Reise im Glück. Barbara Cartland
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Reise im Glück - Barbara Cartland страница 8
Lord Harleston bemühte sich, gebührend beeindruckt zu wirken.
Er staunte nicht schlecht, als der Mann ihn dann, ein Greenhorn aus dem Hinterland, vor den verschiedenen Gefahren zu warnen versuchte, die einem Fremden, noch dazu einem Ausländer, in der Metropole drohten. Lord Harleston, der ausgedehnte Reisen in andere Teile der Welt unternommen hatte, hörte sich amüsiert die Geschichten über Glücksspieler an, die regelmäßig die Züge bearbeiteten, und über Hotelgäste, die auf dreiste Art bestohlen worden waren. Es konnte geschehen, daß einem auf offener Straße die Uhr gestohlen wurde, und in den Bahnen wimmelte es von Taschendieben, von denen viele weiblichen Geschlechts waren.
Der Sekretär beendete seine Schilderung mit dem Rat, sich auf keinen Fall zum Kauf eines Gürtels, der angeblich die Gabe hatte, seinen Träger unsichtbar zu machen, und fünf Dollar kostete, überreden zu lassen.
Lord Harleston lachte.
»Sie können versichert sein, daß mir nichts daran liegt, unsichtbar zu werden.«
»Eure Lordschaft haben keine Ahnung von dem Verbrecherunwesen, das in dieser Stadt so schnell wächst wie die Gebäude«, erklärte der Sekretär daraufhin ernsthaft.
»Ich bin Ihnen für die Warnung sehr verbunden.«
Lord Harleston war erleichtert, als sie die Residenz der Vanderbilts erreicht hatten.
Nach dem Tod seines Vaters, des Commodore, hatte William Henry Vanderbilt den Entschluß zum Bau eines wahrhaft königlichen Herrensitzes gefaßt. Die Bauunternehmer drängten ihn, als Baumaterial Marmor zu nehmen, augenfälligstes Symbol der Macht, doch Mr. Vanderbilt empfand eine gewisse Angst vor Marmor, da er das Gefühl hatte, der kalte Glanz strahle etwas Böses aus. Diese Furcht war nicht unbegründet, denn sowohl William Backhouse Astor als auch ein anderer Millionär waren nach der Fertigstellung ihrer Marmorpaläste gestorben.
Daher hatte Mr. Vanderbilt sich für den Bau dreier Häuser aus braunem Sandstein entschlossen, eines für sich und zwei für seine Töchter. Zu diesem Zweck beschäftigte er einige hundert einheimische Arbeiter und fünfzig Handwerker aus dem Ausland.
»Das Haus ist noch nicht ganz fertig«, informierte der Sekretär Lord Harleston. »Doch ich bin sicher, Eure Lordschaft werden auf den gewohnten Komfort nicht verzichten müssen und vor allem an Mr. Vanderbilts Gemäldesammlung Gefallen finden, die allgemein als sensationell gilt.«
Als Lord Harleston das Haus sah, fand er es nicht nur insgesamt sensationell, es erschien ihm fast schon unwirklich. Überwältigende Toreinfahrten empfingen, Triumphbögen gleich, die Gäste, vergoldete Decken wölbten sich wie Teile ägyptischer Sarkophage über dem Besucher, und die Vielfalt von Vasen, Lampen, Figurinen und kostbaren Büchern riefen in ihm das Gefühl hervor, nach dem reichlichen Alkoholkonsum vom Vorabend seinen Augen nicht trauen zu können.
An der Gastfreundschaft jedoch, mit der er empfangen wurde von Mr. Vanderbilt, gab es keinen Zweifel. Da das Zimmer, das man ihm zugedacht hatte, über die Ausmaße eines Ballsaals verfügte, konnte er sich über Raummangel nicht beklagen.
Mr. Vanderbilts Schwiegertochter, Mrs. William Kessain Vanderbilt, empfing Lord Harleston noch herzlicher als der alte Vanderbilt. Da sie über ausgeprägten gesellschaftlichen Ehrgeiz verfügte, ließ die Tatsache, daß sie einen adeligen und wohlhabenden Briten unter ihrem Dach beherbergte, sie wie eine Bienenkönigin umherschwirren.
Lord Harleston war sehr bald klar, daß er auf der Hut sein mußte, wollte er nicht statt mit Dolly mit irgendeiner jungen Amerikanerin verkuppelt werden, die von ihrer Mutter wie eine Marionette manipuliert wurde. Mrs. Vanderbilt nämlich - als Alva Smith in Mobile geboren - stellte ihm, gleich einem Zauberer, der Kaninchen aus einem Zylinder hervorholt, eine nicht enden wollende Reihe von Kandidatinnen vor.
