Butler Parker 127 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Sie überflog den Text und stieß dann ein grollendes Räuspern aus, das wie ein fernes, aufkommendes Gewitter klang.
»Eine Unverschämtheit«, sagte sie und reichte Parker das Blatt. Der Butler überflog den Text.
»Eine kollektive Mordandrohung, die Mylady und meine bescheidene Person betrifft«, faßte Butler zusammen. »Dem Ton nach zu urteilen stammt dieses Schreiben aus Kreisen der Unterwelt. Man sollte nicht versäumen, Mister Maser schnellstens aufzusuchen.«
»Glauben Sie, daß er diesen Brief geschrieben hat?«
»Nicht unmittelbar, Mylady, aber er dürfte wissen, wer der Verfasser ist.«
»Und wo finden wir diesen Lümmel?«
»Dies, Mylady, bedarf gewisser Ausforschung«, gab der Butler zurück. »Wenn Mylady erlauben, werde ich mich sofort an die Arbeit machen.«
»Glauben Sie etwa, ich würde hier im Hotel bleiben und die Hände in den Schoß legen?«
»Darf ich daraus schließen, daß Mylady mitzukommen gedenken?«
»Sie dürfen, Mister Parker.« Agatha Simpson stand auf und verwandelte sich sofort in Energie.
»Die Ermittlungen können sich unter Umständen als gefährlich erweisen, Mylady.«
»Das möchte ich aber auch stark hoffen«, schloß sie. »Wir sind ja nicht hierher nach Ipswich gekommen, um uns zu amüsieren, oder?«
*
Paul Maser erinnerte nicht nur an eine Ratte, er verfügte auch über die Gerissenheit und das Mißtrauen eines solchen Nagers.
Sein Ärger nach dem Telefongespräch mit Teddy Tralley war längst verraucht. Er saß in der kleinen Ortschaft Bramford-Village in einer Teestube, von wo aus er die Pension beobachten konnte, in der er wohnte.
Er hatte sich dort als Chefmonteur einer Londoner Drahtfirma eingetragen, der hier für Weidezäune werben wollte. Paul Maser fuhr einen kleinen Kastenlieferwagen, der mit entsprechenden Mustern und Ausrüstungsgegenständen bepackt war. Eine Kontrolle seines Wagens hätte also keinen Verdacht erregt. Er war ein Mann, der elektrische Weidezäune anbot und auch installierte, falls man es wünschte. Seine Londoner Firma existierte ebenfalls. Eine Nachfrage dort hätte alle Angaben bestätigt. Die tatsächliche Firma, für die Maser arbeitete, war sehr gut organisiert und sorgte dafür, daß ihre Mitarbeiter einen durchaus ehrenhaften Hintergrund aufzuweisen hatten.
Da Maser wie eine Ratte dachte, saß er in der Teestube.
Nach seinem Gespräch mit Teddy Tralley war er mißtrauisch und vorsichtig geworden. Er ärgerte sich nachträglich darüber, Tralley informiert zu haben. Das konnte, wie er jetzt glaubte, tödlich sein. War er jetzt nicht zu einem echten Sicherheitsrisiko für die Organisation geworden?
Er trank seine dritte Tasse Tee und wartete geduldig. Er hatte das Gefühl, daß bis zum Erscheinen der angekündigten Spezialisten nicht mehr viel Zeit verstrich. Dann würde es sich ja zeigen, wie falsch oder richtig er mit seinen Bedenken lag.
Als ihm die vierte Tasse Tee von der mürrischen Bedienung serviert worden war, drückte er seine gerade angerauchte Zigarette aus und beugte sich vor, um die gegenüberliegende Pension besser beobachten zu können.
Vor dem einfachen Haus hielt nämlich ein staubbedeckter Ford, dem zwei Männer entstiegen. Paul Maser hatte sie zwar noch nie gesehen, doch er merkte sofort, daß sie aus seiner Branche stammten. Sie bewegten sich betont unauffällig, sahen sich vorsichtig nach allen Seiten um und betraten dann die Pension.
Maser zündete sich die nächste Zigarette an, ohne es zu merken. Wieso kreuzten diese beiden Männer in der Pension auf? Weshalb suchten sie direkten Kontakt? Das war eigentlich gegen die normalen Spielregeln. Hatten sie es so eilig, einen Schlußstrich zu ziehen? Standen sie etwa unter Zeitdruck?
Natürlich blieben sie nicht lange.
Sie erschienen wieder vor dem Haus, gingen auf den Ford zu und übersahen den Kastenlieferwagen, der auf dem kleinen Parkplatz der Pension stand. Sie setzten sich in den Ford und fuhren davon. Maser verließ den Tisch, ging hinüber an das kleine Eckfenster der Teestube und sah dem Ford nach. Er erschien nach wenigen Augenblicken auf dem Marktplatz und hielt dort am Straßenrand. Die beiden Männer blieben im Wagen. Von ihren Plätzen aus konnten sie die Pension gut überblicken.
Nein, das war kein Höflichkeitsbesuch!
Paul Maser wußte Bescheid. Er war für die Organisation tatsächlich zu einem Sicherheitsrisiko geworden. Man wollte ihn erledigen, bevor dieser verdammte Butler Parker über ihn, Maser, sich an die Organisation heranmachen konnte. Wahrscheinlich war es aus Teddy Tralleys Sicht einfacher, als sich mit dem Butler anzulegen.
Maser war noch nicht mal sauer, als er dies erkannt zu haben glaubte. So ging es nun mal in einem Laden zu, wie er dachte, in dem Riesenumsätze gemacht wurden und in dem man selbst auch prächtig verdiente. Wenn diese Umsätze in Gefahr gerieten, wurde man halt abserviert...
An Verrat oder Rache dachte Paul Maser nicht. So etwas wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Jetzt half nur schnelles Absetzen. Er mußte aus dieser Gegend verschwinden und irgendwo auf der Insel untertauchen. Vielleicht war Schottland das richtige Fleckchen Erde, um erst mal in volle Deckung zu gehen. Geld hatte er ausreichend in seiner Brieftasche. Außerdem existierte schließlich ein Konto, an das nur er allein herankonnte. Für ein paar Monate reichte das. Danach konnte man ja wieder Kontakt mit Tralley aufnehmen und so beweisen, daß man doch kein Sicherheitsrisiko darstellte. Zu diesem Zeitpunkt mußten die Spezialisten Butler Parker und die schrullige Lady längst erwischt haben...
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