Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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brannten blaue Flammen, und in ihrem Schimmer tanzten die Hulatänzer zu barbarischen Liebesliedern, klimpernden Ukuleles und rasselnden Tom-Toms. Es war eine sinnenerregende tropische Nacht. Im Hintergrund hob sich die dunkle Silhouette eines vulkanischen Kraters vom Sternenhimmel ab. Darüber stand ein blasser Halbmond, und ganz unten am Horizont flammte das Kreuz des Südens.

      Er war wie eine Harfe; sein ganzes Leben, wie er es bisher gekannt, und wie es sich in seinem Bewußtsein abgezeichnet hatte, bildete die Saiten der Harfe, und die wogenden Töne der Musik waren der Wind, der gegen die Saiten schlug und sie unter Erinnerungen und Träumen schwingen ließ. Er fühlte nicht nur. Seine Fähigkeit zu fühlen nahm Form, Farbe und Strahlenkranz an und verkörperte mit erhabener, zauberischer Kraft, was seine Einbildungskraft wagte. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wurden eins, und er schwang sich weiter über die große warme Welt, durch Abenteuer und edle Taten, hin zu ihr – ja, und zusammen mit ihr, die er gewinnen wollte; er schlang seinen Arm um sie und trug sie im Fluge durch das Reich seiner Phantasie.

      Und als sie ihm über die Schulter hinweg einen verstohlenen Blick zuwarf, sah sie etwas von alledem auf seinem Gesicht. Es war ein verklärtes Gesicht mit großen, leuchtenden Augen, die durch den Zauber der Töne und hinter den klopfenden Pulsschlag des Lebens in die mächtigen Phantome des Geistes sahen. Sie erschrak. Der derbe, linkische Bursche war verschwunden. Die schlechte Haltung, die zerschrammten Hände und das sonnenverbrannte Gesicht waren noch da, aber sie glichen einem Gefängnisgitter, hinter dem eine große Seele sprachlos starrte, weil die Lippen unfähig waren, ihr Ausdruck zu verleihen. Sie sah das alles nur einen flüchtigen Augenblick; dann sah sie wieder den linkischen Burschen und lachte über ihre eigene Einbildung. Aber den Eindruck dieses flüchtigen Bildes konnte sie nicht abschütteln, und als der Zeitpunkt kam, da er sich, stolpernd und unsicher, verabschiedete, lieh sie ihm den Band Swinburne, in dem er geblättert hatte, und einen Band Browning – sie hörte gerade Vorlesungen über Browning. Wie er, errötend und seinen Dank stammelnd, dastand, war er ein richtiger Knabe, und eine Woge von fast mütterlichem Mitleid durchfuhr sie. Sie dachte weder an den linkischen Burschen, noch an die gefangene Seele oder den Mann, der sie mit all seiner Männlichkeit angestarrt, der sie entzückt und doch abgeschreckt hatte. Sie sah nur einen großen Knaben, der ihre Hand mit einer Hand drückte, so hart von Arbeit, daß sie sich wie ein Reibeisen anfühlte und ihr die Haut kratzte, einen großen Knaben, der stockend und abgedroschen sagte:

      »Die größte Stunde meines Lebens. Wissen Sie, ich bin so was nicht gewohnt ...« Er sah sich hilflos um. »Leute und Häuser wie dies. Das ist mir alles neu, und es gefällt mir.«

      »Dann besuchen Sie uns hoffentlich wieder«, sagte sie, als er ihren Brüdern gute Nacht sagte.

      Er setzte die Mütze auf, stürzte verzweifelt zur Tür hinaus und war verschwunden.

      »Nun, wie findest du ihn?« fragte Arthur.

      »Er ist äußerst interessant – wie ein frischer Luftzug«, antwortete sie. »Wie alt ist er?«

      »Zwanzig – fast einundzwanzig. Ich fragte ihn heute nachmittag. Ich hätte ihn nicht für so jung gehalten.«

      Und ich bin drei Jahre älter, dachte sie, während sie ihren Brüdern den Gutenachtkuß gab.

      Drittes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Während Martin Eden die Treppe hinunterging, fuhr seine Hand in die Rocktasche. Sie kam mit einem Stück braunem Reispapier und einem bißchen mexikanischen Tabak heraus, und er rollte sich gewandt eine Zigarette. Er zog den ersten Zug tief in die Lunge ein und blies ihn langsam aus. »Bei Gott!« sagte er laut, mit Ehrfurcht und Erstaunen in der Stimme. »Bei Gott!« wiederholte er. Und er murmelte noch einmal: »Bei Gott!« Dann hob er die Hand zum Kragen, riß ihn ab und stopfte ihn in die Tasche. Ein kalter Staubregen fiel, aber er entblößte den Kopf und knöpfte sich die Weste auf, während er mit einer herrlichen Sorglosigkeit durch die Straßen schlenderte. Er bemerkte kaum, daß es regnete. Er befand sich in Verzückung, träumte hohe Träume und durchlebte in Gedanken noch einmal das soeben Erlebte.

