Kult-Krimis: 26 Romane & Detektivgeschichten. Friedrich Glauser

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Kult-Krimis: 26 Romane & Detektivgeschichten - Friedrich  Glauser

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der Chaschperli das Zimmer verlassen hatte und auch das Mädchen fort war, erkundigte sich Studer mit belegter Stimme, was dieser Besuch zu bedeuten habe. Frau Doktor möge entschuldigen, wenn er aufdringlich sei, aber er nehme Anteil… Während er sprach, dachte er fortwährend: ›Der Feind ist in der Wohnung…‹ Dabei kannte er den Herrn Oberst Caplaun kaum, in der Bankaffäre war damals alles hinter den Kulissen vor sich gegangen, Oberst Caplaun hatte sich nie gezeigt…

      »Ihr braucht euch nicht zu entschuldigen«, sagte Frau Laduner. »Es ist eine böse Sache, die sich mein Mann da eingebrockt hat. Er ist viel zu gut. Er will überall helfen.« Sie schwieg einen Augenblick. »Den Sohn habt ihr ja gesehen, den Herbert Caplaun…«

      Studer nickte schweigend. Er lauschte dem Stimmengemurmel im Nebenzimmer. Fast ununterbrochen worgelte ein tiefer Baß. Dr. Laduners Stimme war selten zu hören.

      Frau Laduner spielte mit ihrem Zwicker und starrte bedrückt aufs Tischtuch.

      »Mein Mann hat den Herbert in die Analyse genommen, weil der Abteiliger Jutzeler ihn darum gebeten hat… Seine Frau ist weitläufig mit der verstorbenen Frau des Obersten verwandt… Der Herbert ist Musiker… Aber er hat zuviel getrunken, nicht gut getan, der Vater hat ihn einmal wollen versorgen lassen, und nur schwer hat mein Mann ihn von der Notwendigkeit einer Kur überzeugen können. Mein Mann macht sie ganz umsonst, zum Teil auch als Übung… nid wahr?… Es sind komplizierte Sachen, derartige Analysen… Gewöhnlich regen sich die Eltern der Patienten gruusig uuf… Denn, nid wahr, alle Kindheitserlebnisse werden erzählt, und die Eltern haben ja gewöhnlich ein schlechtes Gewissen, wenn es sich darum handelt, ihre Erziehungssünden aufzudecken…«

      Analyse? Kindheitserlebnisse? Es war also doch nicht ganz das, was Studer sich darunter vorgestellt hatte, beeinflußt von dem Buche, das ihm seinerzeit der Notar Münch gezeigt hatte… Der Oberst Caplaun? Was hatte der Mann, den der kantonale Polizeidirektor so gerne in Thorberg wissen wollte, was hatte der Mann in der letzten Zeit getrieben? Es war etwas durchgesickert von Viehexportgeschäften, von Volksbank… Aber niemals war der Herr Oberst zu fassen gewesen… Und jetzt saß er also im Nebenzimmer, seine Baßstimme wurde immer lauter, einige Worte waren zu verstehen: »… unverantwortliches Benehmen… Behörde…« Dann wurde die Türe aufgerissen.

      Studers Gewissenskonflikt

       Inhaltsverzeichnis

      Ein weißer Patriarchenbart, die Gesichtshaut von ungesunder Blässe und mitten im Gesicht eine rote Gurkennase mit vielen Knospen und Knösplein. Im Bartgestrüpp öffnete sich der Mund und brüllte:

      »Sie dort… ja… Sie meine ich… Sie sind ein Vertreter der Behörde, habe ich gehört. An Sie wende ich mich speziell. Ich brauche Ihre Unterstützung… Das Benehmen dieses Herrn ist unqualifizierbar… Kommen Sie mit!«

      Man konnte mit Studer schriftdeutsch sprechen – er hatte nichts dagegen; man konnte ihm sackgrob kommen – er zuckte die Achseln; der Polizeihauptmann konnte ihn ansingen, anpfeifen – Studer schwieg, grinste vielleicht innerlich… Aber eines machte ihn böse, fuchtig, renitent, und das war, wenn ihn jemand mit: »Sie dort… ja… Sie meine ich…« anredete. Dann konnte er sogar gefährlich werden…

      Er stand auf, legte die Hände aufs Tischtuch – und kein Mensch hätte ihm den einfachen Fahnderwachtmeister angemerkt, als er mit leiser Stimme höflich (und auch er bediente sich des Schriftdeutschen) fragte:

