Deine Liebe ist ein Juwel. Barbara Cartland
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»Isaacs wollte es verkaufen, daher die Lobeshymnen«, bemerkte der Marquis spöttisch. »Isaacs war es auch, der Euch den Lochner brachte!«
»Ja, natürlich«, erwiderte der Prinz. »Das ist mir klar.«
»Ich frage mich nun«, sagte der Marquis nachdenklich, »ob wir nicht doch einer Fälschung aufgesessen sind.«
»Wenn das der Fall wäre, dann müßte der Maler auf seine Weise ein Genie sein«, gab der Prinz zu bedenken. »Schau dir den Faltenwurf des Gewandes, den Teint des Jesuskindes an! Das ist genau im Stil Van Dykes gemalt.«
Die Aufmerksamkeit des Marquis galt mehr dem Lochner und er stellte außer der Madonnenfigur weitere Ähnlichkeiten zwischen beiden Bildern fest, die einem weniger kritischen Betrachter entgangen wären. Das Gewand der »Heiligen Jungfrau im Lilienhain« war völlig anders als das der Van Dyke-Madonna, und doch sah der Kennerblick des Marquis gewisse Ähnlichkeiten in der Pinselführung der beiden Bilder. Er betrachtete beide Gemälde noch eine Weile sehr eingehend, und sein Instinkt sagte ihm, daß irgendetwas an den beiden Bildern verdächtig war.
Er spürte, daß der Prinz auf eine Äußerung von ihm wartete, und so bemerkte er schließlich seufzend: »Merkwürdig, höchst merkwürdig, aber im Augenblick kann ich keine Erklärung dafür finden. Ich sage Euch, was ich tun werde, Sire: Ich versuche, von Isaacs mehr über die Herkunft der Bilder zu erfahren.«
»Eine großartige Idee!«
»Habt Ihr ihm schon viel abgekauft?«
»Nur den Lochner«, erwiderte der Prinz. »Er bot mir drei, vier Portraits an, die nichts Besonderes waren, so daß ich es für überflüssig hielt, sie dir zu zeigen. Und dann waren wir beide, wie du dich erinnerst, Feuer und Flamme für den Lochner. Ich habe mehr dafür bezahlt, als ich mir leisten konnte, aber ich behaupte nach wie vor, daß er es wert war.«
»Ich ebenfalls«, pflichtete der Marquis ihm bei.
Ein Lächeln zuckte um seine Lippen, als er sich daran erinnerte, daß der Prinz zwar den Preis ausgehandelt, er selbst ihn aber bezahlt hatte.
»Laß mich mal überlegen«, sagte der Prinz und legte die Hand an die Stirn. »Im vergangenen Jahr brachte Isaacs mir einen El Greco, der zu verrottet war, um von Interesse für mich zu sein, und außerdem einen anderen Van Dyke, den ich ebenfalls ablehnte.«
»Daran erinnere ich mich. Sonst noch was?«
»Nein, ich glaube, das war alles, bis er heute hier mit seinem Van Dyke erschien.«
»Zweifellos ein wunderschönes Bild«, sagte der Marquis, »doch ich möchte Euch raten, Sire, die Ähnlichkeit mit dem Lochner nicht zu erwähnen, bis ich entsprechende Nachforschungen angestellt habe.«
»Ich überlasse alles dir, Virgo«, sagte der Prinz. »Du weißt, daß ich deinem Urteil blind vertraue.«
»Auf jeden Fall habt Ihr mein Interesse geweckt, Sire, und ich versichere Euch, daß ich sofort herauszufinden versuche, wo Isaacs die beiden Gemälde erworben hat. Im Nachhinein muß ich sagen, daß wir uns nicht mit seinen vagen Angaben über den Lochner hätten zufriedengeben dürfen.«
»Du hast recht! Du hast völlig recht!« pflichtete der Prinz ihm bei. Mit jungenhaftem Lächeln fügte er hinzu: »Wir waren wohl beide so entzückt davon, daß wir es um jeden Preis haben wollten, ohne viele Fragen zu stellen.«
»Mir kam damals der Verdacht, es könnte gestohlen sein«, gestand der Marquis.
