Reise im Glück. Barbara Cartland
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»Wohin?«
»Nach Colorado.«
»Colorado?« Lord Harleston war fassungslos. Noch ehe Robert fortfahren konnte, stieß er hervor: »Schlägst du mir am Ende vor, ich solle dort nach Gold graben?«
»Aber nein, keineswegs! Davon besitzt du genug!« gab Robert zurück. »Hast du vergessen, daß du mir vor etwa einem Monat gesagt hast, du hättest eine ansehnliche Summe in die Prarie Cattle Company investiert?«
»Ja, sicher.«
»Damals fand ich das eher amüsant«, fuhr Robert fort, »da ich von Investitionen in dieser Richtung noch nie etwas gehört hatte. Bei White’s hat dich dieser Bursche - an den Namen kann ich mich nicht erinnern - dazu überredet. Er sagte, es stünde britisches Kapital hinter dem Unternehmen, das über 50.000 Stück Vieh und zwei Millionen Morgen Land in Colorado besitzt.«
»Ja, natürlich, jetzt fällt es mir wieder ein! Mir erschien diese Möglichkeit damals sehr interessant, eine Abwechslung im Vergleich zu den Anlagen in Eisenbahnen und Schifffahrt.«
»Das wär’s also«, schloß Robert. »Es kann nie schaden, wenn man das Unternehmen genauer unter die Lupe nimmt, in das man investiert.«
»Du schlägst also allen Ernstes vor, ich solle nach Colorado gehen?«
»Die andere Möglichkeit brauche ich wohl nicht anzuführen.«
Lord Harleston sagte zunächst nichts. Dann stieß er ein kurzes Lachen aus, das nicht gerade humorvoll klang.
»Sehr schön. In der Not frißt der Teufel Fliegen, heißt es nicht umsonst. Ich werde also nach Colorado reisen.«
2.
Während die Etruria das Meer durchpflügte, dachte Lord Harleston dankbar an das Eigenlob der Cunard-Schifffahrtslinie, die von sich behaupten konnte, in dreiundvierzig Jahren weder das Leben eines einzigen Passagiers eingebüßt zu haben, noch einen einzigen Brief in dieser Zeit.
Das konnte keine andere Linie von sich behaupten, so daß Lord Harleston sich einigermaßen sicher fühlte, obwohl ihm die Etruria sehr klein und der Atlantik sehr groß vorkam.
Tatsächlich gehörte die Etruria zu den größten Schiffen, die den Atlantik befuhren, und die Cunard-Linie war Inhaberin des Blauen Bandes, einer Auszeichnung, deren Besitz durch den geplanten Bau großer Schiffe anderer Gesellschaften gefährdet wurde.
Den Passagieren präsentierte sich das Schiff als absoluter Höhepunkt schwimmenden Luxus. Mit den beiden Schornsteinen und drei Masten war es so groß, daß für alle, die es sich leisten konnten, Einzelkabinen mit Dampfheizung und Gasbeleuchtung zur Verfügung standen.
Lord Harlestons Stimmung litt sehr darunter, daß er England unfreiwillig den Rücken kehren mußte. Daher schätzte er sich glücklich, daß es Mr. Watson, seinem Sekretär, in letzter Minute gelungen war, nicht nur eine Kabine, sondern zwei reservieren zu lassen. Die zweite Kabine war in aller Eile als Salon eingerichtet worden. Somit war er nicht mehr gezwungen, sich unter seine Mitpassagiere zu mischen, wozu er nach einem einzigen prüfenden Blick nicht die geringste Neigung verspürte. Und in diesen Dingen war er eigen.
Daß er London schon um die Mittagszeit verlassen und um Mitternacht, kurz vor Auslaufen der Etruria, in Liverpool an Bord gehen konnte, verdankte Lord Harleston, der immer die prompte Erledigung aller Anordnungen erwartete, ebenfalls seinem Sekretär. Mr. Watson hatte es im Laufe der Zeit in dieser Hinsicht zu wahrer Perfektion gebracht.
Die Atlantiküberquerung würde mindestens zehn Tage in Anspruch nehmen, ein Umstand, der Lord Harlestons schlechte Laune nicht gerade hob, doch hatte sein Freund Robert ihm zum Abschied die tröstlichen Worte mitgegeben: »Selby, du mußt dir vor Augen halten, daß sämtliche Unannehmlichkeiten, die dir begegnen mögen, in vier bis fünf Monaten ausgestanden sein werden, während eine Ehe meist ein Leben lang dauert.«
Lord Harleston hatte es mit Schaudern vernommen. Daneben beschäftigte ihn die Frage, was der Prince of Wales von ihm halten würde, wenn er erfuhr, daß er die Flucht ergriffen hatte.
Mit Roberts Hilfe hatte er es jedoch so eingerichtet, daß seine Abreise wie ein Zufall aussah und keineswegs als Versuch, dem königlichen Befehl zu entgehen.
Zu diesem Zweck hatte er der Countess of Derwent einen, wie er hoffte, klugen Brief geschrieben. Dies hatte sich geradezu angeboten, da der Butler ihm eine Nachricht der Countess übergeben hatte, als er noch mit Robert beim Frühstück saß. Ein Blick auf das lilafarbene Papier und die Handschrift, die bereits Dutzende von Briefbögen in seiner Schreibtischlade bedeckte, und Lord Harleston wollte abwinken, als ein Blick seines Freundes ihn nach dem Brief greifen ließ.
Kaum war der Butler gegangen, sagte Robert: »Ich würde ihn öffnen.«
»Warum?«
»Es wäre interessant zu erfahren, ob sie schon weiß, daß der Prinz mit dir gesprochen hat.«
»Ja, natürlich.«
Lord Harleston öffnete den Umschlag, las den Brief und sagte: »Das Schreiben enthält nichts Sensationelleres als eine Dinner Einladung für heute abend.«
Daß der Brief auch Beteuerungen ihrer Liebe enthielt, erwähnte er nicht, denn das ging Robert schließlich nichts an.
»Sehr gut!« rief Robert aus. »Damit liefert sie uns den Anlaß, den wir brauchen.«
»Wie meinst du das?«
»Du mußt ihr mitteilen, daß du England verläßt. Einfach so zu verschwinden wäre ein Fehler.«
Lord Harleston gab ihm nach kurzer Überlegung recht.
»Stimmt«, sagte er. »Komm mit in mein Arbeitszimmer und sag mir, was ich schreiben soll.«
Als schließlich der Brief fertig vorlag, hielten ihn beide für ein wahres Meisterwerk.
Meine liebe Dolly,
zu meinem tiefsten Bedauern kann ich Deine liebenswürdige Einladung nicht annehmen, da ich überraschend davon in Kenntnis gesetzt wurde, daß ein in Amerika lebendes Mitglied meiner Familie in große Schwierigkeiten geraten ist.
Dies bedeutet, daß ich heute nach New York abreise, um nach dem Rechten zu sehen und zu helfen.
Ich bedaure sehr, daß keine Zeit mehr für einen Besuch bleibt, um von Dir Abschied zu nehmen und mir Gute Reise wünschen zu lassen. Eine weitere Enttäuschung bedeutet es für mich, daß ich meine Partys in Derby und Ascot absagen muß.
Mit besten Wünschen
Selby.
»Ausgezeichnet!« lautete Roberts Kommentar. »Besonders raffiniert erscheint es mir, daß du unausgesprochen läßt, ob das Mitglied deiner Familie männlichen oder weiblichen Geschlechts ist.«
»Was Dolly vermuten wird, weiß ich«, erwiderte Lord Harleston, »aber sie wird es nicht beweisen können.«