Karin Bucha Staffel 4 – Liebesroman. Karin Bucha
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Karin Bucha Staffel 4 – Liebesroman - Karin Bucha страница 6
»Mutter! Wie kannst du mir so etwas zumuten? Schon lange wehre ich mich gegen zwecklose Überlegungen, die sich mir immer wieder aufdrängen. – Nun hast du alles wieder in mir erweckt! – Zwar weiß ich, daß jedes Gericht meine Ehe mit Maria sofort scheiden würde. Doch ich will das nicht! Unlöslich fühle ich mich mit ihr verbunden – durch meine nie verlöschende Liebe!«
Frau Hanna hat den ersten Schrecken schnell überwunden. Selbst eine wilde Erregung fürchtet sie nicht mehr. Sie lächelt nur verständnisinnig. »Es gibt aber eine Vernunft, Bernd, die auch echter Liebe noch genügend Raum läßt.«
»Was soll ich dieser Vernunft noch alles opfern?« begehrt er leidenschaftlich auf.
»Wer spricht von opfern, Bernd? Es gibt zweierlei Art Menschen«, fährt Frau Hanna sofort fort, und ihre Stimme hat etwas Beruhigendes, Wohltuendes; es ist wie das Streicheln linder, zarter Frauenhände. Fast gegen seinen Willen wird Bernd gezwungen, ihr zu lauschen. »Du bist nicht die Natur, die immer nur zuerst an sich und das eigene Glück denkt; denn du kannst erst dann restlos glücklich sein, wenn die Menschen, die dir lieb und wert sind, es auch sein können. Trotz alledem – du wirst dich zu einem zweiten Glück durchkämpfen müssen!«
»Ohne Maria gibt es für mich kein Glück!« stößt Bernd leidenschaftlich hervor.
»Aber Maria ist dir nun einmal genommen!« wirft sie mit schmerzlich zuckendem Munde ein.
»Mutter, du quälst mich!«
Bernd erhebt sich. Er geht ein paarmal hin und her und bleibt dann am geöffneten Fenster stehen.
Hoch über ihm glitzert und gleißt es. Millionen Sterne stehen und leuchten am nächtlichen Himmel. Die Welt ist schön! geht es ihm durch den Sinn. – Ja, sie ist schön! Doch nicht für ihn!
Seit dieser Aussprache zur nächtlichen Stunde ist Bernd von auffallender Zurückhaltung gegen Charlotte.
Er ist ein guter und gründlicher Lehrmeister und Charlotte eine eifrige Schülerin. Mit viel Geschick und Gewandtheit lebt sie sich in ihren neuen Pflichtenkreis ein, und Bernd kann ihr seine ehrliche Bewunderung nicht versagen. Mit der Besprechung des Geschäftlichen ist jedoch ihr Gesprächsstoff erschöpft, sehr zum Leid Charlottes.
Sie hat sich eine gut Kameradschaft vorgestellt – und nun sieht sie, wie Bernd sich immer weiter von ihr entfernt. Sie besprechen des Morgens gemeinsam die eingegangene Post. So lernt Charlotte am besten Art und Gang der Geschäfte kennen. Dann nimmt sie regelmäßig das für sie bestimmte Aktenbündel unter den Arm und sucht ihr Arbeitszimmer auf, das dem Bernds gegenüberliegt.
Um über all das Neue, über das Grübeln hinwegzukommen und zu vergessen, stürzt sie sich mit wahrem Feuereifer in ihre Arbeit.
»Sie nehmen es mit Ihren Pflichten viel zu ernst«, sagt sie einmal zu Charlotte.
»Pflichten kann man nie ernst genug nehmen«, widerspricht diese sofort. »Sie vergessen, daß jetzt die Hälfte der Verantwortung auf meinen Schultern ruht, liebe Delian.«
»Schön, das wollte ich gelten lassen, wenn ich wüßte, daß Sie restlos glücklich dabei sind, Charlotte.« Dabei forschen die Augen der alten Dame in ihrem jungen, ernsten Gesicht.
Charlotte sieht träumend vor sich hin.
