Gesammelte Romane und Erzählungen von Robert Louis Stevenson. Robert Louis Stevenson

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Gesammelte Romane und Erzählungen von Robert Louis Stevenson - Robert Louis Stevenson

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der den Schwarzen Hund kannte.«

      »Schön, und hört mal zu,« sagte der Schiffskoch: »Ich will noch was dazu sagen, beim Donner! Dieser selbe Junge war es, der Billy Bones die Karte klaute. Kurz und gut, wir haben mit Jim Hawkins ein Huhn zu rupfen!«

      »Denn man los!« sagte Morgan mit einem Fluch. Und er sprang auf und zog sein Messer, so flink wie ein junger Bursche von zwanzig.

      »Weg da!« rief Silver. »Wer bist du, Tom Morgan? Vielleicht dachtest du, du wärst Käpp’n hier, vielleicht! Beim Deuker, das will ich dir beibringen! Komm mir in die Quere, und du gehst dahin, wo mancher gute Mann vor dir hingegangen ist in diesen letzten dreißig Jahren – einige an die Rahnocke, hol’ dich der Kuckuck! Und einige über die Laufplanke und alle in die Tiefe, die Fische zu füttern. Da war noch nie ein Mensch auf der Welt, der mir zwischen die Augen gesehen hat und hinterher noch einen guten Tag sah, Tom Morgan – und darauf kannst du Gift nehmen!«

      Morgan blieb stehen; aber die anderen erhoben ein heiseres Murren.

      »Tom hat recht,« sagte einer.

      »Ich habe mich lange genug schurigeln lassen,« rief ein anderer, »und ich will mich hängen lassen, wenn ich mich von dir schurigeln lasse, John Silver!«

      »Will einer von euch Herren was von mir?« brüllte Silver, indem er sich weit vornüber beugte, die brennende Pfeife in der rechten Hand. »Sagt geradeheraus, was ihr wollt! Ihr seid ja nicht stumm, denk ich; wer was braucht, kann es kriegen! Hab’ ich so viele Jahre gelebt, und so ein Schafsgesicht soll mir zuletzt über den Weg laufen? Ihr wißt Bescheid; ihr seid alle Glücksgentlemen. Nun, ich bin bereit! Wer den Mut hat, soll einen Säbel in die Hand nehmen, und ich will, trotz Krücke und allem, die Farbe seiner Eingeweide sehen, bevor ich diese Pfeife ausgeraucht habe!«

      Kein Mensch rührte sich; kein Mensch antwortete.

      »Aha! Also solche Bande seid ihr?« fuhr er fort und steckte seine Pfeife wieder in den Mund. »Na, ihr seid eine nette Gesellschaft, das muß ich sagen! Zum Fechten taugt ihr nicht viel! Aber vielleicht versteht ihr ein Wort, wenn ich’s deutlich ausspreche: ich bin euer Käpp’n, weil ihr mich erwählt habt. Ich bin hier Käpp’n, weil ich bei weitem der beste Mann bin. Ihr wollt nicht fechten, wie Glücksgentlemen tun sollten; dann, beim Donner, sollt ihr gehorchen – und darauf könnt ihr Gift nehmen! Mir gefällt der Junge; ich habe nie einen besseren Jungen gesehen als Jim Hawkins hier. Er ist mehr Mann als ein paar von euch Ratten hier in diesem Hause, und was ich sage, ist dies: den will ich sehen, der ihn anrührt – das sage ich euch, und darauf könnt ihr Gift nehmen!«

      Hierauf entstand eine lange Pause. Ich stand hochaufgerichtet an der Wand; mein Herz klopfte noch wie ein Schmiedehammer, aber in meine Brust schien jetzt ein Hoffnungsstrahl. Silver lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand zurück, seine Pfeife in dem einen Mundwinkel, so ruhig, wie wenn er in der Kirche gewesen wäre. Aber ich bemerkte wohl, wie seine Augen verstohlen in dem Raum herumwanderten und wie er seine unruhige Gefolgschaft beobachtete.

      Die anderen Piraten traten nach und nach am anderen Ende des Blockhauses zusammen, und mein Ohr vernahm, wie sie unablässig miteinander flüsterten. Einer nach dem anderen sah sich um, und der rote Schein der Fackel fiel für eine Sekunde auf seine gespannten Gesichtszüge; aber nicht auf mich kehrten sich ihre Blicke, sondern auf Silver.