      »Mit wem habe ich die Ehre?«

      Der Herr Oberst mit dem Patriarchenbart schien nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Blitzschnell hatte er erfaßt, daß er sich im Ton vergriffen hatte, und gemütlich brummte er jetzt im tiefen Baß: »Aber, Wachtmeister… wie war doch Ihr Name… Studer!… ganz richtig! Studer! Also Herr Wachtmeister Studer, hören Sie einmal… Ich bin doch ein alter Freund Ihres Vorgesetzten, des Polizeidirektors, und der hat Sie immer zu rühmen gewußt, ›Der Studer‹, hat er gesagt, ›der ist einer meiner besten Fahnder.‹«

      Merkwürdig, aber Studer lächelte nicht einmal. Der Herr Caplaun hatte also ganz den Kommissar an der Stadtpolizei vergessen, dem er das Genick gebrochen hatte. Natürlich, der Herr Oberst hatte andere Interessen… Was war schon so ein kleiner Fahnder, wenn es um Sanierungen, Käseunion und andere wichtige Sachen ging!…

      »… einer meiner besten Fahnder. Und Sie führen hier eine Untersuchung, habe ich beim Portier gehört? Dann werden Sie mir sicher nicht eine Bitte verweigern… Mein Sohn, Wachtmeister, mein Sohn ist verschwunden…«

      »Wird nid sy!« sagte Studer ehrlich erstaunt. Gestern nachmittag hatte der Herbert Caplaun noch auf dem Ruhebett gelegen, und Tränen waren ihm über die Backen gerollt… Und heute sollte er verschwunden sein?

      »Wollen wir die Sache nicht in Ruhe besprechen?« worgelte der tiefe Baß. »Kommen Sie mit, Wachtmeister, wir gehen zusammen ins Dorf, ich muß bald auf den Zug…« – die typische Geste, mit der beschäftigte Herren die Uhr aus dem Gilettäschli ziehen –, »aber ich habe noch etwas Zeit. Wir können dann die zu unternehmenden Schritte festlegen. Wenn ich mich Ihres Beistandes versichert habe, werde ich beruhigt sein… Denn das Herz eines Vaters… Ah, guete Tag, Frau Doktor!« Der Herr Oberst schien plötzlich die Anwesenheit Frau Laduners bemerkt zu haben. Er verbeugte sich, und die Verbeugung war steif. Frau Laduner nickte schweigend.

      »Also, wie gesagt, Herr Wachtmeister, wollen Sie mitkommen?« Pause.

      Studer blickte auf Frau Laduner, die ihren Zwicker aufgesetzt hatte und den Wachtmeister gleichfalls anblickte; sie kniff ein wenig die Lider zusammen, und die Haut an der Nasenwurzel war gerunzelt…

      »Plaisir d'amour ne dure qu'un instant…«

      … Sie hatte eine schöne Altstimme, die Frau Laduner, und sie hielt zu ihrem Manne…

      »Nun?« fragte der Oberst.

      »Ich glaube, es wäre opportun«, sagte Studer, »wenn der den Fall behandelnde Arzt bei unserer Besprechung zugegen wäre. Falls er es als wünschenswert erachtet, daß der Herr Oberst vorläufig den Aufenthalt seines Sohnes nicht erfährt, so…« Handbewegung: ›dann kann man nichts machen…‹

      »Opportun? Solch eine Frechheit!« klang es entrüstet in tiefem Baß. Frau Laduner lächelte, und das Lächeln stand ihr so gut, daß Studer am liebsten die Hand der Frau Doktor zwischen seine Hände genommen und getätschelt hätte – zur Beruhigung gewissermaßen… Aber er tat dies nicht, sondern sagte trocken:

      »Bitte, wenn Sie so gut sein wollen…« und machte eine einladende Bewegung nach der offenen Tür des Arbeitszimmers… Oberst Caplaun zuckte mit den Schultern. Er trat ins Nebenzimmer, Studer folgte ihm. Dr. Laduner saß auf der Kante des flachen Schreibtisches. Gegen die grelle Weiße des Fensters war seine Silhouette schmal.

      Er stand auf, deutete auf zwei Lehnstühle und setzte sich dann auf das Ruhebett.

      Studers Blicke wanderten zwischen den beiden Männern hin und her.

      Welcher Gegensatz!

      Der eine in hellem Flanellanzug, hatte das linke Bein über die gefalteten Hände geschlagen, die auf dem Schenkel des rechten ruhten. Kornblumenblau war der lasche Knoten des Selbstbinders zwischen den Spitzen des ungestärkten Hemdkragens. Der andere lag zurückgelehnt in seinem Lehnstuhl, hatte die behaarten Hände auf die Armstützen gelegt und den Kopf Studer zugewandt; so sah man den hohen steifen

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