Gesammelte Werke. Джек Лондон

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Джек Лондон страница 50

Gesammelte Werke - Джек Лондон

Скачать книгу

ist noch eine zu optimistische Annahme, man sollte zehntausend gegen eins sagen.«

      »Aber nichts darf versäumt werden, um ihn durchzubringen.« rief der Richter aus. »Koste es, was es wolle. Durchleuchten Sie ihn mit Röntgenstrahlen – kurz, tun Sie Ihr Möglichstes. – Weedon, telegraphiere sogleich nach San Franzisko an Doktor Nichols. – Nehmen Sie es nicht übel, Doktor, aber es muß alles aufgeboten werden, wissen Sie.«

      Der Doktor lächelte mitleidig. »Natürlich, natürlich, ich verstehe das. Er verdient es, daß für ihn alles getan wird. Übrigens muß er wie ein krankes Kind gepflegt werden. Vergessen Sie nicht, was ich Ihnen über die Temperatur gesagt habe. Um zehn bin ich wieder da.«

      Und wie wurde Wolfsblut gepflegt! Der Vorschlag des Richters, eine Krankenpflegerin kommen zu lassen, wurde von seinen Töchtern mit großer Entrüstung zurückgewiesen, da sie selber die Pflege übernehmen wollten, und Wolfsblut kam, aller Zweifel und aller trüben Prophezeiungen des Doktors zum Trotz, mit dem Leben davon. Allerdings konnte man sich über dessen Voraussagungen nicht wundern. Sein Leben lang hatte er nur verzärtelte Geschöpfe der Zivilisation behandelt, die selber gehegt und gepflegt von Generationen gehegter und gepflegter Wesen abstammten. Mit Wolfsblut verglichen waren das Schwächlinge, die nur matt und schlaff sich an das Leben klammerten. Er jedoch kam geradewegs aus der Wildnis, wo die Schwachen früh untergehen und niemand verhätschelt wird. Weder sein Vater noch seine Mutter, noch seine Voreltern hatten irgend eine Schwäche gekannt. Eine Gesundheit von Eisen und die Lebenszähigkeit der Wildnis waren sein Erbteil geworden, und so hing er mit jeder Fiber seines Wesens am Leben und klammerte sich mit jener Hartnäckigkeit daran, die einst allen Geschöpfen eigen war.

      Wie ein Gefangener gefesselt und jeder Bewegung durch Binden und Gipsverbände beraubt, brachte Wolfsblut viele Monate zu. Er schlief viele Stunden lang und träumte viel, und an seinem Geiste zogen in endloser Reihe die Bilder des Nordlandes vorüber. Die Geister der Vergangenheit standen auf und umgaben ihn. Wieder war er bei Kische in der Höhle, wieder kroch er zitternd zu den Grauen Bibers Füßen, um ihm den Eid der Treue zu leisten, dann rannte er gehetzt umher, um sein Leben vor Liplip und der heulenden Rotte junger Hunde zu retten.

      Ein andermal lief er durch die schweigende Einöde während der großen Hungersnot und lauerte dem Wilde auf, oder er befand sich an der Spitze des Gespanns, und Mitsah oder der Graue Biber knallte mit der großen Peitsche und schrie mit rauher Stimme: »Raa! Raa!«, wenn man an einen Hohlweg kam, und das Gespann, wie ein zusammengeklappter Fächer, sich dicht aneinander drängen mußte. Dann durchlebte er wieder die Schreckenstage bei dem schönen Schmitt und die Kämpfe, in denen er dort ruhmreich gestritten hatte. Zu solchen Zeiten winselte und knurrte er im Schlafe, und dann sagten die Leute, daß er schlimme Träume habe.

      Am meisten jedoch litt er unter einer Vision, die wie ein Alp auf ihm lastete. Das war, wenn ihm die rasselnden, tutenden Ungeheuer der elektrischen Wagen erschienen, die ihm wie ungeheure Luchse vorkamen. Er träumte dann wohl, er liege im Gebüsch verborgen und lauere darauf, daß ein Eichhörnchen sich von dem schützenden Baume entferne. Sprang er jedoch darauf zu, so pflegte sich dasselbe in einen elektrischen Wagen zu verwandeln, der schrecklich und drohend sich wie ein gewaltiger Berg über ihm erhob und fauchend und kreischend Feuer spie. Ein andermal verfolgte er mit den Augen einen hoch in der blauen Luft über ihm schwebenden Habicht, der sich beim Hinunterstoßen ebenfalls in den allgegenwärtigen Wagen verwandelte, oder er glaubte im Käfig des schönen Schmitt zu sein. Draußen hatten sich die Leute versammelt, und er wußte, ein Kampf stände bevor. Er beobachtete die Tür, durch die der Gegner eintreten sollte. Sie öffnete sich, und der fürchterliche Wagen wurde hineingeschoben. Das wiederholte sich unzähligemal, aber jedesmal war der Schreck so groß wie das erstemal.

