Mein erster Aufenthalt in Marokko und Reise südlich vom Atlas durch die Oasen Draa und Tafilet. Gerhard Rohlfs

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Mein erster Aufenthalt in Marokko und Reise südlich vom Atlas durch die Oasen Draa und Tafilet - Gerhard  Rohlfs

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bekommt die Muluya ausser vielen Nebenflüssen ihren Hauptzustrom vom Süden, dem Ued-Scharef, ein Gewässer, fast so mächtig, wie die Muluya selbst. Dicht bei der algerischen Grenze, etwa 10 Kilometer westlich davon, und etwa 10 Kilometer östlich von Cap del Agua, welches gerade südlich von den spanischen Inseln Djafarin liegt, ergiesst sieh die Muluya ins Mittelmeer. Die Länge dieses Stromes auch nur annähernd in Zahlen ausdrücken zu wollen, wie Hemsö das gethan hat, ist jetzt, wo noch von Niemandem die Quelle des Flusses erforscht wurde, ein vollkommen überflüssiger Versuch. Wir wollen nur erwähnen, dass die Länge der Muluya etwas geringer als die des Chelif zu sein scheint, und dass die Muluya ungefähr ein gleiches Gebiet beherrscht wie der spanische Fluss Guadalquivir.

      Auf der oceanischen Seite haben wir, von Norden anfangend, den Ued Kus16 oder el Kus. Dieser Fluss, der die fruchtbarsten Ebenen in zahllosen Krümmungen durchzieht, woher sein Name, geht bei L'Araisch ins Meer, empfängt aber dicht vor seiner Mündung den Ued el Maghasen, bekannt durch die Drei-Königs-Schlacht; beide Flüsse kommen vom Rif-Gebirge und dessen Ausläufern.

      Weiter der Küste folgend, kommen wir sodann auf den bedeutenden Ued Ssebú. Mit zwei Armen gleichen Namens, von denen der eine vom grossen Atlas anderthalb Grad südlich von Fes, der andere aber vom grossen Atlas östlich von Tesa entspringt, haben diese Arme, welche sich ungefähr eine Stunde nördlich von Fes vereinigen, verschiedene Nebenflüsse, beide ändern auch häufig den Namen, um den alten vielleicht später wieder aufzunehmen. Von Osten her erhält sodann nach seiner Conjunction der Ssebú auf seinem rechten Ufer den bedeutenden Uargha vom Rif-Gebirge und vom Südosten her auf seinem linken Ufer den Bet. Der Ssebú, welcher sich bei Mamora17 ins Meer ergiesst, würde leicht bis zu dem Punkte, wo sich der Uargha mit ihm vereint, schiffbar gemacht werden können. Die Länge seines Laufes ist ebenso bedeutend, als die der Muluya.

      Der von den vorderen Terrassen des grossen Atlas kommende, aber unbedeutende Fluss Bu Rhaba18, in nordwestlicher Richtung fliessend, ist nur erwähnenswerth, weil an seiner Mündung die bedeutenden Städte Rbat und Sla liegen.

      Der Fluss Um-el-Rbea (Mutter der Kräuter, oder der Kräuterreiche) entspringt mit einem mächtigen Geäste aus dem grossen Atlas, fliesst seiner Hauptrichtung nach nach Nordwest, um bei Asamor, einer bedeutenden Stadt, den Ocean zu erreichen. Renou nennt ihn den bedeutendsten Fluss vom Norden Afrika's (natürlich der Nil immer ausgenommen) und stellt ihn auf gleiche Stufe mit der Garonne und Seine. Auch dieser Strom ist leicht schiffbar zu machen.

      Merkwürdigerweise hat der grosse Tensift, der ebenfalls mit vielen Nebenflüssen aus dem Atlas entspringt, an seiner Mündung, die zwischen Asfi und Mogador liegt, keine Besiedelung. Gerade weil er vorher der von jeher bedeutenden Stadt Marokko Wasser zuführt, sollte man denken, an seiner Mündung auch eine Stadt zu finden. Obgleich von bedeutender Breite, kann der Fluss bei Ebbezeit an der Mündung durchwatet werden.

      Mit Ausnahme der Muluya entspringen alle diese Ströme am Nordwestabhange des Atlas; übersteigt man sodann die Ausläufer dieses Gebirges und das Gerippe, welches im Cap Gher endet, so erreicht man die Mündung des Sus, ungefähr 30° 20' N. B. Der Sus hat fast vollkommen östliche Herkunft und entspringt in dem Winkel, den der grosse Atlas und der von ihm nach Westsüdwest entsandte Zweig bilden.

