Die Entdeckung Alaskas mit Kapitän Bering. Georg Wilhelm Steller

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Die Entdeckung Alaskas mit Kapitän Bering - Georg Wilhelm  Steller Edition Erdmann

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Schreibpapier sowie dreihundertsechzig Pinsel für die Maler mit.

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       Karte des französischen Astronomen und Geographen Delisle, die Bering auf seiner Reise 1741 vermutlich dabeihatte

      Wie bereits auf der »Ersten Kamtschatka-Expedition« mussten auch auf der »Großen Nordischen Expedition« gewaltige Entfernungen bewältigt und große logistische Probleme gemeistert werden. Während der ersten Reise war der Transport des zum Bau des Expeditionsschiffs »St. Gabriel« notwendigen Materials das Hauptproblem gewesen: »Schiffsanker, Takelage und Ketten waren anderthalbtausend Meilen durch Sibirien geschleppt worden, und das Tauwerk, das jeder Unbill der Witterung ausgesetzt gewesen war, war stark mitgenommen … Vitus Bering musste einer Spur folgen, die durch keine gebahnten Wege gekennzeichnet war, sondern über reißende Flüsse und unwegsame Schluchten, über wegsperrende Felsen und steinige Hochflächen führte. Bering und seine Männer sollten sich einen Weg bahnen, indem sie je nach den Umständen zu Fuß marschierten, ritten, im Hundeschlitten fuhren, auf behelfsmäßigen Flößen über tosende Flussläufe setzten oder in selbstgebauten Booten stromaufwärts segelten. In den langen, dunklen Wintermonaten mussten sie sich nachts in mannshohe Schneewehen eingraben oder, wenn es sich um längeren Aufenthalt handelte, Bäume fällen und Hütten bauen« (Petersen).

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       Bildnis Fedor M. Apraksins, Präsident des Admiralitätskollegiums

      Während der zweiten Expedition wuchsen wegen der Größe der Teilnehmerschaft die Logistik- und Transportprobleme noch an: »Tief in den Sümpfen, Steppen und wilden Schluchten Sibiriens konnte das Menschen-material, das verlorenging, nicht ersetzt werden. Hier, weit entfernt von der Zivilisation, war alles unbezahlbar – die festgestampften Mehlvorräte in den Ledersäcken, das Baumaterial für die Schiffe … Es waren gefahrvolle Wege, die Vitus Berings Heer beschritt, wenn man auch nicht gerade viel von Wilden oder Wölfen zu befürchten hatte. Aber auf gewissen Strecken – z. B. von Jakutsk nach Ochotsk – konnte die Temperatur zur Winterzeit bis auf minus fünfzig Grad sinken. Und in dem beißenden Frost musste man oft nachts unter freiem Himmel kampieren … Von besonderen Delikatessen war keine Rede: Getrocknete Erbsen und Salzfleisch bildeten neben Mehl die einzigen Gerichte, die der Speisezettel aufwies – Tag für Tag« (Petersen).

      Der Reisehistoriker Hanno Beck hat denn auch die Bewältigung all dieser Probleme durch Bering entsprechend gewürdigt: »Keine Expedition war bis dahin von einem vergleichbaren Transportproblem bedroht worden wie die beiden Unternehmungen Berings; selbst die Schwierigkeiten späterer Polarreisen lassen sich – wenn überhaupt – nur annähernd mit diesen vergleichen … Reisegeschichtlich ist diese ›Große Nordische Expedition‹ bis dahin das größte explorative Unternehmen der Geschichte gewesen.«

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       Faksimile der Paragraphen 3 und 4 der Order Zar Peters des Großen vom 23. Dezember 1724 für Berings erste Expedition

      Doch hatte Bering auch noch andere Probleme zu meistern. Immer wieder musste er sich auf seiner Reise mit unfähigen, unwilligen und korrupten russischen Beamten auseinandersetzen, die ihm und seinen Reisegefährten das Leben schwer machten oder gar Intrigen gegen ihn einfädelten. Doch auch in seinen eigenen Reihen musste sich Bering gegen missgünstige und illoyale Untergebene und Mitarbeiter wappnen. Der wissenschaftliche Begleiterstab, dem gegenüber er keine Befehlsgewalt hatte, wirkte, namentlich durch den Professor der Sternenkunde, Delisle de la Croyère, einen Bruder des Kartographen Joseph Nicolas Delisle, oftmals als eine die Handlungsfähigkeit Berings lähmende Kontrollinstanz.