      Endlich hatte er das Weib getroffen – das Weib, aus dem er sich bisher so wenig gemacht hatte, weil es ihm nicht gegeben war, an Weiber zu denken, wenn er auch davon geträumt hatte, ihnen einmal in der Zukunft zu begegnen. Er hatte neben ihr bei Tische gesessen. Er hatte ihre Hand in der seinen gefühlt, hatte ihr in die Augen geblickt und den Schimmer einer schönen Seele gesehen – die doch nicht schöner war als die Augen, aus denen sie leuchtete, oder der Körper, der ihr Form verlieh. Er dachte nicht an ihren Körper als solchen, was neu für ihn war, denn bei den Frauen, die er bisher gekannt, hatte er an nichts anderes gedacht. Aber mit ihr war es ganz anders. Er konnte sich nicht vorstellen, daß ihr Körper den Krankheiten und Schwächen des Fleisches unterworfen war. Ihr Körper war eher wie ein Gewand ihres Geistes. Er war eine Ausstrahlung ihres Geistes, eine reine, schöne Kristallisierung des Göttlichen in ihrem Wesen. Dies Gefühl des Göttlichen erschreckte ihn. Es riß ihn aus seinen Träumen und brachte ihn zu ernstem Nachdenken. Nie zuvor hatte er auch nur in Gedanken einen Hauch des Göttlichen empfunden, nie hatte er an das Göttliche geglaubt. Er war stets Freidenker gewesen und hatte in aller Gutmütigkeit über die »Himmelslotsen« und ihr Gerede von der Unsterblichkeit der Seele gespottet. Ein Leben nach dem Tode hatte er geleugnet; es gab nur den Augenblick, das Jetzt, und dann ewige Finsternis. Was er aber in ihren Augen gesehen hatte, war die Seele – die unsterbliche Seele, die nie sterben konnte. Kein Mann, den er bisher gekannt hatte, und keine Frau hatten ihm je eine Botschaft von der Unsterblichkeit gebracht. Sie aber hatte es getan. Sie hatte sie ihm zugeflüstert im ersten Augenblick, als sie ihn angeschaut. Während er durch die Straßen schritt, stand ihr Gesicht lebhaft vor ihm, blaß und ernst, süß und voller Gefühl, mit einem Lächeln, so mitleidsvoll und sanft, wie nur die seligen Geister lächeln können, und so rein, wie er es nie für möglich gehalten. Ihre Reinheit traf ihn wie ein Schlag. Sie erschreckte ihn. Er hatte Gutes und Böses gekannt, aber an Reinheit als Wesensausdruck hatte er nie gedacht. Und jetzt hatte er bei ihr eine Reinheit gesehen, die der höchste Grad von Güte und Unschuld war, und deren Summe das ewige Leben ausmachte.

      Und sofort spornte sein Ehrgeiz ihn an, nach diesem ewigen Leben zu greifen. Er war nicht einmal würdig, ihr das Schuhband zu lösen – das wußte er; es war ein Wunder und ein phantastisches Spiel des Schicksals, das ihm an diesem Abend ermöglicht hatte, sie zu sehen, mit ihr zusammen zu sein und zu sprechen. Es war Zufall, nicht sein Verdienst. Er verdiente ein solches Glück nicht. Er war ganz religiös gestimmt. Er war bescheiden und demütig, von der Erkenntnis seiner eigenen Kleinheit und Unwürdigkeit erfüllt. Es war die Stimmung, die Sünder zum Beichtstuhl treibt. Er war von seiner Sünde überzeugt. Aber wie die Geringen und Demütigen, wenn sie Buße tun, einen strahlenden Schimmer ihrer eigenen künftigen Größe sehen, so sah auch er einen Schimmer dessen, was er durch ihren Besitz erreichen würde. Dieser Gedanke an ihren dereinstigen Besitz war jedoch dunkel und verschwommen und hatte nichts mit der Art Besitz zu tun, die er bisher gekannt hatte. Sein Ehrgeiz hob sich in wahnsinnige Höhen, und er sah, wie er gemeinsam mit ihr sich zu diesen Höhen emporkämpfte, seine Gedanken mit ihr teilte und sich mit ihr über schöne, edle Dinge freute. Es war ein Besitz der Seele, von dem er träumte, von aller irdischen Plumpheit gereinigt, eine geistige Kameradschaft, der seine Gedanken keine Form verleihen konnten. Er dachte überhaupt nicht. Das Gefühl trat an die Stelle des Denkens, und nie gekannte Stimmungen ließen ihn beben und zittern, bis er entzückt auf einem Meer von Gefühlen trieb, die, selbst erhaben und geläutert, ihn auf die höchsten Zinnen des Lebens führten.

      Er schwankte wie ein Betrunkener und murmelte laut und begeistert: »Bei Gott! Bei Gott!«

      An einer Straßenecke sah ihn ein Schutzmann mißtrauisch an und bemerkte seinen rollenden Seemannsgang.

      »Wo

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