Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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schmerzt. So erging es auch Wolfsblut. Jeder Trieb seines Wesens drängte ihn, auf die Hunde, die ihm an den Fersen kläfften, loszuspringen, aber der Wille seiner Götter, sowie die Peitsche mit der dreißig Fuß langen Leine aus Renntierdarm dahinter, ordneten es anders. Daher konnte er sich nur in Bitterkeit verzehren und einen Haß und Groll nähren, der ebenso groß war wie die Wildheit und Unzähmbarkeit seiner Natur.

      Wenn je ein Geschöpf der Feind seiner Gattung wurde, so war es Wolfsblut. Er gab keinen Pardon und verlangte auch keinen. Er trug von den Zähnen der andern fortwährend Wunden und Narben davon und vergalt Gleiches mit Gleichem. Ungleich den meisten Leithunden, die, wenn das Gespann abends abgeschirrt wurde, sich an die Menschen um Schutz drängten, verschmähte er denselben. Er schritt dreist im Lager umher und teilte nachts für das, was er am Tage erdulden mußte, Strafe aus. Vorher hatten die andern ihm ausweichen müssen; das war nun anders geworden. Durch die Verfolgung, die die Hunde den ganzen Tag über mit ihm anstellten, erregt, durch den fortwährenden Anblick seiner Flucht vor ihnen unwillkürlich gereizt, durch das Gefühl der Übermacht, das sie tagsüber erfüllte, angestachelt, konnten sie nicht dahin gebracht werden, ihm aus dem Wege zu gehen. Wenn er unter ihnen erschien, so gab es immer Streit. Knurren, Beißen und Grollen folgten seinen Schritten; selbst die Luft, die er atmete, war mit Haß und Groll erfüllt, und dies diente nur dazu, ihn noch mehr zu erbittern.

      Wenn Mitsah dem Gespann Halt gebot, so gehorchte Wolfsblut zuerst. Das verursachte anfangs große Aufregung unter den Hunden. Alle wollten auf den verhaßten Leithund losspringen; aber das Blättchen wendete sich, denn hinter ihnen stand Mitsah, und die große Peitsche pfiff in seiner Hand. So lernten die Hunde verstehen, daß sie, wenn das Gespann auf Befehl anhielt, Wolfsblut zufrieden lassen mußten. Aber wenn er nicht auf Befehl stehen blieb, dann durften sie auf ihn losstürzen, um ihm den Garaus zu machen, wenn sie es konnten. Nach mehreren solchen Erfahrungen blieb Wolfsblut nie mehr ohne Befehl stehen. Er lernte schnell, denn es lag in der Natur der Dinge, daß er es mußte, sollte er unter den ungewöhnlich schweren Lebensbedingungen, die ihm geworden waren, am Leben bleiben.

      Allein die Hunde lernten es nie, ihn im Lager zufrieden zu lassen. An jedem Tage, wenn sie ihn wütend angriffen und verfolgten, war die Lektion des vorhergehenden vergessen und wurde von neuem gelernt, um sogleich wieder vergessen zu werden. Auch waren für ihre Abneigung gegen ihn noch tiefere Gründe vorhanden. Sie witterten in ihm eine Verschiedenartigkeit, was an und für sich schon ein hinreichender Grund zur Feindschaft ist. Wie er, waren sie gezähmte Wölfe, aber sie waren das schon seit vielen Generationen gewesen. Vieles, was aus der Wildnis stammte, hatte sich bei ihnen verloren, so daß die Wildnis für sie das Unbekannte und Schreckliche, das Drohende und Feindselige war.

      Aber an ihm klebte das noch in der Erscheinung und in seinem Tun und Treiben. Er war die Verkörperung der Wildnis, so daß, wenn sie ihm die Zähne wiesen, sie sich gegen die Mächte der Zerstörung verteidigten, die im Schatten der Wälder und hinter den Lagerfeuern im Dunkel lauerten. Eines aber lernten die Hunde bald, nämlich, daß sie zusammenhalten müßten. Für den einzelnen war Wolfsblut ein zu schrecklicher Gegner. Sie traten ihm nur in Haufen gegenüber, sonst hätte er sie einzeln in einer Nacht umgebracht. So aber konnte er ihnen nicht beikommen. Er mochte wohl einen umwerfen, aber dann stürzten die andern über ihn her, bevor er den tödlichen Biß versetzen konnte. Beim ersten Anzeichen eines Zusammenstoßes liefen gleich alle herbei und boten ihm Trotz. Zwar zankten die Hunde unter sich auch, aber alles war vergessen, sobald es sich um einen Streit mit Wolfsblut handelte.

      Andrerseits konnten jedoch sie ihm nichts anhaben. Er war zu flink, zu stark, zu klug für sie. Er kam in keine Klemme und verhinderte so, daß sie ihn ringsum einschlossen. Auch gelang es keinem Hund, ihn niederzuwerfen. Seine Füße stemmten sich mit derselben Zähigkeit gegen die Erde, mit der er sich ans Leben festklammerte. Auf den Füßen bleiben und leben, das war in dem ewigen Kampfe mit den andern von gleicher Bedeutung für ihn, und niemand wußte das besser als er.

