Butler Parker 127 – Kriminalroman. Günter Dönges
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»Was soll denn das schon wieder heißen?«
»Erinnern Mylady sich an Mister Paul Maser?«
»Nie gehört, Mister Parker. Was ist mit diesem Mann?«
»Als ich seinerzeit für Mister Ränder arbeitete, Mylady, der jetzt in den Staaten weilt, hatte ich eine kleine Auseinandersetzung mit dem erwähnten Mister Maser.«
»Ein Gangster etwa?« Lady Agathas Stimme nahm einen sehr interessierten Klang an.
»In der Tat, Mylady, ein Gangster der unteren Klasse, ein Schläger und Messerstecher.«
»Das klingt nicht schlecht!« Agatha Simpson beugte sich vor. »Zufall oder Absicht?«
»Das, Mylady, würde ich gern herausfinden, wenn es gestattet ist.«
»Warum treibt ein Gangster sich in der Nähe des Flugplatzes herum, Mister Parker?« fragte die ältere Dame sofort. Ihre Phantasie heizte sich bereits leicht auf. Sie witterte einen neuen Kriminalfall. »Ob er etwas mit unserem Sonderfall zu tun hat?«
»In Sachen Spionage war Mister Paul Maser noch nie tätig, Mylady. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er sein Metier gewechselt hat. Zudem würden sich Spionageringe niemals solcher Männer bedienen.«
»Auch als bezahlte Killer nicht?« Lady Agatha kannte sich in den Praktiken der Unterwelt aus.
»Mit Sicherheit nicht, Mylady.« Parker wußte ebenfalls über die Praktiken der Spionagearbeit Bescheid. Natürlich waren Lady Simpson und er nicht zufällig hier in Ipswich und wollte Lady Agatha nicht aus Langweile Flugstunden nehmen.
Das Innenministerium hatte sich an Agatha Simpson und Josuah Parker mit der dringenden Bitte um Hilfe gewandt. Nach leider nur spärlichen Informationen eines weil vom Erdboden verschwundenen Mannes des britischen Geheimdienstes sollte sich ein ausländischer Agentenring im Flugclub eingenistet haben.
Nach dem Anhören dieser Bitte hatte Mylady sich sofort in Marsch gesetzt. Sie witterte selbstverständlich wieder mal den Stoff für ihren geplanten Kriminalbestseller, mit dem sie eine gewisse Agatha Christie in den Schatten stellen wollte. Parker war weniger optimistisch als Lady Simpson. Für ihn waren die spärlichen Hinweise noch zu mysteriös und zu mager. Es war von Flugzeugen gesprochen worden, doch im Grund nicht von diesem Club, den sie gerade besucht hatten. Es wäre jedoch sinnlos gewesen, sich gegen Myladys Pläne stemmen zu wollen. Selbstverständlich hatte er seinen Privatwagen aus der Garage geholt und die Reise vorbereitet.
»Um noch mal auf dieses Subjekt Maser zu kommen«, ließ die ältere Dame sich vernehmen. »Hat er Sie ebenfalls gesehen, Mister Parker?«
»Davon sollte man sicherheitshalber ausgehen, Mylady.«
»Glauben Sie, daß er etwas gegen uns unternehmen wird?«
»Man sollte sich darauf einrichten, Mylady.«
»Sehr schön, sehr nett.« Lady Simpson liebte aufregende Abenteuer. »Hoffentlich enttäuscht uns dieser Lümmel nicht. Falls aber doch, werden wir ihn leicht reizen und aus seiner Reserve locken.«
»Myladys Wunsch wird mir Befehl sein.« Parker bedauerte es fast schon, seine Herrin auf Paul Maser hingewiesen zu haben. Kommende Verwicklungen waren bereits so gut wie vorprogrammiert.
Insgeheim fragte Parker sich natürlich, ob der wie vom Erdboden verschwundene Agent Ihrer Majestät auf das Konto dieses Paul Maser ging. Zuzutrauen war Maser so etwas schon. Diesem Mann kam es auf ein Menschenleben überhaupt nicht an.
»Hören Sie denn nichts?« fragte Agatha Simpson plötzlich energisch.