      Hauptziele der »Großen Nordischen Expedition« waren »die Vermessung und Kartierung der russischen Nordmeerküste von Archangelsk bis Ostsibirien, die wissenschaftliche Erforschung und die Kartierung des nordpazifischen Raumes zwischen Kamtschatka, Nordamerika und Japan und die Erkundung von Handelsmöglichkeiten mit Amerika und Japan. Gleichzeitig betrieben Mitglieder der Akademie der Wissenschaften in Sibirien, Transbaikalien und auf Kamtschatka naturwissenschaftliche, ethnographische und historische Studien« (Scheidegger).

      Bering und Tschirikow hatten den Auftrag, in Ochotsk oder auf Kamtschatka Schiffe zu bauen und dann auf zwei Schiffen an die Küste Amerikas zu segeln, um festzustellen, »was für Völker dort wohnen, wie diese Gegenden genannt werden und ob es wirklich die amerikanische Küste sei«. Spangberg erhielt die Anweisung, mit drei Schiffen die Kurileninseln zu erforschen, nach Japan zu fahren und dort freundschaftliche Beziehungen mit den Japanern anzuknüpfen. Verschiedene Teilexpeditionen sollten darüber hinaus in mehreren Abschnitten eine genaue Untersuchung der sibirischen Eismeerküste vornehmen. Die wichtigsten wissenschaftlichen Teilnehmer der »Großen Nordischen Expedition« waren die Deutschen Gerhard Friedrich Müller, Johann Georg Gmelin und Georg Wilhelm Steller, der Franzose Delisle de la Croyère und der Russe Krascheninnikow. »Reisegeschichtlich« – so lässt sich mit Hanno Beck festhalten – »haben die einzelnen Abteilungen, die aber doch einer einzigen Expedition angehörten, erstmals Teamwork verwirklicht.«

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       Ausschnitt der Karte der »Ersten Kamtschatka-Expedition«

      Als wichtigste Ergebnisse hatte die Expedition zu verzeichnen: die Entdeckung Nordwestamerikas (Alaskas) durch Bering und Tschirikow, die Erforschung der Kurilen und die Herstellung der Verbindung zu Japan durch Spangberg, die genaue Beschreibung der Nordküste Sibiriens und die historische, ethnographische und naturwissenschaftliche Erforschung Kamtschatkas durch Krascheninnikow und Steller sowie anderer Regionen Sibiriens durch Müller und Gmelin.

      Bering konnte sein Lebenswerk nicht mehr vollenden. Er starb im Jahre 1741 während der Rückreise von Amerika auf der später so genannten »Beringinsel«. Sein Schicksal entbehrt nicht einer gewissen Tragik: »Er hatte seine Energie verbraucht, indem er das alles voraussetzende Transportproblem zwar in jahrelanger Arbeit gelöst und die Schiffe am fernsten Gestade des Russischen Reichs gebaut hatte … Bering hatte etwas Großes geleistet, noch ehe die eigentliche Aufgabe für ihn begann, der er kaum noch gewachsen war« (Beck).

      Immer wieder – zu seinen Lebzeiten wie nach seinem Tod – wurden Berings Leistungen in Zweifel gezogen oder schlicht vergessen; auch warf man ihm Führungsschwäche oder gar Unfähigkeit vor. Selbst Steller hebt diesen Schwachpunkt der Persönlichkeit Berings bei aller sonstigen Würdigung hervor: »Die einzige Schuld, die man dem wackeren Manne beimessen kann, ist, dass er durch eine allzu gelinde Kommandoführung ebenso viel geschadet hat wie seine Untergebenen durch allzu feuriges und oft unbesonnenes Verhalten.« Doch Petersen, ein dänischer Biograph Berings, wendet diesen Vorwurf gegen jene, die ihn vorbringen: »Seine Gegner haben ihm Weichheit vorgeworfen … Aber der Vorwurf der Weichheit gegen Bering ist nur ein Beweis der oberflächlichen Urteilskraft bei denen, die diesen Vorwurf erheben. Sein Wesen war … von einer organischen Geschmeidigkeit und einer geduldigen Unermüdlichkeit geprägt, die es ihm ermöglichten, den stärksten Widerstand zu überwinden.«

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       Ausschnitt der Karte der »Ersten Kamtschatka-Expedition«

      Doch Kurt Lütgen zufolge war Bering »nun einmal nicht dazu geschaffen, sich durch Erfolg oder zwingende Persönlichkeit dem Gedächtnis von Völkern einzuprägen wie etwa Columbus, Cook oder Alexander von Humboldt. Da menschliche Größe sich unter anderem aber auch darin ausdrückt, wie tief und lange jemand auszuharren und zu leiden vermag um einer Sache oder eines Zieles willen … darf man Vitus Bering getrost zu den Großen der Menschheit zählen.«

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