Ãœberrascht von Freude. C. S. Lewis

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Ãœberrascht von Freude - C. S. Lewis

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geerbt haben; wir haben nur ein Gelenk im Daumen. Das obere Gelenk (das vom Nagel weiter entfernte) ist zwar zu sehen, aber das ist nur Blendwerk; wir können es nicht bewegen. Doch was der Grund auch sein mag, die Natur hat mich von Geburt an mit einer völligen Unfähigkeit bedacht, irgendetwas herzustellen. Mit Feder und Stift konnte ich durchaus umgehen und meinen Krawattenknoten bekomme ich immer noch so gut hin, wie ein Männerkragen es sich nur wünschen kann, doch im Umgang mit Werkzeug, Kricketschlagholz oder Gewehr, mit Manschettenknöpfen oder Korkenziehern bin ich immer völlig hilflos gewesen. Das war es, was mich zum Schreiben zwang. Ich sehnte mich danach, Dinge zu basteln, Schiffe, Häuser, Maschinen. Viele Bögen Pappe und Scheren ruinierte ich, nur um immer wieder in Tränen meine hoffnungslosen Versuche aufzugeben. Als letzten Ausweg nahm ich meine Zuflucht dazu, stattdessen Geschichten zu schreiben. In was für eine Welt des Glücks ich damit eintreten durfte, ahnte ich freilich nicht. Mit einem Schloss in einer Geschichte lässt sich mehr anfangen als mit dem schönsten Schloss aus Pappe, das je auf einem Kinderzimmertisch stand.

      Bald beanspruchte ich einen der Dachspeicherräume für mich und machte ihn zu „meinem Arbeitszimmer“. An den Wänden hingen Bilder, die ich entweder selbst gemalt oder aus den bunten Weihnachtsausgaben der Zeitschriften ausgeschnitten hatte. Dort hatte ich meine Feder, mein Tintenfass, meine Schreibhefte und meinen Malkasten; und dort –

       Welch größres Glück kann ein Geschöpf befallen, als sich in Freiheit freun zu können?

      Hier schrieb und illustrierte ich meine ersten Geschichten und war von beidem hochbefriedigt. Sie waren ein Versuch, meine zwei größten literarischen Vorlieben miteinander zu verbinden – Tiere in Kleidern und Rittergeschichten. Infolgedessen schrieb ich über heldenhafte Mäuse und Kaninchen, die in voller Rüstung auszogen, nicht um Riesen, sondern um Katzen zu erschlagen. Doch schon damals hatte ich einen starken Hang zum Systematisieren; die gleiche Neigung, die Trollope dazu trieb, sein Barsetshire so endlos in allen Einzelheiten auszumalen.

      Das Tierland, das in den Ferien in Aktion trat, wenn mein Bruder zu Hause war, war ein modernes Tierland; es musste schon Eisenbahnen und Dampfschiffe zu bieten haben, wenn es ein Land sein sollte, an dem auch er Anteil hatte. Das bedeutete natürlich, dass das mittelalterliche Tierland, über das ich meine Geschichten schrieb, das gleiche Land in einer früheren Epoche sein musste; und selbstverständlich mussten die beiden Epochen richtig miteinander verbunden werden. Das brachte mich vom Geschichtenerzählen zur Geschichtsschreibung; ich machte mich daran, eine vollständige Geschichte Tierlands zu verfassen.

      Obwohl mehr als eine Version dieses lehrreichen Werkes erhalten ist, gelang es mir nie, es bis in die moderne Zeit zu führen; als Historiker hat man allerhand zu tun, die Jahrhunderte zu füllen, wenn man sich alle Ereignisse selbst ausdenken muss.

      Doch es gibt ein Merkmal an diesem Geschichtsbuch, an das ich mich heute noch mit einem gewissen Stolz erinnere. Die Ritterabenteuer meiner Erzählungen wurden in dem Geschichtswerk ganz am Rande erwähnt und der Leser wurde gewarnt, es handele sich dabei möglicherweise „nur um Legenden“. Irgendwie – der Himmel weiß, wie – erkannte ich schon damals, dass ein Historiker eine kritische Einstellung gegenüber Erzähltexten einnehmen sollte.

      Von der Geschichte war es nur ein Schritt zur Geografie. Bald entstand eine Karte von Tierland – sogar mehrere Karten, die alle einigermaßen miteinander harmonierten. Dann musste Tierland in eine geographische Beziehung zum Indien meines Bruders gebracht werden, das zu diesem Zweck seinen Platz in der wirklichen Welt zu räumen hatte. Wir machten es zu einer Insel, deren Nordküste hinter dem Himalaya verlief; die wichtigsten Dampfschiffrouten zwischen Indien und Tierland hatte mein Bruder schnell erfunden. Bald gab es eine ganze Welt und eine Karte dieser Welt, für die ich jede Farbe in meinem Malkasten brauchte. Und die Teile jener Welt, die wir als unsere eigenen betrachteten – Tierland und Indien – wurden zunehmend mit konsistenten Figuren bevölkert.

