Bis dass der Tod uns scheidet. Barbara Cartland
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Er war immer völlig sicher gewesen, daß niemand sie beobachtet hatte, aber offensichtlich hatte er sich geirrt.
Da es ihm zuwider war, im Ehebett eines anderen eine Frau zu lieben, hatte er Leone niemals in Burnham House besucht.
Wenn sie beide bei Hausgesellschaften eingeladen waren, hatten sie es allerdings so eingerichtet, daß ihre Schlafzimmer dicht beieinander lagen, und häufig hatten sie - um nicht zusammen gesehen zu werden - in privaten Klubräumen gemeinsam zu Abend gegessen.
Leone hatte stets einen Schleier getragen, und sie hatten das Haus durch einen Seiteneingang betreten. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, daß Gäste, die diese Restaurants aufsuchten, anonym blieben.
Andererseits konnte man jedoch nie wissen, ob nicht ein Kellner sich mit einer Handvoll Goldmünzen bestechen ließ, eine bestimmte Lady und ihren Kavalier zu beschreiben. Ebenso war auch einem Portier zuzutrauen, daß er einem spendablen Fremden, der ihm nach Feierabend mehrere Drinks ausgegeben hatte, den neuesten Klatsch serviert hatte.
Es war eine Leichtigkeit, die gewünschten Informationen zu erlangen, erkannte der Marquis, und er verfluchte sich, nicht wachsamer gewesen zu sein, zumal es sich um einen Erzrivalen handelte.
»Was - sollen wir tun?« fragte Lady Burnham. »Können wir etwas dagegen unternehmen?«
»Darüber denke ich die ganze Zeit nach«, erwiderte der Marquis.
»Hilf mir! Bitte, hilf mir, Quintus!« flehte sie ihn an. »Du weißt, wie sehr ich dich liebe und daß du der aufregendste Mann bist, der mir je in meinem Leben begegnet ist, aber ich könnte es nicht ertragen, als . . . Ehebrecherin gebrandmarkt zu werden!« Sie stockte bei dem Wort und fügte verzweifelt hinzu: »Niemand würde mich dann mehr zu einem Ball oder einer Gesellschaft einladen und nie mehr dürfte ich bei Hofe erscheinen oder in der Königlichen Loge in Ascot.«
Ihre Stimme sank zu einem Flüstern, als sie fortfuhr: »Und du würdest meiner ebenso rasch überdrüssig werden, wie es bei den anderen der Fall war. Das wäre mein Tod! So könnte ich nicht weiterleben!«
Das klang so verzweifelt, daß der Marquis sich umdrehte und sie anschaute. Trotz ihres tränenüberströmten Gesichts sah sie reizend aus, und er verstand ihre Verzweiflung.
»Hör auf zu weinen, Leone« beruhigte er sie. »Laß uns lieber gemeinsam überlegen, was wir tun können.«
»Glaubst du, es besteht für uns noch Hoffnung, einem Skandal zu entgehen?«
»Vielleicht kann ich einen Ausweg aus dieser Situation finden, in die wir durch unseren Leichtsinn geraten sind.«
»Oh Quintus, wenn dir das gelänge, wäre ich dir ewig und von ganzem Herzen dankbar!«
»Was hast du deinem Mann erwidert, als er dir mit Scheidung drohte?« wollte der Marquis wissen.
»Ich beteuerte meine Unschuld und sagte, du wärst nichts weiter als ein guter Freund, und wir hätten nichts Unrechtes getan.«
»Das hat er dir natürlich nicht geglaubt!«
»Er ist so besessen von seiner Rache, daß er sich geschworen hat, dich von deinem hohen Roß herunterzuholen, wie er es ausdrückte. ,Ich werde diesem Stowe mit seinem vornehmen Getue und seiner Arroganz eine Lektion erteilen, die er nie vergessen wird!‘ tobte er.