      Endlich kam der Tag, wo der letzte Verband, die letzte Binde abgenommen wurde. Es war ein großer Festtag für ganz Sierra Vista, deren Bewohner sich um Wolfsblut versammelt hatten. Der Herr kraute ihm die Ohren, und Wolfsblut grollte sein Liebeslied. Die Frau des Gebieters nannte ihn »den lieben, guten Wolf,« welcher Name beifällig von den andern Frauenzimmern aufgenommen wurde. Er versuchte, sich auf die Füße zu stellen, allein immer wieder fiel er aus allzu großer Schwäche zurück. Er hatte so lange gelegen, daß seine Muskeln alle Spannkraft verloren hatten und alle Kraft daraus verschwunden war. Er fühlte sich über seine Schwäche ein wenig beschämt, als sei er in dem Dienst, den er den Menschen schuldete, schlaff geworden. Darum machte er heroische Anstrengungen, sich zu erheben, und endlich stand er schwankend und taumelnd auf allen Vieren.

      »Der liebe, gute Wolf!« riefen die Frauenzimmer im Chor. – Richter Scott blickte sie triumphierend an.

      »Da habt ihr's! Was ich euch immer gesagt habe! Kein bloßer Hund hätte das vollbringen können, was er getan hat. Er ist ein Wolf!«

      »Ein lieber, guter Wolf!« verbesserte die Frau des Richters.

      »Ja, ein lieber, guter Wolf,« stimmte der Richter ein, »und das soll fortan mein Name für ihn sein.«

      »Er wird wieder gehen lernen müssen,« bemerkte der Doktor, »also mag er gleich damit beginnen. Es wird ihm nichts schaden. Wir wollen ihn hinausbringen.«

      Und hinaus schritt er wie ein König, ganz Sierra Vista im Gefolge. Er war sehr schwach, und als er den Rasen erreichte, legte er sich nieder und ruhte eine Weile aus. Dann setzte sich der Zug wieder in Bewegung, als die Spannkraft wieder in seine Muskeln kam, und das Blut lebhafter in seine Adern zu kreisen begann. Die Ställe wurden erreicht, und dort lag in der Tür Collie, und ein halbes Dutzend dickbäuchiger Hündchen spielte in der Sonne um sie herum. Wolfsblut blickte sie mit verwunderten Augen an. Collie knurrte warnend, und er hielt sich vorsichtig in der Entfernung. Der Herr schob ein watschelndes Junges mit dem Fuße näher zu ihm hin. Mißtrauisch sträubte er das Haar, aber der Herr sprach ihm freundlich zu, daß alles richtig und in Ordnung sei. Doch Collie, die von einem der Frauenzimmer gehalten wurde, knurrte ihn argwöhnisch und unfreundlich an, daß nicht alles richtig und in bester Ordnung sei. Das Hündchen stand breitbeinig vor ihm. Wolfsblut spitzte die Ohren und betrachtete es neugierig. Dann näherte er seine Nase der des Jungen und fühlte das warme Zünglein an seiner Schnauze. Auch er streckte die Zunge aus – er wußte nicht warum – und leckte dem Hündchen das Gesicht. Lauter Jubel und schallendes Händeklatschen begrüßten sein Tun. Er war überrascht und sah sich verwundert um. Dann überkam ihn von neuem die Schwäche, er legte sich nieder, spitzte die Ohren, drehte den Kopf zur Seite und blickte das Hündchen an. Auch die andern Kleinen kamen zu Collies Entsetzen herbeigewackelt, und er ließ es gravitätisch geschehen, daß sie auf ihm herumkletterten und Purzelbäume schossen. Zuerst zeigte er bei dem Jubel der Umstehenden ein wenig von der alten, linkischen Verlegenheit, aber auch diese verschwand, als die Hündchen fortfuhren, ihn zu zausen und mit ihm Possen zu treiben, und so lag er mit halbgeschlossenen, geduldigen Augen im Halbschlummer in der Sonne da.

      Der Seewolf

       Inhaltsverzeichnis

       Erstes Kapitel

       Zweites Kapitel

       Drittes Kapitel

       Viertes Kapitel

       Fünftes Kapitel

       Sechstes

Скачать книгу