      So wurde er der Feind seiner Gattung, der gezähmten Wölfe, die bei den Feuerstätten der Menschen einen Teil ihrer Wildheit abgelegt hatten und unter ihrem Schutze verweichlicht waren. Wolfsblut war verbittert und unversöhnlich, das war die Form, die der Lehm, aus dem er geknetet war, angenommen hatte, und er hatte allen Hunden den Krieg bis aufs Messer erklärt und führte das so schrecklich aus, daß selbst der Graue Biber, der doch auch nur ein Wilder war, über seine Wildheit sich verwunderte. Nie, beteuerte er mit einem Fluche, hätte es vordem einen solchen Hund gegeben, und die Indianer in den fremden Dörfern fluchten auch, wenn sie die Zahl seiner Opfer unter ihren Hunden zusammenzählten.

      Als Wolfsblut fast fünf Jahre alt war, nahm ihn der Graue Biber abermals auf eine weite Fahrt mit, und lange erinnerte man sich der Metzeleien, die er unter den Hunden in den zahlreichen Dörfern am Mackenzie, im Felsengebirge, am Porcupineflusse und bis zum Yukon hin angerichtet hatte. Es war ihm eine Wollust, sich an gewöhnlichen, harmlosen Hunden zu rächen. Sie waren auf seine Behendigkeit und Raschheit, auf einen Angriff ohne Warnung, nicht gefaßt. Sie gingen mit gesträubtem Haar und steifen Beinen ihm entgegen und forderten ihn heraus, während er mit solchem Brimborium keine Zeit verlor, sondern wie eine Sprungfeder losschnellte, sie am Halse packte und umbrachte, bevor sie sich von ihrer Überraschung erholt hatten.

      Er wurde ein echter Preisfechter, er verschwendete seine Kraft nie und balgte sich nie. Rasch im Angriff – und verfehlte er den, ebenso rasch im Rückzug –, besaß er in hohem Grade die Abneigung des Wolfes, Leib an Leib zu kämpfen. Er konnte eine längere Berührung seines Körpers mit einem andern nicht ertragen; das machte ihn toll. Er mußte frei dastehen, auf den eigenen Füßen, ohne daß ein lebendes Wesen ihn berührte. Das war noch die Wildnis, die sich in ihm behauptete, und dies Gefühl war durch das Leben, das er in der Jugend als Ausgestoßener geführt hatte, noch verstärkt worden. In der Berührung lauerte Gefahr; sie war eine Falle, und die Furcht davor war seinem Wesen tief eingeimpft. Die Folge war, daß fremde Hunde ihm nichts anhaben konnten. Er wich ihren Zähnen aus. Er besiegte sie oder machte sich aus dem Staube und blieb in jedem Falle unverletzt. Natürlich kam es auch vor, daß mehrere Hunde zusammen über ihn herfielen, bevor er weglaufen konnte, oder daß ein einzelner ihm tiefe Wunden beibrachte, allein das war eine Ausnahme. In der Regel war er so geschickt, daß er unverletzt davonkam.

      Er besaß den großen Vorteil, Zeit und Entfernung richtig abzumessen. Das geschah unbewußt und ganz mechanisch. Seine Augen sahen richtig, und seine Nerven vermittelten das Gesehene ebenso richtig dem Gehirne. All seine Anlagen waren feiner und besser als die des gewöhnlichen Hundes; alles ging glatter und ruhiger bei ihm vonstatten. Nerven, Hirn und Muskeln arbeiteten besser zusammen. Wenn die Augen dem Gehirn das Bild einer Handlung überbrachten, so wußte dieses ohne bewußte Anstrengung, welcher Zeitraum zur Vollendung derselben erforderlich wäre. So konnte er den Sprung oder den Biß eines Hundes vermeiden, und zugleich die unendlich kleine Spanne Zeit sich ausersehen, in der er selber angreifen konnte. Körper und Gehirn waren bei ihm ein vollkommener Mechanismus. Nicht, daß ihm dafür Lob gebührte, aber die Natur war ihm gegenüber freigiebiger als gegen die andern gewesen.

      Es war Sommer, als Wolfsblut in Fort Yukon ankam. Der Graue Biber hatte im Winter vorher die große Wasserscheide zwischen dem Mackenzie und dem Yukon überschritten und den Frühling über in den Ausläufern des Felsengebirges gejagt. Dann hatte er, als das Eis geschmolzen war, ein Boot gebaut und war den Porcupinefluß hinabgerudert bis dahin, wo dieser sich gerade unter dem Polarkreise mit dem Yukon vereinigt. Hier stand das alte Fort der Hudsonbay-Gesellschaft, und hier hatten sich viele Indianer versammelt, es gab eine Menge Nahrungsmittel, und es herrschte eine ungeheure Aufregung. Es war der Sommer des Jahres 1898, und Tausende von Goldsuchern zogen den Yukon hinauf nach Dawson und Klondike. Sie waren noch Hunderte von Meilen von ihrem Ziele entfernt, dennoch waren viele schon ein Jahr lang unterwegs gewesen, und die meisten hatten bereits fünftausend englische Meilen zurückgelegt und waren von der andern Seite der Welt gekommen.

      Hier machte der Graue Biber Halt. Ein Gerücht von der Jagd nach dem Golde war bis zu seinen Ohren gedrungen, und er hatte viele Ballen Pelze und einen Haufen Handschuhe und Mokassins aus Fellen, die mit

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