Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Es wurde Miriam leicht gemacht sich heimisch zu fühlen. Wie lange war es her, dass dies so gewesen war? Nur flüchtig dachte sie an eine kahle Zelle, in der sie das Fazit eines ruhelosen Lebens gezogen hatte, und einmal war sie doch mit aller Leidenschaft Ärztin geworden, aber es war, als wäre es in einem anderen Leben gewesen.
Tante Hanne verbreitete Gemütlichkeit und Ruhe, Carry ließ sich von ihr verwöhnen und aß mit großem Appetit die frischen Brötchen.
»Sie sollen sich bei uns nicht angebunden fühlen, Frau Dr. Perez«, sagte Jonas.
»Sag Miriam, Papi, Tante Hanne tut es doch auch«, warf Carry ein.
»Mir wäre eine weniger formelle Anrede auch lieber«, sagte Miriam rasch, denn jedes Mal gab es ihr einen Stich wenn sie mit diesem Titel angesprochen wurde.
»Ich habe nichts dagegen«, sagte Jonas, »aber dann müssen Sie mich auch weniger förmlich anreden.«
»Nachher wird mit einem Glas Sekt darauf angestoßen«, sagte Tante Hanne munter. »So gefällt es mir, Kinder. Bei uns auf dem Lande haben wir nicht solche Umstände gemacht.«
»Tante Hannes Mann war Gutsbesitzer«, sagte Carry erklärend.
»Bauer, ein richtiger Bauer war er, aber ein guter, und er hatte ein Herz wie Butter. Übrigens heiße ich auch Bauer, damit es gesagt sei, aber wir bleiben bei Tante Hanne.«
Miriams Gedanken wanderten. Schlicht und natürlich war auch Tante Hanne, obwohl sie gewiss eine gebildete Frau war mit einer angeborenen Vornehmheit und Herzensgüte. Auch Jonas Henneke, mochte er sein, was er wollte, denn über seinen Beruf hatte Miriam ja noch nichts erfahren, hatte diese schlichte Natürlichkeit in seinem Wesen. Wie hatte sich das wohl mit der vornehmen Familie, aus der seine Frau gekommen war, vertragen? Vertragen können, musste sie in Gedanken hinzufügen.
Schließlich musste diese Familie überaus einflussreich gewesen sein, wenn sie verhindern konnte, dass das Kind nach dem Tode der Mutter zum Vater kam.
Miriam wagte nicht, Jonas eingehender zu betrachten, aber der erste Eindruck war imponierend genug gewesen. Er hatte einen Charakterkopf und auch jetzt, wohl der Mitte der vierziger Jahre nahe, ein blendend aussehender Mann.
Nein, nicht im eigentlichen Sinne blendend, berichtigte sich Miriam selbst, denn hinter blendendem Aussehen stand oftmals gar nichts. Jonas hatte ein ungeheuer ausdrucksvolles Gesicht, da ihm nun die Angst nicht mehr in den Augen stand und auf die Stirn geschrieben war.
»Benutzen Sie das Telefon, so oft Sie wollen, Miriam«, sagte er jetzt. »Aber machen Sie uns die Freude und lassen sich nicht von Ihren Freunden überreden, von uns weg zu ihnen zu ziehen. Carry wäre sehr traurig.«
»Du darfst es mir nicht antun, Miriam«, sagte Carry. »Oh, wenn du mich doch operieren könntest, es wäre wunderbar.«
Miriam fiel fast die Tasse aus der Hand. Ihr Herzschlag setzte momentan aus.
»Ich würde überhaupt keine Angst haben«, sagte Carry lächelnd.
»Es ist unmöglich, Carry, aber du brauchst keine Angst zu haben. Wir werden den allerbesten Arzt für dich finden, und du wirst ganz schnell ganz gesund werden.«
»Wie kommt das eigentlich, wenn man so ein Loch hat?«, fragte Carry.