Wie sollte er ihr erklären, daß er sich noch nie für junge Mädchen interessiert hatte, daß er nicht wußte, worüber man mit ihnen sprach, und daß er, wenn es sich vermeiden ließ, auch nicht mit einem dieser Wesen tanzen wollte? Da ihm zu Ehren Abend für Abend eine Dinnerparty mit anschließendem Tanz gegeben wurde, beschloß er, schnellstens weiterzureisen. Sein Vorhaben, die Flucht zu ergreifen, wurde noch beflügelt, als er erfuhr, daß Alva Vanderbilt ein Kostümfest plante. Es gab nichts, was Lord Harleston mehr haßte als Kostümfeste, und er hatte nicht die Absicht, jemals eines zu besuchen. Er hatte solche Veranstaltungen auch in England stets gemieden, ungeachtet der Tatsache, daß der Prince of Wales ihn einmal fast auf Knien angefleht hatte, an einem Kostümfest teilzunehmen, das es an Extravaganz mit den prächtigen fêtes aufnehmen konnte, die der Prinzregent seinerzeit in Carlton House zu veranstalten pflegte.
Sir Frederic Leighton, Präsident der Royal Academy, war beauftragt worden, die Dekorationen in Marlborough House zu überwachen, nachdem über 1400 Personen eingeladen worden waren. Der Prinz, der als Charles I mit großem Federhut einen sensationellen Eindruck hinterließ, eröffnete den Ball mit einer venezianischen Quadrille.
Die Musik spielte bis in die Morgendämmerung, das Souper wurde in zwei riesigen, mit Tapisserien behangenen roten Zelten serviert, so daß sogar Disraeli, der verspätet und nicht kostümiert erschien, das Fest als prachtvoll, brillant, phantastisch bezeichnete.
Der einzige Außenseiter, ja der einzige, der eine Einladung erhielt, dieser aber aus freien Stücken nicht Folge leistete, war Lord Harleston.
»Ich werde niemals einen Narren aus mir machen, nur um dem Prinzen oder sonst jemandem einen Gefallen zu tun«, hatte er zu Robert gesagt. »Gibt es denn etwas Lächerlicheres als einen Haufen erwachsener Männer, die sich wie die Kinder kostümieren und mit Perücken auf dem Kopf herumparadieren?«
»Wo bleibt deine Vergnügungslust?« hatte Robert spöttisch gefragt.
»Vergnügen? Das nennst du Vergnügen?« Lord Harleston sagte es voller Verachtung. »Da vergnüge ich mich lieber mit einem hübschen Mädchen auf der Wiese in Hampstead Heath.«
»Das würde jeder gern«, hatte Robert geantwortet.
Jetzt sagte Alva Vanderbilt zu Lord Harlestons Entsetzen: »Ich stelle Sie mir als Sir Galahad vor, aber vielleicht würden Sie lieber Hamlet sein. Einerlei, in beiden Kostümen würden Sie eine wunderbare Figur machen.«
Lord Harleston ließ keinen Zweifel daran aufkommen, daß er zu seinem Bedauern keine dieser Rollen spielen konnte.
»Mrs. Vanderbilt, es ist wirklich bedauerlich, doch ich bin mit einem Freund in Denver verabredet. Es ist sehr wichtig, deshalb muß ich morgen früh abreisen.«
Mrs. Vanderbilt stieß einen schrillen Protestschrei aus.
»Das dürfen Sie nicht! Ganz ausgeschlossen! Diesen Ball gebe ich eigens für Sie!«
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie leid es mir tut, aber mein Besuch bei Ihrem Schwiegervater neigt sich dem Ende zu.«
Alva Vanderbilt war eine intelligente, entschlossene, aber unglücklich verheiratete Frau, deren einziger Lebensinhalt ihre gesellschaftlichen Aktivitäten waren. Innerhalb der Familie pflegte sie sich stets durchzusetzen, weil sie ihre Umwelt zermürbte, doch in Lord Harleston hatte sie einen ebenbürtigen Gegner gefunden.
Er reiste in dem Moment ab, als ganze Wagenladungen von Topfpflanzen in den Ballsaal geschleppt wurden, um einen festlichen Hintergrund für das köstliche und kostspielige Souper zu schaffen, das von einer hervorragend eingespielten Dienerschaft in braunen Livreen