten wir kaum damit gerechnet, nicht eine einzige Herberge zu finden. Diese Unmöglichkeit für den Reisenden abzusteigen, hätte uns sofort einsehen lassen sollen, was Mallorca im Vergleich zur restlichen Welt wirklich war, und wir hätten stehenden Fußes nach Barcelona umkehren sollen, wo es zumindest die üble Herberge mit dem emphatischen Namen »Das Hotel der Vier Nationen« gab.

      In Palma muss man Beziehungen haben und mindestens zwanzig wichtigen Personen angekündigt worden sein sowie seit mehreren Monaten erwartet, um darauf hoffen zu dürfen, nicht auf freiem Felde schlafen zu müssen. Das für uns einzig Erreichbare waren zwei kleine möblierte Zimmer, oder vielmehr unmöblierte, die sich an einem unheimlichen Ort befanden, wo Fremde sich glücklich schätzen können, jeder ein Feldbett vorzufinden, das eine Matratze hat, die so weich und gemütlich wie eine Schiefertafel ist, einen mit Stroh bespannten Stuhl und als Nahrung Pfeffer und Knoblauch, soviel man möchte.

      Es bedurfte weniger als einer Stunde, um uns darüber klar zu werden, dass, wenn wir uns über diesen Empfang nicht begeistert zeigten, man uns schief angucken, für impertinent und planlos halten würde oder wir zumindest so mitleidsvoll wie Verrückte betrachtet werden würden. Schande über den, der sich in Spanien nicht an allem erfreut! Wenn Sie auch nur ganz leicht die Miene verziehen, weil Sie Würmer im Bett oder Skorpione in der Suppe finden, ziehen Sie sich die tiefste Verachtung zu und rufen allgemeine Empörung hervor. Daher hüteten wir uns tunlichst, uns zu beschweren, und verstanden nach und nach, was es mit dieser Armseligkeit und dem offensichtlichen Mangel an Gastfreundschaft auf sich hatte.

      Abgesehen von der Antriebslosigkeit und Trägheit der Mallorquiner hatte der Bürgerkrieg, der Spanien seit so Langem erschütterte, damals jeden Austausch zwischen der Bevölkerung der Insel und derjenigen des Kontinents unterdrückt. Mallorca war für so viele Spanier, wie es irgend aufnehmen konnte, eine Zufluchtsstätte geworden, und die Einheimischen blieben in ihren Häusern und vermieden es, auf dem Festland Abenteuer suchen zu gehen und Schläge einstecken zu müssen.

      Hinzu kommt, dass es keinerlei Industrie gibt, und der horrende Zoll, der auf jeden Gegenstand, der das tägliche Leben angenehmer macht, erhoben wurde. Palma ist auf eine bestimmte Anzahl von Einwohnern ausgerichtet. Steigt die Bevölkerungszahl, rückt man ein bisschen näher zusammen, neue Häuser wurden kaum gebaut. In den bestehenden Wohnungen wurde nichts erneuert. Mit Ausnahme von zwei oder drei Familien war das Mobiliar seit zweihundert Jahren so gut wie nie ausgewechselt worden. Man kennt hier weder die Welt der Mode noch das Bedürfnis nach Luxus oder nach den Annehmlichkeiten des Lebens. Einerseits herrscht Apathie, andererseits bestimmen Schwierigkeiten die Geschicke des Landes/der Menschen, daher bleibt alles beim Alten. Man verfügt über das unbedingt Notwendige, man besitzt nichts Überflüssiges. Darum spielt sich alle Gastfreundlichkeit nur in Worten ab.

      Auf Mallorca wie in ganz Spanien gibt es einen typischen Satz, mit dem vermieden wird, etwas zu verleihen. Er besteht darin, alles anzubieten: das Haus und alles, was es enthält, steht Ihnen zur Verfügung. Sie können kein Bild anschauen, keinen Stoff berühren, keinen Stuhl anheben, ohne dass man ihnen sagt, und dies mit vollkommener Höflichkeit: Es steht zu Ihrer Verfügung. Hüten Sie sich jedoch, irgendetwas, und sei es auch nur eine Nadel, anzunehmen, dies wäre von unerhörter Grobschlächtigkeit.

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