Bis dass der Tod uns scheidet. Barbara Cartland
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Читать онлайн книгу Bis dass der Tod uns scheidet - Barbara Cartland страница 6
Mehrere Feldarbeiter waren wie aus dem Nichts am Straßenrand aufgetaucht, und die männlichen Passagiere kletterten ächzend und stöhnend aus der schiefhängenden Postkutsche. Knapp und präzise erteilte der Marquis seine Befehle, und kurz darauf hatte man mit gemeinsamen Kräften die Postkutsche wiederaufgerichtet.
Die beiden weiblichen Insassen hatten auf Anweisung des Marquis die Kutsche ebenfalls verlassen, damit sie weniger Gewicht hatte, und standen nun verstört und mit Tränen in den Augen am Straßenrand.
Das Fuhrwerk, das den Unfall verursacht hatte, war zur Seite geschoben worden. Die Postpferde beunruhigten sich, und die Fahrgäste bestiegen die Kutsche wieder.
Erst in diesem Augenblick gewahrte der Marquis das bildhübsche junge Mädchen am Straßenrand, das ihn voller Bewunderung anhimmelte.
Sie war schlicht, aber geschmackvoll gekleidet und wirkte sehr damenhaft, stellte er mit Kennerblick fest. Ihm entging auch nicht, daß sie keine Anstalten machte, die Postkutsche wieder zu besteigen. Mit einem Ausdruck uneingeschränkter Bewunderung in den Augen starrte sie ihn an.
»Sie können jetzt Ihre Reise fortsetzen«, erklärte er und lüftete höflich grüßend seinen Zylinder.
»Sie waren wundervoll! Einfach wundervoll!« rief das Mädchen begeistert aus. »Als wir in den Graben kippten, fürchtete ich, zerquetscht zu werden!«
»Glücklicherweise wurden Sie vor einem so grausamen Schicksal bewahrt«, erwiderte der Marquis mit leisem Lächeln.
»Von Ihnen!«
»Alles einsteigen!« war die laute Stimme des Postkutschers zu vernehmen. »Sonst fahren wir ohne Sie los!«
Seine Aufforderung war offensichtlich an das junge Mädchen gerichtet, denn alle anderen Passagiere hatten bereits ihre Plätze eingenommen.
»Man wartet auf Sie«, mahnte der Marquis.
Das Mädchen wandte den Kopf.
»Ich laufe, vielen Dank«, sagte sie mit klarer, jugendlicher Stimme.
»Wohnen Sie in der Nähe?« fragte er und sah sich suchend um.
Weit und breit war kein Haus zu entdecken.
»Es ist nur noch knapp eine Meile«, antwortete das Mädchen, »aber ich habe keine Lust, mir das Gejammer und Gezeter der anderen Passagiere anzuhören.«
»Das kann ich verstehen«, entgegnete der Marquis. »Da ich ebenfalls in diese Richtung fahre, wäre es mir eine Ehre, Sie in meinem Phaeton mitnehmen zu dürfen.«
»Würden Sie das wirklich tun?« rief sie begeistert. »Das wäre himmlisch!«
Der Marquis lächelte und ging zu seinem Gespann zurück. Er half dem Mädchen auf den Sitz, nahm neben ihr Platz und ließ sich von Ben die Zügel geben.
Unterwegs bemerkte er, daß die junge Dame ihn verzückt musterte, als traute sie ihren Augen nicht.
»Reisen Sie immer mit der Postkutsche?« fragte er sie.
»Ja, jeden Tag«, erwiderte das Mädchen. »Meine Lehrerin wohnt im Nachbarort, der auf diese Weise am bequemsten zu erreichen ist.«
»Und was lehrt sie?« wollte der Marquis wissen.
»Französisch. Sie ist vor vielen Jahren eingewandert und hat, wie Papa sagt, einen perfekten Pariser Akzent.«
Der Marquis war überrascht.
»Kann Ihr Vater beurteilen, ob jemand gut Französisch spricht?«
»Papa beherrscht alle möglichen Sprachen, besonders aber Französisch, Italienisch, Griechisch und natürlich Latein.«
Sie bemerkte sein Erstaunen und lachte.
»Finden Sie das seltsam?«
»Allerdings«, gab der Marquis zu. »Ich hätte keinen Sprachgelehrten in dieser ländlichen Abgeschiedenheit vermutet.«
»Vielleicht ist das ungewöhnlich. Papa schreibt Bücher, aber sie sind ziemlich langweilig und furchtbar kompliziert.«
»Mit anderen Worten, Sie lesen sie nicht?«
»Wenn ich nicht unbedingt muß, nein. Aber meine große Schwester liest sie und ermutigt Papa, weiterzuschreiben, obwohl es sich kaum bezahlt macht.«
Der Marquis quittierte ihre treuherzige Bemerkung mit einem amüsierten Lächeln und bemerkte in diesem Augenblick in einiger Entfernung die Häuser eines kleinen Dorfes und einen Kirchturm aus grauem Basalt.
»Sind Sie da zu Hause?«
»Ja«, antwortete das Mädchen. »Wir wohnen gleich neben der Kirche. Bitte, fahren Sie durch die Einfahrt bis vors Haus. Ich möchte, daß meine Familie Ihre Pferde bewundert - und Sie natürlich auch!«
Der Marquis lenkte das Gespann lächelnd durch die Einfahrt, die ziemlich schmal war und fahrerisches Geschick erforderte, um heil hindurchzukommen.
Es war nur eine kurze Strecke bis zum Eingang des schmucken Häuschens neben dem Kirchhof, bei dem es sich offensichtlich um das Pfarrhaus handelte.
Dort angelangt, wollte der Marquis seiner hübschen Mitfahrerin Lebewohl sagen, doch sie hüpfte behende wie ein Eichhörnchen vom Sitz und verschwand in der offenstehenden Haustür.
»Ajanta, Ajanta, komm schnell!« hörte der Marquis sie aufgeregt rufen. »Darice, komm mal her und schau, wer mich nach Hause kutschiert hat!«
Amüsiert über das Aufsehen, das sein Erscheinen verursachte, schlang der Marquis die Zügel ums Spritzbrett und verließ die Kutsche, während Ben sich nach vorn begab, um die Pferde festzuhalten.
Beim Eintreten in die holzgetäfelte kleine Halle vernahm er in einiger Entfernung eine weibliche Stimme: »Wovon redest du eigentlich, Charis?«
»Ich wurde in höchster Not gerettet - von dem tollsten Mann, den ich je gesehen habe - er hat die herrlichsten Pferde und einen himmlisch gepolsterten Phaeton! So was hast du noch nicht gesehen, Ajanta! Komm schnell, du mußt ihn unbedingt kennenlernen!«
»Was meinst du mit - gerettet?« hörte der Marquis die andere Frau fragen. »Das letztemal war es ein Stier, vor dem du gerettet wurdest, und davor ein Gespenst!«
»Diesmal war es wirklich und wahrhaftig ein richtiger Unfall!«
Der Marquis brauchte nicht lange zu warten, bis sich Schritte näherten und sein hübscher Fahrgast in der Halle auftauchte. Sie zerrte ihr getreues Ebenbild an der Hand hinter sich her, das jedoch größer und noch schöner war als sie.
Der Marquis hatte die Kleine schon ausnehmend hübsch gefunden, aber von der atemberaubenden Schönheit ihrer älteren Schwester war er fasziniert.
Die Schürze, die sie trug, verriet ihm, daß sie in der Küche mit Kochen beschäftigt gewesen war. Dennoch tat ihre schlichte