Ãœberrascht von Freude. C. S. Lewis

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ãœberrascht von Freude - C. S. Lewis страница 10

Автор:
Серия:
Издательство:
Ãœberrascht von Freude - C. S. Lewis

Скачать книгу

leichte Entfremdung von unserem Vater nahm unmerklich zu. Zum Teil war daran niemand schuld; doch zu einem sehr großen Teil trugen wir die Schuld. Ein unter heftigen Stimmungsschwankungen leidender Witwer, der den Tod seiner Frau noch nicht verwunden hat, müsste wahrlich ein sehr guter und weiser Mann sein, um bei der Erziehung zweier lärmender und auf Unfug sinnender Schuljungen, die mit niemandem als nur mit sich gegenseitig zurate gehen, keine Fehler zu machen. Und es waren die guten Eigenschaften ebenso wie die Schwächen meines Vaters, die ihn für diese Aufgabe ungeeignet machten. Er war viel zu mannhaft und großzügig, als dass er ein Kind aus Zorn hätte schlagen können; gleichzeitig war er zu impulsiv, um jemals ein Kind mit klarem Kopf und aufgrund von Prinzipien zu bestrafen. Deshalb verließ er sich ganz auf seine Zunge als Instrument der häuslichen Disziplin. Und hier führte jener fatale Hang zur Dramatik und zum Rhetorischen (von dem ich umso freimütiger spreche, als ich ihn geerbt habe) zu einem ebenso bemitleidenswerten wie komischen Ergebnis.

      Wenn er seinen Mund öffnete, um uns zu tadeln, beabsichtigte er zweifellos nichts anderes als einen kurzen und wohlformulierten Appell an unseren gesunden Menschenverstand und unser Gewissen. Doch ach, er war als Redner in der Öffentlichkeit aufgetreten, lange bevor er Vater wurde. Viele Jahre fungierte er als öffentlicher Ankläger. Die Worte strömten ihm zu und berauschten ihn dabei. Was daraus wurde, war, dass ein kleiner Junge, der in Hausschuhen über feuchtes Gras gegangen war oder das Badezimmer in einem heillosen Durcheinander zurückgelassen hatte, sich einer rhetorischen Attacke wie der von Cicero auf Catilina oder der von Burke auf Warren Hastings gegenübersah. Vergleich folgte auf Vergleich; rhetorische Frage auf rhetorische Frage; das Auge des Redners blitzte, und seine Stirn dräute wie ein Gewitter; und dann die Gesten, Kadenzen und Kunstpausen.

      Die Pausen waren vielleicht das Gefährlichste. Eine war so lang, dass mein Bruder, der in seiner Naivität annahm, die Strafpredigt sei zu Ende, demütig sein Buch wieder aufnahm und in seiner Lektüre fortfuhr; eine Geste, die mein Vater (der schließlich nur eine rhetorische Fehlkalkulation von etwa anderthalb Sekunden begangen hatte) verständlicherweise als „kaltschnäuzige, vorsätzliche Unverschämtheit“ auffasste. Das lächerliche Missverhältnis zwischen solchen Tiraden und ihren Anlässen erinnert mich an den Advokaten bei Martial, der eine donnernde Rede über alle Schurken der römischen Geschichte hält, während Iis est de tribus capellis

      Wir handeln hier, so möge das Gericht vermerken, Von einer Ziege Frevelwerken.

      Mein armer Vater vergaß, während er sprach, nicht nur das Vergehen, sondern auch die Fähigkeiten seiner Zuhörer. Alle Schätze seines unermesslichen Vokabulars strömten hervor. Ich erinnere mich noch an Worte wie „abdominabel“, „verderbt“ und „subversiv“. Doch es wird kaum jemand den richtigen Eindruck davon erhalten, wenn er nicht weiß, mit welcher Energie ein zorniger Ire die Konsonanten explodieren und die R rollen lässt.

      Etwas Schlimmeres hätte er kaum tun können. Bis zu einem gewissen Alter erfüllten mich diese Ausbrüche mit grenzenlosem Schrecken und Entsetzen. Aus der Wildnis der Adjektive und dem Durcheinander des Unverständlichen traten Gedanken hervor, die ich nur zu gut zu verstehen glaubte und ohne irgendeinen Zweifel für buchstäblich wahr hielt, dass nämlich der Ruin meines Vaters bevorstand, dass wir alle bald in den Straßen um Brot betteln würden, dass er das Haus aufgeben und uns das ganze Jahr über in der Schule lassen werde, dass wir eines Tages in die Kolonien verschickt würden und dort die Laufbahn des Verbrechens, die wir offenbar bereits eingeschlagen hatten, ihr unseliges Ende finden würde. Alle Geborgenheit schien mir genommen zu sein; ich hatte keinen festen Boden mehr unter den Füßen.

      Es ist bezeichnend, dass ich in dieser Zeit oft, wenn ich nachts aufwachte und nicht sofort aus dem benachbarten Bett das Atmen meines Bruders hörte, den Verdacht hatte, mein Vater und er wären heimlich aufgestanden, während ich schlief, und seien nach Amerika abgereist – dass ich endgültig verlassen war.

