Gesammelte Romane: 15 Romane in einem Band. Оноре де Бальзак

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Gesammelte Romane: 15 Romane in einem Band - Оноре де Бальзак

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sie die Tür öffnete.

      Eugen begann sich in seiner Lage bereits recht unbehaglich zu fühlen. Endlich erblickte er die Vicomtesse, die ihm in einem Ton, dessen Erregung ihm das Herz zittern machte, sagte: »Verzeihen Sie, ich hatte einige Zeilen zu schreiben. Ich stehe jetzt ganz zu Ihrer Verfügung.«

      Sie wußte gar nicht, was sie sagte; sie dachte immer nur: Ah! Er will Fräulein de Rochefide heiraten! Aber ist er denn frei? Heute abend ist es mit dieser Heirat aus, oder … Aber morgen wird man schon nicht mehr davon sprechen!

      »Liebe Cousine …«, sagte Eugen.

      »Wie?« Die Vicomtesse warf dem Studenten einen Blick zu, dessen Hochmut ihn erstarren machte.

      Eugen verstand dieses »Wie?« Seit drei Stunden hatte er so viel Neues gelernt, daß er nun auf seiner Hut war.

      »Madame …«, stammelte er errötend. Er zögerte und fuhr dann fort: »Verzeihen Sie mir, ich habe so viel Protektion nötig, daß ein Stückchen Verwandtschaft nichts verderben würde.«

      Madame de Beauséant lächelte traurig: Sie fühlte bereits das Herannahen des Unheils, das sie bedrohte.

      »Wenn Ihnen die Lage meiner Familie bekannt wäre«, fuhr er fort, »so würden Sie gern die Rolle der guten Fee übernehmen, die ihrem Patenkind den Weg ebnet.«

      »Also, lieber Cousin«, erwiderte sie lachend, »womit kann ich Ihnen behilflich sein?«

      »Weiß ich selbst? Mit Ihnen durch irgendeine entfernte Verwandtschaft, die sich ins Dunkel verliert, verbunden zu sein, ist schon ein großes Glück. Sie haben mich ganz verwirrt gemacht, ich weiß nicht mehr, was ich Ihnen sagen wollte. Sie sind die einzige Dame, die ich in Paris kenne … Ach! ich wollte Sie um Rat fragen, ich wollte Sie bitten, mich aufzunehmen, wie ein armes Kind, das sich an Ihre Röcke hängt, das gerne für Sie sterben würde.«

      »Könnten Sie jemanden für mich töten?«

      »Auch zwei, wenn Sie befehlen«, erwiderte Eugen.

      »Sie Kind! Ja, Sie sind noch ein Kind«, sagte sie und unterdrückte eine Träne. »Sie würden sicher aufrichtig lieben.«

      »Ah!« Er warf den Kopf zurück.

      Die Vicomtesse hatte den verhaltenen Ehrgeiz des jungen Mannes mit großem Interesse erkannt. Die erste Rechnung des jungen Südfranzosen war also aufgegangen. Zwischen dem blauen Boudoir der Madame de Restaud und dem rosa Salon der Madame von Beauséant hatte er drei Jahre jener Pariser Rechtswissenschaft absolviert, von der man nicht spricht, die aber eine hohe Jurisprudenz bedeutet, welche, richtig begriffen und angewendet, zu allen Zielen führt.

      »Ah, jetzt weiß ich wieder, was ich sagen wollte«, sagte Eugen. »Auf Ihrem Ball neulich war mir Madame de Restaud aufgefallen, und ich habe ihr heute morgen einen Besuch gemacht.«

      »Sie sind ihr gewiß recht lästig gefallen«, entgegnete Madame de Beauséant lächelnd.

      »Leider ja, ich bin ein Tor, der noch alle Welt gegen sich aufbringen wird, wenn Sie mir Ihre Hilfe verweigern. Ich glaube, es ist sehr schwer, in Paris eine junge, schöne, reiche und elegante Frau zu finden, die nicht schon in Anspruch genommen wäre. Dabei brauche ich doch eine, die mich das lehrt, was nur Frauen lehren können: das Leben! Überall werde ich einen Herrn de Trailles antreffen. Ich komme daher zu Ihnen mit der Bitte, mir das Rätsel aufzulösen und mir zu sagen, welcher Art die Dummheit ist, die ich begangen habe. Ich sprach von einem Vater …«

      »Die Herzogin von Langeais«, rief Jacques und schnitt dem sichtlich verärgerten Studenten das Wort ab.

