Gesammelte Romane: 15 Romane in einem Band. Оноре де Бальзак
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Читать онлайн книгу Gesammelte Romane: 15 Romane in einem Band - Оноре де Бальзак страница 233
»Sagen Sie das nicht, Herr de Rastignac! Was niemand beachtet, davon wollen auch die Frauen nichts wissen.«
»Bah«, erwiderte Eugen, »ich bin erst zweiundzwanzig Jahre alt, man muß die Mißgeschicke seines Alters ertragen. Übrigens bin ich am Beichten, und in einem reizenderen Beichtstuhl kann man nicht knien. In diesem begeht man Sünden, deren man sich an der anderen Stelle für schuldig bekennt.«
Die Herzogin setzte bei diesen Worten, die sie für antireligiös hielt, eine kalte Miene auf. Sie wollte diese Wendungen als geschmacklos ächten und fragte die Gräfin: »Der Herr kommt wohl eben erst …«
Madame de Beauséant lachte aufrichtig über beide, über ihren Cousin und über die Herzogin.
»Ja, er kommt eben erst nach Paris, meine Teure, und er sucht eine Lehrerin, die ihm guten Geschmack beibringt.«
»Frau Herzogin«, wandte Eugen ein, »ist es nicht natürlich, daß man in die Geheimnisse dessen eindringen will, was uns entzückt?«
Hoppla, nun rede ich tatsächlich wie ein Friseur, dachte er bei sich.
»Madame de Restaud ist, wenn ich nicht irre, selbst Schülerin, und zwar bei Herrn de Trailles«, sagte die Herzogin.
»Ich wußte davon nichts, gnädige Frau«, erwiderte der Student. »Ich bin ganz unbedacht da hineingeplatzt. Schließlich hatte ich mich mit dem Gatten ziemlich gut verständigt, und ich fühlte mich auch für einige Zeit von seiner Frau geduldet, als es mir einfiel, ihnen zu erzählen, daß ich einen Mann kenne, den ich soeben über die Hintertreppe herabgehen und auf einem Korridor die Gräfin hatte küssen sehen.«
»Wer war das?« fragten beide Frauen gleichzeitig.
»Ein alter Mann, der wie ich armer Student von zwei Louis im Monat hinten im Faubourg St-Marceau lebt, wirklich ein armer Kerl, über den sich alle Welt lustig macht und den wir Vater Goriot nennen!«
»Aber Sie Kind, Sie Kind«, rief die Vicomtesse, »Madame de Restaud ist eine geborene Goriot!«
»Die Tochter eines Nudelfabrikanten, die am gleichen Tage mit der Tochter eines Konditors bei Hof vorgestellt wurde«, sagte die Herzogin. »Erinnern Sie sich nicht, Claire? Der König lachte und machte einen lateinischen Witz, der sich auf Mehl bezog. Leute …?
Wie nur? Leute …«
»Ejusdem farinae«, sagte Eugen.
»Richtig«, sagte die Herzogin.
»Wie! Das ist ihr Vater!« rief der Student mit einer Gebärde des Entsetzens.
»Freilich. Der Alte hat zwei Töchter, in die er irrsinnig vernarrt ist, obwohl die eine wie die andere ihn verleugnet.«
»Ist die andere nicht«, wandte sich die Vicomtesse an Madame de Langeais, »an einen Bankier mit deutschem Namen verheiratet, einen Baron Nücingen? Heißt sie nicht Delphine? Eine Blondine, die eine Seitenloge in der Oper hat, die auch ins Bouffon geht und die sehr laut lacht, um sich bemerkbar zu machen?«
Die Herzogin erwiderte lächelnd: »Meine Teure, ich bewundere Sie. Weshalb beschäftigen Sie sich denn so sehr mit diesen Leuten? Man muß schon wahnsinnig verliebt sein, wie Restaud, um sich mit einem Fräulein Anastasie zu vermählen. Aber der Handel ist für ihn nicht gut ausgegangen. Sie ist in den Händen des Herrn de Trailles – der wird sie schon ruinieren.«
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