      Weiter nach dem Süden zu kommt sodann, auf den meisten Karten verzeichnet, der Ued Nun. Der Name Ued Nun bedeutet aber weiter nichts als eine Landschaft oder Provinz, wie wir aus den neuesten Forschungen von Gatel ersehen können. Der dort existirende Strom heisst Ued Asaka, und es ist dies der Fluss, dessen Nun-Mündung auf den Petermann'schen Karten als Aksabi verzeichnet steht, was dasselbe ist.

      Wir haben sodann eines echten Wüstenstromes Mündung, die des Draa19 zu verzeichnen. Mit kleinem Geäste aus dem grossen Atlas entspringend, ungefähr unter dem 13° O. L. von Ferro geht dieser Strom direct und ohne nennenswerthe Nebenflüsse zu erhalten bis zum 29° N. L. nach Süden, schlägt dann aber westliche Richtung ein, um unter 28° 10' in den Ocean zu fallen. Dieser lange Lauf, ein Sechstel mindestens länger, als der des Rheins von der Quelle bis zur Mündung, hat beständig Wasser, auch im Hochsommer bis zu dem Punkte, wo der Strom von der Südrichtung eine westliche Richtung einschlägt. Die Wassermenge, die der Draa fortschwemmt, ist in den oberen Theilen des nordsüdlichen Stückes dennoch nicht bedeutender, als etwa diejenige der Spree bei Berlin; sie wird dann am südlichen Ende des von Nord nach Süd fliessenden Theiles, nachdem der Strom sogar mehrere Male verschwindet und viel Wasser durch Irrigiren verbraucht ist, so gering, dass man diesen grossen Strom, wie er sich zur Herbstzeit, kurz vor dem Eintritt der Regenperiode auf dem Atlas präsentirt, hinsichtlich der Wasserarmuth kaum einen Bach nennen kann.

      Dass überhaupt noch so viel Wasser bis zum Umbug Jahr aus Jahr ein herabkömmt, nachdem der heisse Wind der Sahara im Frühjahr und im Sommer mit Macht daran gezehrt hat, nachdem Tausende von Feldern und Gärten, die sich längs der Ufer hinziehen, Tag und Nacht vom Wasser des Draa berieselt werden, das eben spricht für die Möglichkeit der Schneelage des Atlas, aus welchem der Fluss gespeist wird.

      Ob aber ein stets Süsswasser haltender See, der Debaya, auf seinem weiteren Laufe nach dem Westen zu vom Draa durchflossen wird, möchte sehr zu bezweifeln sein. Allerdings sendet gleich nach der Regenzeit auf dem Atlas der Draa seine Wasser fort bis zum Ocean, aber in der trockenen Jahreszeit trocknet der ganze untere Theil des Flusses aus. Nicht weit von dem Orte, wo der See sein sollte, sagten mir die Bewohner, ein solcher existire nicht. Ein Sebcha, d.h. ein salziger Sumpf, wie ihn Petermann auf seinen neuesten Karten verzeichnet hat, könnte indess wohl vorhanden sein. Renou spricht sogar dem Debaya eine dreimalige Grösse des Genfer Sees zu.

      Als ebenfalls vom Südostabhange des Atlas kommend und nach der Sahara abfliessend, haben wir dann den Sis zu nennen; ein echter Wüstenfluss ohne alle Nebenflüsse, und nur in seinen ersten zwei Dritteln oberirdisch verlaufend, tränkt er unterirdisch noch die ganze grosse Oase Tafilet, um südlich davon den Salzsumpf Daya el Dama zu bilden, der nach starken Regenergüssen zu einem See sich gestaltet. Von Nordwesten her hat der Daya el Daura noch Zuflüsse durch den Ued-Chriss.

      Einen ebenso langen, wenn nicht noch längeren Lauf hat der Fluss, der die Oase von Tuat speist, aus verschiedenen Zweigen, von denen einige unter dem 33° N. B. entspringen, zusammengesetzt. Ich verfolgte den Fluss fast bis zum 26° N. B., ohne dass ich bei Taurhirt schon sein südlichstes Ende erreicht hätte. Dieser Fluss, den man l'ued Tuat nennen könnte, setzt sich aus dem Ued Gher, Ued Knetsa und einigen minder bedeutenden zusammen, erhält nach der Vereinigung den Namen Ued Ssaura, und sobald er das eigentliche Tuat betritt, den Namen Ued Mssaud. Von Osten soll er südlich von Tuat durch den Fluss Acaraba verstärkt werden. Da er schon bei seinem Entspringen aus dem Gher und Knetsa gar nicht oberirdisch Wasser hält, so ist es nicht wahrscheinlich, dass er dem Draa oder dem Ocean zugeht, wie Duveyrier meint, ebensowenig aber glaube ich, dass die von mir früher mitgetheilte Nachricht der Eingeborenen, der Mssaud ergösse sich nach sehr starken Anschwellungen

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