      Von den Büchern, die ich zu dieser Zeit las, sind mir nur sehr wenige völlig aus dem Gedächtnis entschwunden, aber nicht alle sind mir heute noch so lieb wie damals. Ich habe nie Lust verspürt, Conan Doyles Sir Nigel, das mich zuerst auf Rittergeschichten stieß, nochmals zu lesen. Noch weniger würde ich heute Mark Twains Connecticut Yankee at King Arthur’s Court lesen, das damals meine einzige Quelle für die Arthur-Geschichte war und das ich um der durchscheinenden romantischen Elemente willen und ohne jegliche Beachtung des billigen Spotts, der sich gerade dagegen richtete, voller Seligkeit las.

      Viel besser als diese beiden war die Trilogie von E. Nesbit: Five Children and It, The Phoenix and the Wishing Carpet und The Amulet. Das Letzte bedeutete mir am meisten. Es öffnete mir zum ersten Mal die Augen für die ferne Vergangenheit, jenes „dunkle Rückwärts und den Abgrund der Zeit“. Ich kann es noch heute mit Genuss lesen.

      Eines meiner Lieblingsbücher war eine ungekürzte und reich illustrierte Ausgabe des Gulliver; und ich konnte endlos über einer fast vollständigen Sammlung alter Punch-Hefte brüten, die im Arbeitszimmer meines Vaters stand. Tenniel befriedigte mit seinem russischen Bären, dem britischen Löwen, dem ägyptischen Krokodil und all den anderen meine Leidenschaft für Tiere in Kleidern, während seine nachlässige und lustlose Behandlung der Pflanzenwelt mich in meiner eigenen Unkenntnis bestärkte. Dann kamen die Bücher von Beatrix Potter und damit endlich die Schönheit.

      Es ist nicht zu übersehen, dass ich zu dieser Zeit – mit sechs, sieben und acht Jahren – fast völlig in meiner Imagination lebte; oder zumindest, dass die imaginativen Erlebnisse jener Jahre mir heute wichtiger erscheinen als alles andere. So übergehe ich eine Urlaubsreise in die Normandie (obwohl ich mich sehr deutlich daran erinnere) als bedeutungslos; könnte sie aus meiner Vergangenheit herausgeschnitten werden, so wäre ich dennoch fast genau derselbe Mensch, der ich bin.

      Doch Imagination ist ein vages Wort und ich muss hier einige Unterscheidungen treffen. Man kann damit die Welt der Tagträume und wunscherfüllenden Fantasien meinen. Die war mir mehr als genügend vertraut. Ich dachte mir oft Geschichten aus, in denen ich eine gute Figur machte. Doch ich muss nachdrücklich betonen, dass diese Aktivität mit der Erfindung Tierlands nicht das Geringste zu tun hatte. Tierland war (in diesem Sinne) überhaupt keine Fantasiewelt. Ich kam nicht selbst als Figur darin vor. Ich war sein Schöpfer, nicht jemand, der in dieses Land aufgenommen werden wollte. Erfinden ist etwas grundsätzlich anderes als Tagträumen; wenn manche diesen Unterschied nicht erkennen können, liegt es daran, dass sie nicht selbst beides erlebt haben. Jeder, der beides kennt, wird mich verstehen. In meinen Tagträumen übte ich mich darin, ein Narr zu sein; indem ich Landkarten und Chroniken zu Tierland entwarf, übte ich mich darin, ein Romanautor zu sein. Ein Romanautor wohlgemerkt, nicht ein Dichter. Meine erfundene Welt war zwar (für mich) voller interessanter Dinge, Geschäftigkeit, Humor und Charakter; aber es war nichts Lyrisches darin, nicht einmal etwas Romantisches. Sie war geradezu erstaunlich prosaisch.1

      Wenn wir also das Wort Imagination in einem dritten, höchsten Sinn verwenden, dann war diese erfundene Welt nicht imaginativ. Aber gewisse andere Erlebnisse waren es und ich will nun versuchen, davon zu berichten. Traherne und Wordsworth haben das viel besser getan, aber jeder muss seine eigene Geschichte erzählen.

      Das Erste ist selbst nur die Erinnerung an eine Erinnerung. Als ich eines Sommertages neben einem blühenden Johannisbeerstrauch stand, stieg in mir plötzlich, ohne Vorwarnung und wie aus einer Tiefe nicht von Jahren, sondern von Jahrhunderten, die Erinnerung an jenen zurückliegenden Morgen im alten Haus auf, als mein Bruder seinen Spielzeuggarten mit ins Kinderzimmer brachte. Es ist schwer, Worte zu finden, die stark genug wären, um die Empfindung zu beschreiben, die über mich kam; nahe kommt der Sache vielleicht Milton mit seiner „gewaltigen Seligkeit“ des Paradieses. Natürlich war es ein Gefühl der Sehnsucht; aber Sehnsucht wonach? Gewiss nicht nach einer Keksdose voller Moos, nicht einmal (obwohl das dabei mitspielte) nach meiner eigenen Vergangenheit. „Ach, ich ersehne zu viel“ – und bevor ich wusste, was ich ersehnte, war die Sehnsucht selbst verschwunden, der Blick durch den Schleier vorbei, und die Welt wurde wieder

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