Die einsame Frau des Herzogs. Barbara Cartland

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Die einsame Frau des Herzogs - Barbara Cartland Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland

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weiß nur, daß ich Sie heute Nachmittag, wenn ich London verlasse, mitnehmen muß.“

      Als sie sich hilflos im Schlafsaal umblickte, beeilte er sich, sie zu beruhigen.

      „Ich habe Mrs. Barrowfield genügend Geld gegeben, damit sie einen Ersatz für Sie engagieren kann“, sagte er, ohne selbst daran zu glauben. Diesen Kindern, die ihn nicht aus den Augen ließen, konnte nichts und niemand ersetzen, was Tara in ihrem Leben bedeutete. Mrs. Barrowfield selbst trug gar nichts zu ihrem Wohlbefinden und ihrer Bequemlichkeit bei.

      Mr. Falkirk war Junggeselle und verstand daher wenig von Kindern, hätte aber schon sehr phantasielos sein müssen, um nicht zu wissen, daß die einzige Zuneigung und Liebe, die diesen Kindern je zuteilwurde, von Tara kam.

      „Wie kann ich diese Kinder alleinlassen?“ fragte sie, als ob sie seine Gedanken gelesen hatte. „Sicherlich können Sie doch jemanden anders mitnehmen.“

      „Mrs. Barrowfield hat den gleichen Einwand erhoben, wußte aber niemanden im entsprechenden Alter zu nennen.“

      Tara seufzte tief.

      „Warum will Seine Gnaden ausgerechnet mich haben? Da wäre zum Beispiel Belgrave, die ihren Namen daher hat, daß man sie auf den Stufen des gleichnamigen Platzes fand. Sie wird nächstes Jahr elf und ist schon groß für ihr Alter. Käme sie nicht in Frage?“

      „Leider nein.“

      „Ich habe ihr beigebracht, wie man Böden schrubbt, und obwohl sie nicht sehr gut nähen kann, ist sie sehr lernbegierig.“

      „Ich fürchte, sie ist zu jung. Glauben Sie mir Tara, es wird Ihnen in Schottland gefallen.“

      In ihren blauen Augen erschien ein Ausdruck der Verzweiflung.

      „Wann muß ich reisefertig sein, Sir?“ fragte sie leise.

      „Ich hole Sie heute Nachmittag um dreiviertel drei Uhr ab.“

      „Oh, Sir ...“, rief sie, und dieser Ausruf rührte mehr an sein Herz als tausend Worte es vermocht hätten. „Ich kann mich wohl nicht weigern, oder?“ fragte sie mit kaum vernehmbarer Stimme.

      „Nein, Tara. Dieses Waisenhaus steht unter dem Patronat des Herzogs von Arkcraig. Wenn er sich aus irgendeinem Grunde für eine der Waisen interessiert, kann sich niemand, auch Mrs. Barrowfield nicht, seinem Wunsch widersetzen.“

      Tara stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus.

      „Ich werde fertig sein, Sir“, versicherte sie. Mr. Falkirk bewunderte ihren Stolz, der sie davon abhielt, weiter zu protestieren.

      Als er von außen die Tür des Schlafsaales hinter sich zuzog, hörte er die Kinder in Geschrei ausbrechen.

      „Ein Märchen! Ein Märchen! Du hast uns eine Geschichte versprochen!“

      Mr. Falkirk ging mit vorsichtigen Schritten die Treppe hinunter, weil er nicht ganz sicher war, ob die Stufen sein Gewicht aushielten. In der Halle angekommen, nahm er seinen Hut, warf sich den Mantel um die Schultern und wandte sich zur Tür.

      Er hatte kein Verlangen danach, noch einmal mit Mrs. Barrowfield zu sprechen, wobei er sowieso den Verdacht hatte, daß sie dazu gar nicht mehr imstande war, sondern wahrscheinlich die Nachwirkungen des reichlich genossenen Portweines ausschlief.

      Von der Straße aus warf er noch einmal einen Blick zurück. Kein Zweifel, daß das Waisenhaus in einem völlig verwahrlosten Zustand war. Die Fensterrahmen hatten jede Farbe verloren, die Tür hing schief in den Angeln, und der Klopfer war schwarz, weil er seit langem nicht mehr poliert worden war. Mr. Falkirk entschloß sich, hier Ordnung zu schaffen, sobald er die Genehmigung des Herzogs eingeholt hatte.