»Restlos glückliche Menschen findet man selten, meine liebe Delian, und das ist gut so. Eine kleine Sehnsucht muß man in sich tragen, sonst verliert das Dasein seinen Reiz.«
*
Einige Wochen sind vergangen. Bernd und Charlotte haben den Posteingang und die zu ergreifenden Maßnahmen besprochen, als er sich plötzlich an seine Mitarbeiterin wendet: »Ich muß für ein paar Tage verreisen, Charlotte.«
»Gibt es noch etwas zu besprechen?« fragt sie.
»Ich glaube nicht.« Er rafft sich zusammen. »Doch – danken möchte ich Ihnen noch einmal, Charlotte, weil –«
»Wofür danken?« unterbricht sie ihn erstaunt.
»Für – für Ihre selbstlose Güte.« Er stockt, ist zum ersten Male ihren klaren tiefblauen Augen gegenüber verlegen. »Ich wollte Sie noch um eines bitten«, lenkt er schnell ab, da er einen abweisenden Zug um ihren schönen Mund bemerkt.
»Bitte, sprechen Sie, Bernd«, ermuntert sie ihn. Ihre Blicke schweifen ab und heften sich abwartend auf die vor ihr liegenden Akten. Sie will Gelassenheit vortäuschen, während das unruhige Spiel ihrer Hände ihre innere Unruhe verrät.
Lächelnd beobachtet er ihre Verlegenheit. »Ich möchte Sie bitten, Ihre Besuche in meinem Hause wieder aufzunehmen, meine Mutter vermißt Sie schmerzlich.«
Sekundenlang schließt Charlotte die Augen. Sie glaubt nicht, sich genügend beherrschen zu können. Mit wie großer Freude erfüllt sie seine Bitte!
Bernd wartet geduldig auf ihre Antwort. Als diese jedoch ausbleibt, dreht er sie zu sich herum und sieht – ihre Augen schwimmen in Tränen. »Charlotte!« ruft er entsetzt. »Habe ich Ihnen Anlaß zum Weinen gegeben?«
Sie senkt den Kopf, um ihre Tränen vor ihm zu verbergen, und in Ermangelung eines Taschentuches fährt sie sich rasch mit dem Handrücken über die Augen. Es ist eine verlegene, hilflose Bewegung, die ihn seltsam berührt.
Dann kommt ihm mit einem Male die Erkenntnis. »Sie haben unter meiner Härte gelitten, Charlotte?« fragt er weich.
Das junge Mädchen schüttelt verneinend den Kopf.
»So wenig habe ich es verstanden, mir Ihr Vertrauen zu erwerben?« fragt Bernd eindringlich weiter.
»Vertrauen?« Sie hebt den Blick zu ihm auf. Wie Perlen glänzen die Tränen an den dunklen Wimpern. –
»Mein Vertrauen genießen Sie nach wie vor, Bernd. Ich wollte Ihnen nur nicht lästig fallen. Ich leide nur darunter, daß Ihnen meine Freundschaft so gleichgültig ist.«
Ohne Absicht liegt ein gewisser Vorwurf in ihren Worten, von dem Bernd sich schwer getroffen fühlt. Und daß er sich nicht davon befreien kann, bedrückt ihn.
»Das dürfen Sie nie wieder sagen, Charlotte«, antwortet er traurig, den Arm noch fester um ihre Schultern legend. »Ich schätze Ihre Freundschaft sehr hoch ein. Was mich die ganze Zeit beinahe elend gemacht hat, kann ich Ihnen im Augenblick nicht verraten; doch einmal werden Sie es erfahren. Wollen Sie mit mir undankbarem Menschen also noch ein wenig Geduld haben?«
Charlotte ist vor Glück die Kehle wie zugeschnürt. Sie vermag nur zu nicken.
»Werden Sie während meiner Abwesenheit zu meiner Mutter – und – zu den Kindern gehen?« fragt er in ungewöhnlich sanftem, bittendem Ton. »Sie werden dort sehnsüchtig erwartet.«
Da bricht aus ihren Augen ein warmer Strahl. »Ja, ich will. Wenn Sie wüßten, wie sehr ich auf diese Einladung gewartet habe –« Charlotte hält inne, denn sie fühlt, daß sie ihm mit solchen Worten nur weh tut.
»Sie halten mich wirklich nicht für undankbar?« forscht er.
Charlotte glaubt etwas wie Bangen aus seinen Worten herauszuhören. Sie lächelt weich und nachgiebig. »Nein, wirklich nicht, Bernd.«