Ãœberrascht von Freude. C. S. Lewis

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Ãœberrascht von Freude - C. S. Lewis

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Haus neben Oldies Schule aufgewachsen war. Dieser Mann und seine Familie, wie auch (glaube ich) die Nachbarn allgemein, hielten Oldie für geisteskrank. Vielleicht hatten sie recht. Und wenn diese Krankheit erst kurz vor meiner Zeit ausgebrochen wäre, so würde das einen Umstand erklären, der mir rätselhaft ist. An jener Schule, wie ich sie kannte, lernten die meisten Jungen gar nichts und kein Junge viel. Doch in der Vergangenheit konnte sich Oldie einer beeindruckenden Zahl von Schülern rühmen, die Stipendien errungen hatten. Seine Schule kann also nicht immer der Schwindel gewesen sein, der sie in unserer Zeit war.

      Vielleicht fragen Sie sich, wie unser Vater dazu kam, uns dorthin zu schicken. Gewiss nicht, weil er seine Wahl nicht mit der nötigen Sorgfalt getroffen hätte. Die erhaltene Korrespondenz zeigt, dass er viele andere Schulen in Betracht zog, bevor er sich für Oldies Schule entschied; und ich kenne ihn gut genug, um sicher zu sein, dass er sich in einer solchen Sache niemals von seinem ersten Gedanken hätte leiten lassen (der wahrscheinlich der richtige gewesen wäre), noch auch nur von seinem einundzwanzigsten (der zumindest noch erklärlich gewesen wäre). Zweifellos brachte er seine Überlegungen nicht vor dem hundertundersten zum Abschluss, und der musste unfehlbar und rettungslos falsch sein. Dergleichen passiert in der Regel in den Überlegungen eines schlichten Mannes, der sich für besonders scharfsinnig hält. Wie Earles Scepticke in Religion ist er „immer zu klug für sich selbst“.

      Mein Vater war stolz auf seine Fähigkeit, „zwischen den Zeilen zu lesen“, wie er es nannte. Der offensichtliche Sinn einer Tatsache oder eines Schriftstücks war ihm stets verdächtig; die wahre, innere Bedeutung, unsichtbar für jedermann außer ihm selbst, entstand unbewusst in der rastlosen Fruchtbarkeit seiner Fantasie. Während er meinte, Oldies Prospekt zu interpretieren, dachte er sich in Wirklichkeit selbst eine Schulgeschichte aus. Und all das geschah zweifellos mit äußerster Gewissenhaftigkeit und sogar einiger Qual.

      Man sollte nun vielleicht erwarten, dass diese seine Geschichte sich durch die wahre Geschichte, die wir nach unserer Ankunft in Belsen zu berichten hatten, unverzüglich in Luft auflösen müsste. Aber das geschah nicht. Ich glaube, es geschieht selten. Wenn die Eltern einer jeden Generation immer oder auch nur oft wüssten, was tatsächlich in den Schulen ihrer Söhne vor sich geht, sähe die Geschichte der Schulbildung ganz anders aus.

      Jedenfalls gelang es meinem Bruder und mir nicht, unserem Vater die Wahrheit begreiflich zu machen. Zum einen (und das wird im Folgenden noch deutlicher werden) war er ein Mann, der nicht leicht zu informieren war. Sein Geist war zu aktiv, als dass er ein aufmerksamer Zuhörer hätte sein können. Was er gehört zu haben glaubte, war niemals genau das, was man gesagt hatte.

      Wir gaben uns nicht einmal sehr viel Mühe. Wie alle Kinder hatten wir keine Vergleichsmöglichkeiten; wir nahmen an, das Belsener Elend sei das allgemeine und unvermeidliche Elend aller Schulen. Auch die Eitelkeit band unsere Zungen. Wenn ein Junge aus der Schule nach Hause kommt (besonders in jener ersten Woche, wenn die Ferien noch eine Ewigkeit zu dauern scheinen), gibt er sich gern besonders schneidig. Lieber schildert er seinen Lehrer als Witzfigur denn als Unhold. Als Feigling und Heulsuse möchte er schließlich nicht gelten und das wahre Bild seines Konzentrationslagers kann er nicht zeichnen, ohne einzugestehen, dass er in den letzten dreizehn Wochen ein bleicher, zitternder, tränenverschmierter, unterwürfiger Sklave gewesen ist. Wir alle zeigen gern die Narben vor, die wir in der Schlacht empfangen haben; doch auf die Wunden des Strafhauses sind wir weniger stolz.

      Mein Vater trägt nicht die Schuld an unseren vergeudeten und unglücklichen Jahren bei Oldie. Doch nun will ich, um mit Dante zu sprechen, „vom Guten berichten, das ich dort fand“.