      Tara verbrachte eine Stunde mit Märchenerzählen, weil aus dem einen versprochenen schließlich drei wurden. Als sie damit fertig war, stand sie auf und rief: „Schluß für heute. Jetzt muß ich kochen, oder ihr bekommt nichts zu essen.“

      „Ich habe Hunger“, sagte ein kleines Mädchen.

      „Ich auch. Ich auch“, klang es aus vielen Kehlen, so daß Tara eilig den Saal verließ, ehe die Kinder sich an sie hängten und nicht wieder losließen.

      Im unteren Stockwerk angekommen klopfte sie an Mrs. Barrowfields Tür und trat ein, als sie keine Antwort erhielt. Wie Mr. Falkirk richtig vermutet hatte, schlief die Heimleiterin fest. Es war sehr heiß, weil sie selbst bei warmem Wetter darauf bestand, daß im Kamin ihres Wohnzimmers Feuer angezündet wurde. Das war für sie ein Symbol für einen Luxus, den sie sich leisten konnte und auf den sie nicht zu verzichten gedachte.

      Um sie nicht zu wecken, öffnete Tara vorsichtig das Fenster einen Spaltbreit. Die fast leere Portweinflasche auf dem Tisch sprach eine deutliche Sprache. Es würde einige Mühe kosten, Mrs. Barrowfield aufzuwecken. Sie schnarchte mit offenem Mund.

      Als Tara die Flasche wegstellen wollte, fiel ihr Blick auf die kleine Schmuckschatulle. Der Mann, der sie nach Schottland mitnehmen wollte, hatte also das Medaillon ausgehändigt bekommen. Dieses Schmuckstück war das Einzige, was sie von den anderen neununddreißig Waisen im Heim der Namenlosen unterschied. Hoffentlich verliert er es nicht, dachte sie ängstlich. Nachdem sie die Schatulle wieder in der Schublade verstaut hatte, verließ sie, die beiden benutzten Gläser in der Hand, das Wohnzimmer und begab sich in die Küche.

      Dort stieß sie auf Mary, eine der alten Frauen, die im Waisenhaus aushalfen. Sie war zahnlos und konnte nur auf einem Auge sehen, nannte sich jedoch Köchin und wurde von Mrs. Barrowfield auch als solche akzeptiert.

      Sie rührte in einem großen Kessel herum, der über dem Feuer hing. Die darin befindliche Suppe roch so unangenehm, daß Tara sich nun vorstellen konnte, daß sie noch schlechter schmeckte als sie roch. Andererseits war die Suppe immer noch besser als gar nichts, weil sie die einzige warme Mahlzeit am Tage für die Kinder bedeutete. Zum Glück gab es heute sogar Brot, weil Tara letzte Woche darauf bestanden hatte, daß Mrs. Barrowfield die ausstehende Rechnung des Bäckers bezahlte und ihm gleich einen kleinen Vorschuß aushändigte.

      Tara wußte als Einzige darüber Bescheid, wie viel Geld, das für die Kinder bestimmt war, für Getränke ausgegeben wurde, damit Mrs. Barrowfields Laune sich nicht so verschlechterte, daß sie den anderen das Leben zur Hölle machte. Gewöhnlich störte Tara das nicht besonders, außer wenn die Kinder so hungrig waren, daß sie nachts nicht schlafen konnten. Dann kämpfte sie wie eine Löwin für ihre Rechte. Die alte Frau wiederum war zu träge, um sich ihr lange zu widersetzen. Am Ende kapitulierte sie immer und rückte wenigstens etwas von dem Geld heraus, das sie für ihre eigenen Bedürfnisse hatte verwenden wollen.

      Als Tara das Brot in gleichmäßige Stücke schnitt, dachte sie daran, daß sie aufpassen mußte, damit die größeren Kinder den kleineren nicht ihren Anteil wegnahmen. Es war ihr Verdienst, wenn die schwächeren Insassen des Heimes nicht von den stärksten und unverschämtesten Jungen tyrannisiert wurden. Dabei vermied sie Gewalt, zu der Mrs. Barrowfield sich gelegentlich hinreißen ließ. Es gelang ihr kraft ihrer Persönlichkeit, einigermaßen Ordnung zu halten.

      Sie war noch mit Brotschneiden beschäftigt, als sie aus dem Augenwinkel entdeckte, daß die alte Frau in einer Ecke der Küche stand und im Begriff war, unter ihrem fadenscheinigen Mantel etwas verschwinden zu lassen. Was da vor sich gehen sollte, war ihr nur allzu bekannt. Tara griff ihr über die Schulter und nahm ihr weg, was sie verstecken wollte.

      Es war ein großes Stück Fleisch, billig zwar, aber es

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