»Mylady?« Parker wußte nicht, was die Detektivin meinte, doch eine Sekunde später wußte er sehr genau, worauf sie anspielte. Dicht über dem hochbeinigen Monstrum mußte sich ein Flugzeug befinden. Das Geräusch wurde aufdringlich, die Maschine hatte die zulässige Mindesthöhe bei weitem unterschritten. Und das geschah wahrscheinlich nicht aus Leichtsinn oder Zufall!
*
Aus einem stets wachen Instinkt heraus, der bei Parker schon fast überentwickelt war, trat der Butler hart aufs Bremspedal, ohne seine Herrin vorwarnen zu können.
Sie stieß einen Überraschungsruf aus, als sie plötzlich in ihrem Anschnallgurt hing, den sie auch auf dem Rücksitz angelegt hatte. Bevor sie sich dazu grollend äußern konnte, jagte über dem hochbeinigen Monstrum des Butlers eine kleine moderne Sportmaschine entlang. Bruchteile von Sekunden später landete etwa fünfzig Meter vor dem Kühler des Wagens eine Art Kanister auf der Fahrbahn, der aufschlug, hochsprang, weitergewirbelt wurde und dann mit einem Satz in der nahen Wiese landete.
Parker hatte bereits den Rückwärtsgang eingelegt und gab Vollgas. Sein Wagen, ein ehemaliges Londoner Taxi, rollte im Eiltempo in die Gegenrichtung und wurde dann von der Druckluftwelle des detonierenden »Kanisters« erfaßt und durchgeschüttelt.
Aus der Wiese stieg ein schwarzer Rauchpilz hoch, als sei dort eine Bombe eingeschlagen. Erde, Steine und Grasnarben wirbelten durch die Luft und prasselten auf die Straße. Parkers Monstrum schaukelte in der Federung, Erdreich prasselte aufs Wagendach, und eigentlich erst jetzt war das reißende Krachen der Detonation so richtig zu vernehmen.
»Das ist aber die Höhe!« entrüstete sich Lady Simpson. »Was war denn das, Mister Parker?«
»Ein Explosivkörper, Mylady«, lautete Parkers Antwort. »Man könnte unter Umständen auch Bombe dazu sagen.«
»Das ist ja lebensgefährlich.« Myladys Stimme ließ erkennen, wie beeindruckt die ältere Dame war.
»Die beobachtete Sprengkraft möchte ich als durchaus beachtlich qualifizieren«, sagte Parker. »Wahrscheinlich ist mit einem zweiten Anflug zu rechnen.«
»Dann tun Sie gefälligst etwas dagegen«, verlangte Agatha Simpson grimmig. »Natürlich, das Motorengeräusch ist schon wieder zu hören.«
Parker hatte es ebenfalls mitbekommen.
Er stand inzwischen neben der geöffneten Fahrertür und beobachtete den Himmel. Die Angreifer hatten sich ein besonders gutes Gelände für ihren Tiefangriff ausgesucht. Die Straße befand sich auf einer Art Damm, der zum Fluß hin steil abfiel. Auf der anderen Straßenseite fiel das Gelände ebenfalls recht steil ab und ging dann in weite, baumlose Wiesen über. Man befand sich wie auf einem Präsentierteller. Die Angreifer konnten sich in aller Ruhe und Gelassenheit mit ihrem Zielobjekt befassen.
Und dann war der kleine schnelle Tiefdecker bereits wieder zu sehen.
Hinter einem fernen Wäldchen hatte er gedreht und flog seinen zweiten Angriff. Die Lage war mehr als kritisch. Parker mußte sich tatsächlich etwas einfallen lassen, wenn er und seine Herrin nicht tödlich getroffen werden sollten.
Obwohl sein hochbeiniges Monstrum durchaus als eine Trickkiste auf Rädern bezeichnet werden konnte, verfugte Parker selbstverständlich nicht über ein Maschinengewehr, mit dem er sich jetzt hätte wehren können.
Er setzte sich zurück in den Wagen und drückte auf einen der vielen Bedienungsknöpfe des Armaturenbretts. Dann gab er Vollgas und wartete darauf, daß die Einnebelung begann.
Es dauerte etwa zehn Sekunden, bis aus am Wagen versteckt