Jonas’ Miene verdüsterte sich. Miriam sah es. »Es ist öfter der Fall, als man meint«, sagte sie rasch. »In dieser Hinsicht ist der Fortschritt in der Medizin so groß, dass solche Operationen tagtäglich, ich weiß nicht wie oft, in aller Welt ausgeführt werden. Ich werde Dr. Norden fragen, wen er für den besten Herzspezialisten hält.«
Das sagte sie sehr bestimmt. Jonas warf ihr einen langen, forschenden Blick zu.
»Hattest du nicht schon mit einem gesprochen, Papi?«, fragte Carry.
»Ja, das schon, aber ich verlasse mich auf Miriam«, erwiderte Jonas.
»Das ist mir auch lieber«, meinte Carry.
»Mir auch«, sagte Tante Hanne. »Von Ferndiagnosen halte ich schon gar nichts und vor allem nicht, wenn das Honorar schon vorher festgesetzt wird.«
Dafür erntete sie einen vorwurfsvollen Blick von Jonas.
»Ist denn so eine Operation sehr teuer?«, fragte Carry.
»Nicht der Rede wert«, erklärte Jonas rasch. »Ich mag Geld als Gesprächsthema überhaupt nicht. Reich mir doch bitte mal den Schinken, Tante Hanne.«
Miriam kam ihr zuvor. Unabsichtlich berührten sich ihre Hände, und fast war es so, als wolle Jonas Miriams Hand festhalten. Hilfeheischend war sein Blick, und sie wusste ihn zu deuten, denn sie wusste, was eine Operation bei Benten ungefähr kosten würde, wenn er schon selbst eine ausführte.
Ja, sie kannte Benten. Er hatte sich einmal intensiv um sie bemüht, aber sie hatte ihn nicht gemocht, obgleich sie sich jetzt sagen musste, dass er ihr nicht einmal so viel Unglück gebracht hätte wie ein anderer, der jetzt tot war und der auch ihren Tod gewünscht hatte.
»Fahr zur Hölle, Miriam«, tönte es in ihren Ohren, und ohne dass sie es spürte, wich alles Blut aus ihrem Gesicht. Aber da war ja noch die Bräune südlicher Sonne, die dies täuschend verdeckte, und doch hatte sie das Gefühl, dass Jonas es bemerkte.
»Greifen Sie zu, Miriam«, sagte er. »Es scheint so, als hätte nicht nur unsere Carry Untergewicht.«
»Und Miriam ist viel größer als ich«, sagte Carry. »Du bist wahnsinnig schlank. Findest du das nicht auch, Tante Hanne?«
»Viel zu dünn, aber wir werden sie schon aufpäppeln. Was kriegt man da auch schon zu essen, bei den Halbwilden.«
»Na, na, na«, sagte Jonas. »Libanon ist ein reiches Land. Haben Sie unter guten Bedingungen gearbeitet, Miriam?«
»Nein, das könnte ich nicht sagen.« Sie biss schnell in ihr Brötchen, um nicht mehr sagen zu müssen, und wie es schien, verstand Jonas sie auch ohne Worte. Er redete von etwas anderem, nämlich von seinen freien Tagen, die er sich genommen hatte und davon, dass er ihnen da ein bisschen die Umgebung zeigen wollte.
»Wenn es sich aufklärt«, sagte Tante Hanne, »sonst lohnt es sich ja nicht. Bei Nebel sieht alles grau in grau aus, und außerdem ist die Fahrerei gefährlich. Miriam wird sich auch gern mit ihren alten Freunden in Verbindung setzen wollen.«
Miriam warf ihr einen dankbaren Blick zu. »Ja, das möchte ich gern. Ich bitte um Verständnis dafür.«
»Das ist selbstverständlich«, sagte Jonas.
Jetzt ging es Miriam nicht mehr um sich selbst, sondern viel mehr um Carry, denn sie wusste sehr gut, dass eine solche Operation, der sich Carry unterziehen musste, möglichst im Kindesalter stattfinden sollte, bevor das Wachstum beendet war. So waren die Chancen für eine völlige Gesundung viel größer.
Aber nicht Benten, dachte sie wieder. Nein, er nicht. Es ging nicht allein darum, dass sie an seinem Können zweifelte.