»Mir ebenfalls!« rief der Prinz lebhaft aus.
»Nun, wenn Ihr mich jetzt entschuldigen würdet, Sire . . .«, begann der Marquis, wurde aber von dem Prinzen unterbrochen: »Du darfst mich jetzt nicht verlassen, Virgo. Ich möchte mich noch ausführlich mit dir über die Gemälde und viele andere Dinge unterhalten.«
Er war offensichtlich enttäuscht, weil der Marquis sich so rar bei ihm machte.
»Nichts wäre mir lieber, als Eure Einladung anzunehmen, Sire, wenn ich nur früher davon erfahren hätte. Ihr werdet jedoch verstehen, daß es höchst ungalant wäre, wenn ich meine Verabredung im letzten Moment absagte.«
Der Prinz lächelte.
»Es ist nicht schwer zu erraten, daß du mit einer charmanten Schönheit dinieren willst.« Er zwinkerte vielsagend mit den Augen. »Sei vorsichtig, Virgo! Du weißt, daß du mindestens einen ebenso schlechten Ruf genießt wie ich und wir uns keinen Skandal mehr leisten können.«
Der Marquis winkte lächelnd ab.
»Wir können doch tun, was wir wollen, Sire, es wird immer Leute geben, die über uns tratschen und die notfalls Dinge erfinden, falls die Tatsachen nicht ausreichen.« Er hob mit einer ausdrucksvollen Geste beide Hände und fügte hinzu: »Wenn man mich schon mit Worten an den Galgen bringt, dann möchte ich mir auch das Vergnügen des Verbrechens gönnen, dessen man mich bezichtigt.«
Der Prinz warf den Kopf in den Nacken und lachte schallend.
»Das ist gut, Virgo, und sehr beruhigend. Ich empfinde ebenso, also werden wir gemeinsam zum Galgen marschieren. Bleibt nur zu hoffen, daß es sich lohnt.«
»Das. nehme ich stark an, Sire«, erwiderte der Marquis, »aber man ist bekanntlich vor Enttäuschungen nie sicher.«
»Mein lieber Virgo«, sagte der Prinz mit gespieltem Ernst, »werde mir nur nicht zum Zyniker.«
»Bei Gemälden und Pferden gewiß nicht«, entgegnete der Marquis.
»Aber bei Frauen, wie? Gib die Hoffnung nicht auf. Vielleicht finden wir eines Tages die ,Heilige Jungfrau im Lilienhain‘ und stellen fest, daß sie genauso bezaubernd ist, wie Lochner sie gemalt hat.«
»Ich halte das zwar für höchst unwahrscheinlich, aber warum nicht weiter hoffen«, entgegnete der Marquis.
Wieder lachte der Prinz und verabschiedete den Marquis mit einer leutseligen Handbewegung.
Während der Marquis nun durch die St. James Street heimwärts fuhr, beschlich ihn leises Bedauern darüber, daß er die Einladung des Prinzen, mit ihm im Carlton House zu dinieren, abgelehnt hatte. Der Grund seines Bedauerns lag darin, daß ihm die grünen Katzenaugen der Lady Abbott plötzlich gar nicht mehr so verführerisch erschienen wie in den frühen Morgenstunden dieses Tages. Die Erinnerung an das aparte Gesicht der Lady wurde überschattet von der natürlichen Anmut der »Heiligen Jungfrau im Lilienhain«.
Ihre Augen blickten verträumt und versonnen in die Welt, und von ihrer Gestalt ging eine wunderbare Grazie aus. Ihr helles Haar wurde von einer mit Blumen geschmückten Krone gehalten, und in den oberen Ecken des Bildes blickten kleine Engel neugierig auf sie herunter. Das Gesicht der Heiligen Jungfrau ließ den Marquis nicht mehr los. Noch nie hatte auf irgendeinem Gemälde oder gar bei einem lebenden weiblichen Wesen ein rätselhafter Augenausdruck einen solchen Zauber auf ihn ausgeübt.
Ich wünschte, ich wäre ihr begegnet, dachte er versonnen. Doch während er das Gespann vom Piccadilly zum Berkeley Square lenkte, schalt er sich für seine törichten Gedanken.
Lady Abbott würde sich