Historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz

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Historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre - Henryk Sienkiewicz

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vernichtet und für immer dahin war, daß jede Hoffnung entschwand, wie der morgendliche Nebel auf den Gefilden entschwindet, daß sie auf alles verzichten, alles aufgeben, alles vergessen und ein neues Leben beginnen müsse. Sie sagte sich, daß, wie sich auch durch Gottes Wille ihre Zukunft gestalten werde, sie doch niemals wieder ein Glück wie in den früheren Zeiten finden könne.

      Und ihr Herz krampfte sich zusammen aus unermeßlichem Grame über das verlorene Glück, und heiße Thränen traten ihr in die Augen. Doch um nichts in der Welt wollte sie diesen Thränen freien Lauf lassen, denn neben dem bedrückenden Kummer, der auf ihr lastete, fühlte sie sich auch tief beschämt. Sie hätte jetzt viel darum gegeben, wenn sie in Zgorzelic geblieben wäre, denn kehrte sie jetzt nicht gezwungen aus Spychow zurück? Nicht allein um den drohenden Einfällen von Wilk und Cztan in Zgorzelic Einhalt zu thun, war sie in die Ferne gezogen, nein, über den Hauptgrund hierfür täuschte sie sich nicht. Der gleiche Grund war aber auch für Macko maßgebend gewesen, und sie bezweifelte es keinen Augenblick, daß ihn auch Zbyszko erfahren werde. Heiß brannten ihr die Wangen bei diesem Gedanken, Bitternis erfüllte ihre Seele. »Ich bin nicht stolz genug gewesen,« dachte sie bei sich, »und nun ist mir zu teil geworden, was ich verdiene.« Zu der bangen Angst vor dem, was kommen werde, zu der nagenden Reue über das, was geschehen, gesellte sich nun auch noch das bedrückende Gefühl der Demütigung.

      Bald wurde sie indessen aus ihrem grüblerischen Sinnen gerissen, da plötzlich in geringer Entfernung eine Männergestalt auftauchte. Hlawa, der auf alles ein wachsames Auge hatte, spornte sein Roß an und ritt auf den Fremdling zu, in welchem er sofort einen Waldhüter erkannte, an dem Bogen, der jenem über der Schulter hing, an der Tasche aus Dachsfell und an der mit Federn geschmückten Mütze.

      »Hei! Wer bist Du? Halt!« rief er jedoch trotzdem, um ganz sicher zu gehen.

      Der Angerufene näherte sich rasch. Auf seinem Gesichte spiegelte sich die Erregung eines Menschen, der eine ungewöhnliche Kunde zu überbringen hat.

      »Dort, an einem am Wege stehenden Baume,« schrie er, »hängt ein Mann.«

      Von dem Gedanken erfüllt, hier könnten Räuber die Hand im Spiele gehabt haben, fragte der Böhme rasch: »Ist es noch weit von hier?«

      »Einen Bogenschuß weit – auf diesem Wege.«

      »Ist niemand bei ihm?«

      »Nein, kein Mensch. Ich scheuchte einen Wolf hinweg, der ihn beschnüffelte.«

      Durch diese Antwort fühlte sich Hlawa einigermaßen beruhigt, denn das Erscheinen eines Wolfes bürgte dafür, daß sich weder in der Nähe, noch in einem Hinterhalte Leute befanden. Nunmehr sagte Jagienka:

      »Sieh’ was geschehen ist!«

      Hlawa sprengte vorwärts, kehrte aber in ganz kurzer Zeit noch rascher zurück.

      »Zygfryd ist’s, der dort hängt!« rief er, sein Roß vor Jagienka anhaltend.

      »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes! Zygfryd? der Kreuzritter?«

      »Der Kreuzritter. Er hat sich selbst mit einem Zügel erhängt.«

      »Selbst hat er sich erhängt?«

      »Allem Anschein nach, denn der Sattel liegt nicht weit von ihm. Wenn Räuber die That vollbracht hätten, würden sie den Komtur einfach getötet und sich des Sattels bemächtigt haben, der von großem Werte ist.«

      »Werden wir vorüberkommen?«

      »Nein, nein, wir wollen nicht diesen Weg, wir wollen einen andern Weg einschlagen!« ließ sich jetzt die furchtsame Tochter der Sieciechowa vernehmen, »sonst wird es uns schlimm ergehen.«

      Jagienka ängstigte sich auch ein wenig, glaubte sie doch fest, daß sich um den Leichnam von Selbstmördern böse Geister ansammelten, allein der verwegene und kühne Hlawa erklärte: »Traun, ich war nicht nur ganz nahe bei ihm, sondern ich habe ihn sogar mit dem Speere berührt, und doch sitzt mir noch kein Teufel auf dem Nacken.«

      »Lästere nicht!« rief Jagienka.

