Die Schmuggler-Braut. Barbara Cartland
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Читать онлайн книгу Die Schmuggler-Braut - Barbara Cartland страница 3
„Ja, Mylord.“
„Und hören Sie auf, mich Mylord zu nennen.“
„Ja, Sir. Nur wenn wir allein sind, Sir.“
„Auch dann nicht, Nickolls. Von jetzt an sprechen Sie mich wie einen ganz gewöhnlichen Mann an. Und in Larkswell heiße ich Mister Bradleigh. Mister Stuart Bradleigh.“
„Ja, Sir.“
„Vergessen Sie das nicht!“
„Nein, Sir.“
„Und noch etwas ist wichtig, Nickolls: keine Fragen stellen. Zuhören, aber keinesfalls den Eindruck erwecken, als interessieren Sie sich für die Leute oder das, was im Dorf vor sich geht.“
„Sie können sich auf mich verlassen, Sir.“
„Das weiß ich, Nickolls“, sagte Lord Cheriton. „Sonst hätte ich Sie auch nicht mitgenommen.“
„Verzeihen Sie, Sir“, sagte der Bursche. „Wenn mich jemand fragt, welchen Rang Sie gehabt haben, was soll ich dann sagen?“
„Daß ich Captain gewesen bin und man mich nicht behalten hat, weil ich ein ziemlicher Quertreiber gewesen bin.“
Lord Cheriton überlegte.
„Erwecken Sie den Eindruck“, fuhr er schließlich fort, „daß wir beide den Krieg ordentlich satthaben und uns als Zivilisten irgendwo niederlassen wollen.“
„Mache ich, Sir.“
„Wir müssen uns eben auf die jeweilige Situation einstellen.“
Lord Cheriton war weitergeritten. Jeder, der ihn kannte, hätte ihm am Gesicht angesehen, daß seine Laune miserabel war.
Im Dorf angekommen, trennte sich Lord Cheriton von seinem Burschen vor dem Gasthof „Zur Seemöwe“ und ritt weiter, bis er zum Tor eines Parks kam, der von einer hohen Mauer umgeben war.
Die Mauer war in einem traurigen Zustand. Das schmiedeeiserne Tor, das einst von zwei Steinpfeilern getragen worden war, hing schief in den verrosteten Angeln. Von den beiden Löwen, welche die Pfeiler geziert hatten, fehlte einer; der andere war von Efeu überwachsen.
Lord Cheriton ritt über die moosbewachsene Einfahrt. Die alten Eichen zu beiden Seiten hätten ausgeschnitten werden müssen.
In der Ferne sah man ein Haus, ein Backsteinbau, der sich wie ein roter Fleck von dem grünen Hintergrund abhob.
Lord Cheriton mußte daran denken, wie er sich an einem nebligen Morgen von hier weggeschlichen hatte. Die Schmerzen in seinem Rücken waren schier unerträglich gewesen. Am Abend zuvor war er ausgepeitscht worden, alte Wunden waren aufgerissen, und als er aus dem Fenster seines Zimmers geklettert und an der Dachrinne heruntergerutscht war, hatten sie wieder zu bluten angefangen.
Aber in jenem Moment war nur die Flucht wichtig gewesen, sonst hatte nichts gezählt. Er hatte der Situation entkommen müssen, die so grauenvoll gewesen war, daß er sie nicht mehr hatte ertragen können.
Er hatte sich geschworen, nie wieder hierher zurückzukommen. Doch nun ritt er auf das Haus zu, das er gehaßt hatte, auch noch, als er Indien erreicht hatte und dann zwei Kontinente zwischen Lord Cheriton und seinem Vater lagen.
Voll Genugtuung stellte Cheriton nun fest, daß das Dach Löcher hatte und viele Fensterscheiben fehlten.
1805 war er mit seinem Regiment nach England zurückgekehrt und konnte sich noch so genau daran erinnern, als wäre es gestern gewesen. General Arthur Wellesley war auf demselben Schiff, der Trident, zurückgekommen.
Wie seltsam dem Lord England nach einem Aufenthalt von neun Jahren in Indien vorgekommen war.
Fünfzehn war er gewesen, als er von zu Hause weggelaufen war, noch ein Junge, der nichts vom Leben gewußt hatte. Aber er hatte seine Erfahrungen gemacht, schwere, bittere Erfahrungen.
Im dichten Dschungel von Mallabelly, in den von Kugeln durchlöcherten Forts von Scringapatam und in der Hitze und dem Fieber von Mysore war er zum Mann geworden.
Er hatte sich oft gefragt, wie er diese Jahre überhaupt überlebt hatte. Um in die Armee aufgenommen zu werden, hatte er sich für älter ausgegeben und war mit Männern zusammen gewesen, die so rauh gewesen waren, daß er sie oft mehr gefürchtet hatte als den Feind.
Aber jeder einzelne von diesen Männern war ihm lieber gewesen als sein grausamer, tyrannischer Vater.
Auf seltsame Weise hatte er in dem Leben, das er sich selbst ausgesucht hatte, im Laufe der Jahre eine Zufriedenheit gefunden, die jeder Mensch kennt, der sein eigener Herr wird.
Und als er dann fünfundzwanzig Jahre alt gewesen war, hatte er sich gesagt, daß die Vergangenheit endlich Vergangenheit bleiben sollte und außer Stuart Bradleigh, wie er sich beim Militär genannt hatte, für ihn niemand existiere.
Eines Tages jedoch, es war in Deal gewesen, wo Sir Arthur auf den Befehl gewartet hatte, nach England zurückzukehren, war Cheriton zu dem General gerufen worden.
Wie alle, die in Indien gewesen waren, hatte Sir Arthur an einen Kriegsschauplatz geschickt werden wollen, und alle, die zu seinem Stab gehört hatten, waren überzeugt davon gewesen, daß er sie mitnehmen würde.
„Sergeant Bradleigh“, hatte Sir Arthur gesagt, als Cheriton sein Büro betreten hatte und stillgestanden war.
„Sir!“
„Stimmt es, daß Sie unter falschem Namen in die Armee eingetreten sind?“
Damit hatte Lord Cheriton gerechnet. Er war im ersten Moment unfähig gewesen, etwas zu sagen.
Er war so an seinen neuen Namen gewöhnt gewesen, daß er seinen wirklichen eigentlich fast vergessen hatte.
„Ja, Sir“, hatte er schließlich zugegeben.
„Demnach ist Ihr wirklicher Name John Heywood?“
„Ja, Sir.“
„Dann muß ich Ihnen mitteilen, Sergeant, daß Ihr Vater tot ist.“
Lord Cheriton hatte nichts zu erwidern gewußt. Zu sagen, daß es ihn freue und er schon lange keine so gute Nachricht erhalten habe, wäre äußerst taktlos gewesen, wenn es auch der Wahrheit entsprach.
„Und das bedeutet“, hatte der General hinzugesetzt, „daß Sie Lord Cheriton sind, wenn ich nicht irre.“
Lord Cheriton hatte nie an den Titel gedacht.
„Lord Cheriton?“ hatte er erstaunt wiederholt.
„Wünschen Sie unter den gegebenen Umständen Ihren Abschied zu nehmen?“ hatte Sir Arthur gefragt.
„Nein, Sir. Natürlich nicht, Sir.“
„Wie ich höre, erben Sie einen beachtlichen Besitz.“
Lord Cheriton hatte geschwiegen.