      Diese Wirkung hatte die Rhetorik meines Vaters auf mich bis zu einem gewissen Alter; danach wandelte sie sich ganz plötzlich ins Lächerliche. Ich erinnere mich sogar noch an den genauen Augenblick dieser Wandlung, und an dieser Geschichte zeigt sich sowohl die Gerechtigkeit meines Vaters als auch die unglückliche Art, wie er sie ausdrückte.

      Eines Tages fand mein Bruder, es sei eine gute Idee, ein Zelt zu bauen. Also beschafften wir uns aus einem der Speicherräume eine Tagesbettdecke. Der nächste Schritt war, geeignete Zeltstangen zu finden; eine Trittleiter aus der Waschküche bot sich dafür an. Für einen Jungen, der über ein Beil verfügte, war es die Arbeit eines Augenblicks, diese Leiter in eine Anzahl loser Stangen zu zerlegen. Vier von diesen steckten wir in die Erde und spannten die Decke darüber. Um sicherzugehen, dass die ganze Konstruktion auch wirklich standfest war, versuchte mein Bruder sodann, sich daraufzusetzen. Wir waren geistesgegenwärtig genug, die Überreste der zerrissenen Decke zu beseitigen; aber die Zeltstangen vergaßen wir völlig.

      Als mein Vater an diesem Abend von seiner Arbeit zurückgekehrt war und gegessen hatte, machte er einen Spaziergang im Garten, auf dem wir ihn begleiteten. Der Anblick von vier schlanken Holzstangen, die aus dem Gras emporragten, erregte in ihm eine verzeihliche Neugier. Ein Verhör folgte; bei dieser Gelegenheit sagten wir die Wahrheit. Da leuchteten die Blitze und der Donner grollte; und alles wäre ebenso verlaufen wie bei Dutzenden ähnlicher Anlässe zuvor, wäre da nicht jener Höhepunkt gewesen: „Stattdessen muss ich feststellen, dass ihr die Trittleiter zerhackt habt. Und zu welchem Zweck, fürwahr? Um etwas zu machen, das wie ein verhindertes Kasperle-Theater aussieht.“

      In diesem Moment bargen wir beide unser Antlitz; aber ach, nicht, um zu weinen.

      Wie man aus dieser Anekdote ersehen kann, war ein beherrschender Faktor unseres Lebens zu Hause die tägliche Abwesenheit unseres Vaters von etwa neun Uhr morgens bis sechs Uhr abends. Während dieser Zeit waren wir allein im Haus, mit Ausnahme der Köchin und des Hausmädchens, mit denen wir mal im Krieg und mal verbündet waren. Alles rief dazu auf, ein Leben zu entwickeln, in dem es keine Berührungspunkte mit unserem Vater gab. Die wichtigste unserer Aktivitäten war das endlose Drama Tierlands und Indiens und schon das allein isolierte uns von ihm.

      Aber ich möchte beim Leser keinesfalls den Eindruck hinterlassen, als hätten alle glücklichen Stunden der Ferienzeit nur in der Abwesenheit unseres Vaters stattgefunden. Er hatte ein Temperament wie Quecksilber; seine Stimmung konnte ebenso leicht steigen, wie sie fiel, und seine Vergebung war ebenso gründlich wie sein Missfallen. Er war oft der gutmütigste und freundlichste Vater, den man sich denken kann. Er konnte ebensogut herumalbern wie einer von uns und nahm keinerlei Rücksicht auf seine Würde oder seinen „Stand“.

      In jenem Alter konnte ich natürlich noch nicht erkennen, was für ein guter Kamerad er (für einen Erwachsenen) war, da sein Humor von der Art war, für die man schon eine gewisse Kenntnis des Lebens braucht, um sie völlig würdigen zu können. Ich badete einfach darin wie im Sonnenschein.

      Und während der ganzen Ferienzeit war da die schiere sinnliche Freude, zu Hause zu sein, die Freude am Luxus – an der „Zivilisation“, wie wir es nannten. Ich habe vorhin schon von Vice Versa gesprochen. Die Beliebtheit dieses Buches beruht sicherlich nicht nur auf der Farce. Sondern dies ist die einzige wahrhafte Schulgeschichte, die es gibt. Die Maschinerie des Garuda-Steins dient nur dazu, die Empfindungen, die jeder Junge verspürte, wenn er aus der Wärme und Weichheit und Würde seines Familien-lebens in die Entbehrungen, die rohe und schäbige Hässlichkeit der Schule überging, in ihren wahren Farben (die anders übertrieben wirken würden) herauszubringen. Ich sage „verspürte“, nicht „verspürt“; denn vielleicht sind die Elternhäuser heute schlechter und die Schulen besser als damals.

      Man wird sich fragen, ob wir denn keine Freunde, keine Nachbarn, keine Verwandten hatten. Doch, wir hatten sie. Einer Familie im Besonderen verdanken wir so viel, dass wir ihr, zusammen mit einigen anderen Dingen, das nächste Kapitel einräumen sollten.

      2Den

Скачать книгу