      »Ich lästere nicht!« entgegnete der Böhme, »allein ich vertraue auf die Macht Gottes. Wenn Ihr Euch übrigens fürchtet, können wir ebensogut einen Umweg machen.«

      Anielka stimmte sofort dafür, nach kurzem Nachdenken meinte jedoch Jagienka: »Wahrlich, es ziemt sich nicht, einen Toten unbegraben zu lassen. Wir müssen dies thun als Christen, denn so will es unser Herr Jesus. Zygfryd war doch auch ein Mensch.«

      »Bei meiner Treu! Doch zu gleicher Zeit war er auch ein Kreuzritter, ein Henkersknecht, der sich selbst den Tod gegeben hat. Ueberlaßt ihn nur den Wölfen und den Raben.«

      »Sprich nicht auf solche Weise. Gott wird ihn seiner Sünden halber richten, wir aber wollen ausführen, was uns zu thun obliegt. Nichts Schlimmes kann uns widerfahren, wenn wir ein frommes Werk verrichten.«

      »Wohl, Euer Wille geschehe!« antwortete Hlawa.

      Sofort erteilte er hierauf den Knechten die nötigen Befehle, welche indessen nur zögernd und ungern gehorchten. Da sie aber wußten, daß Hlawa keinen Widerstand dulde, griffen sie in Ermanglung von Spaten zu den Heugabeln und Streitäxten, um das Grab zu graben, und gingen schließlich ans Werk. Um ein gutes Beispiel zu geben, schloß sich der Böhme ihnen an, ja, er schnitt mit eigener Hand, nachdem er das Zeichen des Kreuzes gemacht hatte, die Riemen entzwei, an denen der Leichnam hing.

      Zygfryds Gesicht war in der Luft ganz bläulich geworden und brachte mit den offenstehenden, starren Augen und mit dem wie zu einem letzten Atemzuge geöffneten Munde einen entsetzlichen Eindruck hervor. Das Grab war rasch gegraben. Mit den Stielen der Heugabeln wurde der Leichnam, das Gesicht nach unten gekehrt, hineingeschoben. Nachdem er mit Erde bedeckt worden war, suchten die Knechte Steine zusammen, weil nach althergebrachter Sitte auf den Gräbern von Selbstmördern Steine aufgehäuft werden mußten, damit jene nicht in der Nacht denselben entsteigen und die Vorüberziehenden belästigen konnten. An Steinen mangelte es aber weder auf dem Wege, noch zwischen dem Moose im Walde, und so türmte sich über dem Kreuzritter in kürzester Zeit ein ansehnlicher Hügel auf. Hlawa schnitt hierauf mit dem Beile ein Kreuz in den Stamm einer Fichte – freilich nicht Zygfryds wegen, sondern um dadurch die Ansammlung böser Geister an dieser Stelle zu verhüten, dann kehrte er zu seiner Herrin zurück.

      »Seine Seele ist in der Hölle, seinen Körper birgt die Erde,« sagte er zu Jagienka, »laßt uns nun weiter ziehen.«

      Sie setzten ihren Weg fort. Als aber Jagienka an dem Grabhügel vorüberritt, brach sie einen Zweig von dem Fichtenbaume und warf ihn auf die Steine. Unverzüglich ahmten nun all die andern, dem herkömmlichen Gebrauche zufolge, ihrem Beispiele nach.

      Dann ritten sie, lange Zeit in tiefes Schweigen versunken, weiter, denn ihre Gedanken weilten noch immer bei dem verruchten Komtur, den endlich die Strafe für all seine Vergehen ereilt hatte. Schließlich hub Jagienka also an: »Gottes Gerechtigkeit wird stets offenbar. Fern sei es daher von uns, das Gebet für die ewige Ruhe des Kreuzritters zu sprechen, denn niemals wird ihm die ewige Ruhe zu teil werde«.«

      »Ihr habt ein mitleidiges Herz, befahlt Ihr doch, daß ihm ein Grab bereitet werde,« warf Hlawa ein.

      Dann fügte er einigermaßen zaudernd hinzu: »Wißt Ihr, was die Leute behaupten? Nein, eigentlich nicht die Leute, sondern nur die Zauberer und die Hexen – die behaupten, der Besitz eines Riemens oder eines Strickes, mit dem sich ein Mensch erhängt habe, bringe in allem Glück,

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