      Erstens lernte ich, wenn nicht die Freundschaft, so doch die Kameradschaft kennen. Es hatte so manche Schikanen unter den Schülern gegeben, als mein Bruder dorthin kam. Während meiner ersten Trimester genoss ich den Schutz meines Bruders (danach wechselte er auf eine Schule, die wir Wyvern nennen wollen), aber ich bezweifle, dass das nötig war. Während jener letzten Jahre des Niedergangs waren wir Interne zu wenige und wurden zu schlecht behandelt, als dass wir uns auch noch gegenseitig hätten schikanieren mögen. Außerdem kamen nach einer gewissen Zeit keine neuen Jungen mehr dazu. Wir hatten zwar unsere Streitigkeiten, die im jeweiligen Augenblick schlimm genug erschienen; doch lange bevor das Ende kam, kannten wir einander zu lange und hatten zu viel gemeinsam erlitten, um nicht zumindest uralte Bekannte zu sein.

      Das ist, glaube ich, der Grund, warum Belsen mir auf lange Sicht so wenig geschadet hat. Auch die schwerste Unterdrückung von oben kann kaum so niederschmetternd für einen Jungen sein wie die Unterdrückung durch seine Kameraden.

      Wir fünf verbliebenen Internen verbrachten gemeinsam viele angenehme Stunden. Die Abschaffung des organisierten Sports war für uns damals ein großer Segen, obwohl sie eine schlechte Vorbereitung auf das Leben in einer Public School war, das vor den meisten von uns lag. An freien Nachmittagen wurden wir allein auf Wanderungen geschickt. Aus dem Wandern wurde nicht viel. Stattdessen kauften wir uns Süßigkeiten in verschlafenen Dorfläden und streunten am Kanalufer umher oder setzten uns an eine Bahnstrecke, um vor einer Tunnelöffnung auf die Züge zu lauern. Allmählich sah Hertfordshire weniger feindselig aus.

      Unsere Gespräche beschränkten sich nicht auf die eng gefassten Interessen, mit denen sich Public-School-Jungen zufriedengeben; wir hatten immer noch eine kindliche Neugier an uns. Ich erinnere mich sogar an ein Gespräch aus jenen Tagen, das wohl die erste metaphysische Debatte gewesen sein muss, an der ich mich je beteiligte. Wir diskutierten darüber, ob die Zukunft wie eine Linie ist, die man noch nicht sehen kann, oder wie eine Linie, die überhaupt noch nicht gezeichnet ist. Ich habe vergessen, auf welchen Standpunkt ich mich stellte, aber ich weiß noch, dass ich ihn mit großem Eifer vertrat. Und immer war da, in Chestertons Worten, „das langsame Reifen alter Witze“.

      Der Leser wird bemerken, dass sich somit in der Schule ein Muster wiederholte, das ich bereits in meinem Leben zu Hause erlebt hatte. Zu Hause hatten die schlechten Zeiten meinen Bruder und mich näher zueinander getrieben; hier, wo die Zeiten immer schlecht waren, hatte die Furcht und der Abscheu vor Oldie ungefähr die gleiche Wirkung auf uns alle. Seine Schule hatte vieles mit Dr. Grimstones Schule in Vice Versa gemein; doch im Gegensatz zu dieser gab es unter uns keinen Spitzel. Wir standen Seite an Seite geschlossen gegen den gemeinsamen Feind.

      Ich vermute, dass dieses Muster, das gleich zwei Mal und schon so früh in meinem Leben auftrat, meine ganze Einstellung über Gebühr in eine bestimmte Richtung beeinflusst hat. Bis heute geht mir eine Vision der Welt am leichtesten ein, in der „wir zwei“ oder „wir wenigen“ (und zwar in gewissem Sinn „wir wenigen Glücklichen“) zusammen gegen eine stärkere und größere Macht stehen. Die Lage, in der England sich 1940 befand, war für mich keine Überraschung; gerade so etwas ist es, womit ich ständig rechne.

      Daher haben mir Bekanntschaften oder lose gesellschaftliche Kontakte von jeher wenig bedeutet, obgleich die Freundschaft für mich die wichtigste Quelle des Glücks war; und ich kann nicht ganz verstehen, warum ein Mensch sich wünschen sollte, mehr Leute zu kennen, als er sich zu echten Freunden machen kann. Daher wohl auch mein sehr mangelndes, vielleicht sträflich mangelndes Interesse an großen, unpersönlichen Bewegungen, gesellschaftlichen Anliegen und dergleichen. Die Stärke der Anteilnahme, die ein Kampf in mir erregt (sei es in einer Geschichte oder in der Wirklichkeit), ist beinahe umgekehrt proportional zur Anzahl der Kämpfenden.

      Noch in einer weiteren Hinsicht sollte sich meine Erfahrung im Elternhaus in Oldies Schule wiederholen. Oldies Frau starb, und zwar während eines Trimesters. Er reagierte auf den Verlust, indem er noch gewalttätiger wurde als zuvor; in einem solchen Ausmaß, dass Wee Wee vor den Jungen sogar eine Art Entschuldigung für ihn vorbrachte. Sie erinnern sich, dass ich bereits gelernt hatte, Emotionen zu fürchten und zu hassen; dies gab mir weiteren Grund dazu.

      Doch ich habe noch nicht das Wichtigste erwähnt, das mir bei Oldie widerfuhr. Dort wurde ich zum ersten Mal wirklich gläubig. Soweit ich weiß, war das Werkzeug dazu die Kirche, in die wir jeden Sonntag zwei Mal gebracht wurden.

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