      »Ihr habt, scheint’s eine Masse zu sagen;« bemerkte Silver, indem er in hohem Bogen ausspuckte. »Man los, und laßt mich’s hören, oder legt das Schiff bei!«

      »Bitte um Verzeihung, Herr!« antwortete einer von den Leuten; »Ihr geht ziemlich nach Eurem Belieben mit einigen von den Regeln um; vielleicht werdet Ihr so gut sein, die übrigen im Auge zu behalten. Diese Mannschaft ist nicht zufrieden; diese Mannschaft will vom Anschnauzen nichts wissen; diese Mannschaft hat ihre Rechte wie andere Mannschaften. Das wollte ich mir nur erlauben, zu bemerken. Und nach Euren eigenen Regeln bin ich der Meinung, daß wir miteinander sprechen dürfen. Bitte Euch um Verzeihung, Herr, indem daß ich Euch als Käpp’n für die gegenwärtige Zeit anerkenne; aber ich verlange mein Recht und geh hinaus zu einer Beratung.«

      Und mit einer kunstvollen Matrosenverbeugung samt Kratzfuß trat der Mann, ein langer, übel aussehender, gelbäugiger Bursche von fünfunddreißig Jahren, an die Tür heran und verschwand aus dem Hause. Einer nach dem anderen folgten die übrigen seinem Beispiel, jeder mit einer Matrosenverbeugung, als er an Silver vorüberkam; jeder mit einer Entschuldigung: »Regelgemäß,« sagte einer von ihnen. »Vorderschiffsberatung,« sagte Morgan. Und so marschierten sie alle mit dieser oder jener Bemerkung hinaus und ließen Silver und mich mit der Fackel allein.

      Der Schiffskoch nahm sofort seine Pfeife aus dem Mund und sagte in einem Flüstertone, der gerade nur noch eben hörbar war:

      »Nun, sieh mal her, Jim Hawkins! Du bist einen halben Fuß breit vom Tode entfernt, und, was noch viel schlimmer ist, von Folterung. Sie werden mich absetzen, aber merke dir: ich halte zu dir durch dick und dünn. Ich wollte das eigentlich nicht; nein, erst als du deine Rede hieltest, da kam ich auf andere Gedanken. Ich war beinah verzweifelt, all das schöne Geld zu verlieren und obendrein noch an den Galgen zu kommen! Aber ich sag’, du bist von der rechten Sorte. Ich sagte zu mir selber: du stehst Hawkins bei, John, und Hawkins wird dir beistehen. Du bist sein letzter Trumpf, und beim Donner, John, er ist deiner jetzt! Rücken gegen Rücken, sag’ ich! Rette du deinen Zeugen, und er wird dir deinen Hals retten – so sag’ ich dir!«

      Mir stieg eine Ahnung auf, und ich fragte: »Ihr meint, für Euch ist alles verloren?«

      »Ei jawoll, beim Kuckuck, das mein’ ich! Schiff verloren, Kragen verloren – so steht die Sache! Als ich über die Bucht guckte, Jim Hawkins, und keinen Schoner mehr sah, na, ich bin ein zäher Kerl, aber da war’s alle. Die Kerle da draußen mit ihrer Beratung, glaube mir, – das sind lauter Schafsköpfe und Feiglinge. Ich will dich vor ihnen retten, wenn es in meiner Macht steht. Aber, hörst du, Jim – Wurst wider Wurst – du rettest dafür Long John, daß er nicht an den Galgen kommt!«

      Ich war ganz verdutzt; was er von mir verlangte, schien völlig aussichtslos zu sein – er, der alte Pirat, der Rädelsführer bei dem ganzen Komplott. Aber ich sagte:

      »Was ich tun kann, will ich tun!«

      »Abgemacht!« rief Long John. »Sprich nur frei von der Leber weg, und beim Donner, ich habe eine Aussicht!«

      Er humpelte an die Fackel heran, die in den Brennholzhaufen gesteckt war, und zündete sich eine frische Pfeife an. Dann setzte er sich wieder auf das Branntweinfaß und sagte:

      »Versteh mich, Jim! Ich habe doch einen Kopf zwischen den Schultern! Ich bin jetzt auf des Squires Seite. Ich weiß, du hast das Schiff irgendwohin in Sicherheit gebracht. Wie du das gemacht hast, weiß ich nicht – aber in Sicherheit ist es. Ich denke mir, Hands und O’Brien sind umgefallen. Ich habe zu keinem von den beiden jemals viel Vertrauen gehabt. Nun hör’ auf mich: ich stelle keine Fragen und lasse auch andere keine stellen. Ich weiß, wenn eine Sache verspielt ist, und wenn ich einen Jungen sehe wie dich, so weiß ich auch, daß er Schneid hat. Ah, du, der du so jung bist – du und ich, was hätten wir beide miteinander nicht alles aufstellen können?« Er zapfte etwas Branntwein aus dem Faß in ein Zinnkännchen und fragte mich:

      »Willst du einen Schluck?«

      Und als ich den Branntwein ablehnte, sagte er:

      »Na, ich will selber einen kippen, Jim. Ich muß mich etwas kalfatern; denn es ist Trubel in Sicht. Und da wir von Trubel sprechen – warum gab der Doktor mir die Karte, Jim?«

      Auf

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