Butler Parker 101 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker 101 – Kriminalroman - Günter Dönges Butler Parker

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      Agatha Simpson zog ihre ausgeprägte Adlernase kraus.

      »Verschonen Sie mich mit diesem Lesefutter«, sagte sie. »Ich hoffe, Sie können mich bereits informieren, Mister Parker.«

      »Sehr wohl, Mylady«, gab der Butler zurück. »Bei der jungen Malerin, auf die geschossen wurde, handelt es sich um eine gewisse Mandy Saxon, die sich als Schauspielerin bezeichnet.«

      »Mandy Saxon … Mandy Saxon …?« Agatha Simpson dachte laut nach. »Haben wir diesen Namen nicht schon gehört, Mister Parker?«

      Die Detektivin hatte es sich bequem gemacht. Sie trug einen mit Schmetterlingen bestickten Hausmantel, der an einen indischen Sari erinnerte. Sie sah darin jugendlich aus.

      »Die bewußte junge Dame hat in der Vergangenheit schon recht häufig Schlagzeilen gemacht, Mylady.«

      »Richtig! Mandy Saxon. Das ist doch diese Skandalnudel, nicht wahr?«

      »In der Tat, Mylady! Miß Saxon war das, was man gemeinhin diskret eine Gespielin nennt. Sie wurde häufig in der Begleitung bekannter Männer gesehen.«

      »Hat diese Saxon nicht sogar einen Minister außer Gefecht gesetzt?«

      »So könnte man es ausdrücken, Mylady. In der Öffentlichkeit erschienen Fotos, die dieses Kabinettsmitglied zusammen mit Miß Saxon zeigten. In verfänglichen Situationen, wie es wohl zu nennen sein müßte.«

      »In eindeutigen Situationen, Mister Parker«, korrigierte die ältere Dame energisch. »Nennen wir das Kind doch beim Namen. Diese Saxon ist ein Flittchen.«

      »Wie Mylady es auszudrücken belieben.«

      »In letzter Zeit ist es ruhig um sie geworden, nicht wahr?«

      »Gewiß, Mylady. Miß Saxon hat sich zurückgezogen, um einen, wie sie es nennt, Sex-Report zu schreiben.«

      »Du lieber Himmel!« Agatha Simpson richtete sich fast erfreut auf. »Daraus ergeben sich ja herrliche Möglichkeiten.«

      »Weniger für jene Herren, die von Miß Saxon zitiert werden sollen, Mylady.«

      »Für uns, Mister Parker, für uns! Können Sie sich nicht vorstellen, daß gewisse Leute diesen Sex-Report verhindern wollen?«

      »In der Tat, Mylady! Die Zeitungen sprechen ebenfalls von solchen Möglichkeiten. Sie hegen die Vermutung, daß der Schuß auf Miß Saxon eine Art Warnung oder Drohung darstellte.«

      »Wunderbar!« Agatha Simpson erhob sich erstaunlich schnell aus ihrem Sessel. »Wird es bei dieser Warnung bleiben, Mister Parker?«

      »Ich fürchte, Mylady, daß hier ein Mord geplant wird.«

      »Das sage ich doch die ganze Zeit«, behauptete die alte Dame, »und diesen Mord werden wir verhindern, Mister Parker! Das ist unsere Pflicht als Staatsbürger!«

      »Wie Mylady meinen«, gab der Butler zurück und unterdrückte einen leichten Seufzer. Es war also wieder mal so weit. Mylady witterte einen Kriminalfall. Und nach Lage der Dinge ließ sie sich jetzt nicht mehr ablenken.

      »Was wissen wir bereits, Mister Parker?« Die streitbare Sechzigerin marschierte auf ihren stämmigen Beinen durch den Salon ihres Stadthauses. »Da war zuerst mal der Schuß, der die Staffelei traf. Dann haben wir dieses Individuum namens Pearson, das mit einem Geigenkasten und einer Faustfeuerwaffe herumlief. Und schließlich dieses Subjekt, das Sie an der Tür empfingen.«

      »Eine vollständige Aufzählung, Mylady«, stellte Parker gemessen, aber auch zurückhaltend fest.