      »Wenn Sie Erfolg haben wollen«, sagte die Vicomtesse, »so seien Sie vor allem nicht so hastig.«

      »Ah! Guten Tag, meine Liebe«, sagte sie, indem sie sich erhob und der Herzogin entgegenging. Sie drückte ihr die Hände mit einer überfließenden Zärtlichkeit, als wenn sie ihre Schwester wäre. Die Herzogin antwortete mit reizendsten Schmeicheleien.

      Das sind gewiß zwei gute Freundinnen, sagte sich Rastignac. Ich habe also zwei Gönnerinnen, die zwei Frauen müssen in ihrer Zuneigung übereinstimmen, und die neue wird sich ohne Zweifel auch meiner annehmen.

      »Welchem glücklichen Einfall verdanke ich das Vergnügen, Sie zu sehen, teure Antoinette?« fragte Madame de Beauséant.

      »Ich sah Herrn d'Ajuda-Pinto bei Monsieur de Rochefide vorsprechen, und da dachte ich, Sie seien allein.« Madame de Beauséant biß sich nicht auf die Lippen, sie errötete nicht, ihr Blick blieb sich gleich, und ihre Miene schien sich sogar aufzuheitern, als die Herzogin diese fatalen Worte aussprach.

      »Wenn ich gewußt hätte, daß Sie besetzt sind…«, fuhr die Herzogin fort, indem sie sich zu Eugen wandte.

      »Der Herr ist mein Cousin Eugen de Rastignac«, sagte die Vicomtesse. »Haben Sie Nachrichten vom General de Montriveau?« fragte sie. »Sérizy sagte mir gestern, daß man ihn gar nicht mehr sieht. War er heute bei Ihnen?«

      Man erzählte sich, daß Herr de Montriveau, in den die Herzogin leidenschaftlich verliebt war, sie verlassen habe. Sie fühlte den Dolchstich dieser Frage im Herzen und erwiderte errötend:

      »Er war gestern im Élysée.«

      »Im Dienst?« fragte Madame de Beauséant.

      »Claire, Sie wissen sicher«, fuhr die Herzogin fort, und ihre Augen funkelten vor Bosheit, »daß morgen das Aufgebot des Herrn d'Ajuda-Pinto mit Fräulein de Rochefide veröffentlicht wird?«

      Der Hieb war grausam. Die Vicomtesse wurde blaß und erwiderte:

      »Das ist eins von den Gerüchten, an denen die Dummköpfe ihr Vergnügen haben. Warum sollte Herr d'Ajuda einen der schönsten Namen Portugals gerade den Rochefides zum Geschenk machen? Leuten, deren Adel erst von gestern stammt?«

      »Aber Berthe wird, wie man sagt, 200 000 Livres Rente erhalten.«

      »Herr d'Ajuda ist zu reich, um derartige Rechenexempel zu machen.«

      »Aber, meine Teure, Fräulein de Rochefide ist ein entzückendes Mädchen.«

      »Ah!«

      »Aber wie dem auch sei, er diniert heute bei ihnen, und der Heiratsvertrag ist perfekt. Es erstaunt mich wirklich, daß Sie so schlecht informiert sind.«

      »Was war das doch gleich für eine Dummheit, die Sie begangen haben?« wandte sich Madame de Beauséant an Eugen. »Dieser arme Junge ist erst seit so kurzer Zeit in die Welt verschlagen worden, daß er von dem, was wir reden, nichts versteht, liebe Antoinette. Seien Sie recht gut zu ihm und vertagen wir unsere Unterredung auf morgen. Morgen, sehen Sie, wird sicher alles offiziell sein, und Sie können dann mit Bestimmtheit offiziöse Mitteilungen machen.«

      Die Herzogin warf Eugen einen jener hochmütigen Blicke zu, die den Menschen vom Kopf bis zum Fuß treffen, ihn sozusagen plattdrücken und zur Null machen.

      »Gnädige Frau, ich habe, ohne es zu wissen, Madame de Restaud einen Dolch ins Herz gestoßen. Ohne es zu wissen! Das ist meine ganze Schuld«, sagte der Student, den sein Genius jetzt nicht im Stiche ließ, der gut aufgemerkt und die Bosheiten wohl verstanden hatte, die sich unter den liebenswürdigen Phrasen der beiden Frauen verbargen. »Die Leute, die das Leid kennen, das sie zufügen, werden weiter empfangen und vielleicht gefürchtet, aber der, der verletzt, ohne die Tiefe der Wunde zu kennen, wird als ein Dummkopf und Tolpatsch betrachtet, der der Situation

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