Ich sagte: ,Wenn es dir nur darum geht, den Marquis zu vernichten, George, warum willst du mich dann mit hineinziehen? Ich habe nichts Unrechtes getan!‘«
»Was hat er darauf geantwortet?«
»Er lachte nur gehässig und ließ mich stehen.«
»Hast du ihn gestern abend noch einmal gesehen?«
Leone Burnham schüttelte den Kopf.
»Er verließ das Haus. Deshalb ging ich zu Bett und weinte mich in den Schlaf.«
Lange schwiegen sie.
Plötzlich rief der Marquis: »Ich habe eine Idee!«
Lady Burnham hob den Kopf und sah ihn an, aber ihre tränenfeuchten Augen verrieten wenig Hoffnung.
Sie galt als eine der Schönheiten Londons und hatte alle anderen Anwärterinnen auf den Titel »Schönheitskönigin« im Triumphzug überflügelt. Aber in diesem Augenblick sah Lady Burnham elend, bekümmert und unscheinbar aus.
Der Marquis saß aufrecht da, das Kinn vorgereckt, als wollte er seinen Gegner zu einem Kampf auf Leben und Tod herausfordem.
»Die einzige Möglichkeit, deinen Mann von seinem Irrtum zu überzeugen, wäre, sofort die Nachricht zu verbreiten, daß ich die Absicht habe, mich zu vermählen.«
Lady Burnham sah ihn entgeistert an und stammelte dann: »Aber Quintus, ich wußte ja gar nicht, daß du dich vermählen willst. Hast du nicht immer gesagt. . .«
»Sei nicht albern, Leone«, unterbrach sie der Marquis, »damit wollte ich doch nur sagen, daß ich meine Verlobung bekanntgeben will, bevor dein Mann die Scheidungsklage einreicht und zu beweisen versucht, daß ich zur gleichen Zeit ein Verhältnis mit dir hatte.«
Lady Burnham brauchte eine Weile, bis sie das begriffen hatte.
Dann zog sie geräuschvoll den Atem ein und stieß erregt hervor: »Natürlich! Ich verstehe. Ich könnte behaupten, wir hätten uns nur deshalb gelegentlich getroffen, weil du meinen Rat einholen wolltest, ob du die richtige Frau gewählt hast.«
»Genau!« entgegnete der Marquis trocken.
»Aber wer sollte es denn sein? Und außerdem wäre doch die Zeit viel zu kurz, um noch um sie zu werben!«
Dessen war sich der Marquis auch bewußt.
Er kannte Lord Burnham seit der gemeinsamen Schulzeit in Eton und wußte, daß er ein impulsiver und jähzorniger Mensch war, der zweifellos seinen Fall vors Parlament bringen würde, sobald er seine Beweise für ausreichend hielt.
Die einzige Hoffnung war, daß man es im Parlament mit der Bearbeitung der Sache nicht so eilig haben würde; zahlreiche Formalitäten mußten erledigt werden, einschließlich der Ernennung von Anwälten und Gerichtsschreibern, und das konnte Tage, wenn nicht gar Wochen dauern.
Mit etwas Glück hoffte der Marquis, Leone und sich aus der unangenehmen Situation retten zu können, in die sie unversehens geraten waren.
Sein scharfer Verstand hatte ihn noch nie im Stich gelassen, wenn es darauf ankam, und im Augenblick ging es darum, um die Erhaltung dessen zu kämpfen, was ihm im Leben wichtig war.
Er war sehr stolz auf seine Herkunft und seine Stellung als Familienoberhaupt, die von allen Mitgliedern seiner Familie respektiert wurde und ihm hohes Ansehen verlieh.
Nichts wäre entwürdigender für einen Mann seines Standes, als in einen Scheidungsprozeß verwickelt zu sein, dessen pikante Details an die Öffentlichkeit gelangten und von der Presse breitgetreten wurden.
Solche Skandalgeschichten hatte der Marquis bisher stets verabscheut, wenn es um jemanden aus seiner Gesellschaftsschicht ging, und für vulgär und unter seiner