      »Und welche Schlüsse ziehen wir daraus?« wollte Lady Simpson wissen. Sie sah ihren Butler bereits leicht strafend an. Sie erwartete eine Analyse.

      »Ich möchte Mylady keineswegs vorgreifen«, antwortete Parker vorsichtig.

      »Ja, merken Sie denn nichts?« entrüstete sich Agatha Simpson.

      »Nicht direkt, Mylady.« Parker hütete sich, die Unternehmungslust seiner Herrin unnötig anzuheizen.

      »Dann kann ich Ihnen auch nicht helfen«, meinte Agatha Simpson und wirkte ein wenig enttäuscht. Sie hatte wohl gehofft, von Parker einen Tip geliefert zu bekommen.

      »Haben Mylady noch Wünsche?« erkundigte sich Parker, der sich zurückziehen wollte.

      »Natürlich! Fahren Sie in einer halben Stunde vor, Mister Parker! Ich muß mir dieses Flittchen aus der Nähe ansehen.«

      »Wie Mylady befehlen«, sagte Parker nur. Er wußte aus Erfahrung, daß es völlig sinnlos war, Mylady umstimmen zu wollen.

      »Ich weiß inzwischen, wem das Landhaus gehört«, schloß Agatha Simpson triumphierend. »Sagt Ihnen der Name Sir Robert Panham etwas, Mister Parker?«

      »Gewiß, Mylady. Sir Robert dürfte einer der bemerkenswertesten Shakespeare-Darsteller Englands sein, wenn ich nicht irre.«

      »Sie irren sich nicht, Mister Parker. Ich könnte mir vorstellen, daß er seinen Landsitz nicht gerade freiwillig vermietet hat. Aber lassen wir uns überraschen!«

      *

      Josuah Parker blieb am hochbeinigen Wagen zurück und beobachtete die Szene vor der Haustür des Landsitzes.

      Agatha Simpson war zusammen mit ihrer Gesellschafterin hinüber zum Haus gegangen und lieferte ein interessantes Schauspiel. Nachdem die Tür geöffnet worden war, drückte sie einen Mann an die Seite und stürmte das Haus. Sie entwickelte dabei die Energie einer Dampfwalze, die einfach nicht aufzuhalten ist.

      Der Mann, der die Tür geöffnet hatte, starrte der Lady entgeistert nach, raffte sich dann aber auf und folgte ihr. Er vergaß nicht, vorher noch die Haustür zu schließen.

      Josuah Parker nutzte die inzwischen hereingebrochene Dunkelheit für seine Zwecke aus.

      Er schritt ein gutes Stück die Straße hinunter, bis er von der Straßenseite des Landhauses aus nicht mehr gesehen werden konnte. Erst jetzt kümmerte der Butler sich um eine kleine schmale Mauerpforte, die allerdings verschlossen war.

      Was Josuah Parker überhaupt nichts ausmachte.

      Er bemühte sein kleines Besteck, das er für solche Zwecke stets mit sich führte. Es handelte sich um einige Spezialgeräte, die sich in einem schmalen Saffianetui befanden. Es dauerte noch nicht mal eine Minute, bis das Schloß sich fügte und jeden Widerstand aufgab.

      Bevor der Butler das Grundstück betrat, schaute er sich mißtrauisch nach allen Seiten um. Er konnte sich gut vorstellen, daß der Schutz der Dunkelheit auch von anderen Nachtwandlern geschätzt wurde. Parker wollte auf keinen Fall überrascht werden und in ein offenes Messer rennen.

      Die schmale Straße, die zu den wenigen großen Parks und Grundstücken führte, war menschenleer. Es handelte sich hier um eine ausgesprochen vornehme Wohngegend, in der Tradition und Kapital zu Hause waren.

      Parker betrat das Grundstück und drückte die Pforte zurück in den Rahmen. Dann lustwandelte er gemessen durch die Dunkelheit, über den gepflegten Rasen und über einen mit Steinplatten ausgelegten Weg Richtung Landsitz.

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