Die besten Wildwestromane & Seegeschichten. Franz Treller
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Читать онлайн книгу Die besten Wildwestromane & Seegeschichten - Franz Treller страница 76
Sie sangen noch, als wir durch die Tür brachen. Und als hätte da eine geheime Abmachung bestanden, öffnete sich zur gleichen Zeit die Tür in dem brennenden Haus und in dem Blockhaus uns gegenüber. Wir stürzten, zum letzten entschlossen, auf die roten Teufel, die in dichten Haufen zusammenstanden und den Erfolg des Feuers abwarteten. Wir waren blind vor Zorn. Wir wüteten mit Gewehren, Kolben, Messern und Äxten unter ihnen. Und der grausige Kampf währte gar nicht lange. Gott war mit uns; die Roten erfaßte panischer Schreck; vom Grauen geschüttelt, wandten sie sich zur Flucht und stürzten davon. Die Frauen und Kinder waren gerettet. Fünfundzwanzig der Unseren waren gefallen. Verwundet waren wir alle. Rechte Freude über den Sieg kam nicht auf. Aber als wir die Stätte hinterher absuchten, fanden wir hundertsechs tote Indianer.« Der Alte schwieg. John sah mit leuchtenden Augen auf seinen Vater.
»Danach bin ich noch einmal mit der Miliz ausgezogen, die roten Räuber züchtigen zu helfen«, sagte der; »später bin ich nur noch friedlich mit Indianern zusammengetroffen, und dabei hat sich meine Auffassung vom Wesen und Charakter des roten Mannes nach und nach nicht unerheblich gewandelt. Er ist nicht schlecht, hat im Gegenteil viele gute Eigenschaften und ist zu seinen Grausamkeiten fast immer gereizt worden. Man hat die Indianer oft genug wie Tiere behandelt, hat ihnen ihr Land geraubt und ihnen nicht einmal Jagd und Fischerei gelassen. Unter den Weißen der Grenze gab und gibt es viel böses Gesindel; wir haben ja gerade gestern erlebt, was sich da herumtreibt. Brauchen nur ein paar Indianer hierher kommen, um zu fischen und von den Piraten niedergeschossen werden; schon können wir den schönsten Indianerkrieg haben. Die unschuldigen Ansiedlungen müssen dann bezahlen, was ein paar Desperados anrichteten. Auf solche Weise sind die roten Männer oft zum Kriege gereizt worden. Dann sehen sie nur noch den weißen Mann und machen keinen Unterschied zwischen schuldig und unschuldig. Gott schütze die Grenze vor Indianerkrieg! Hab' ihn kennengelernt.«
Der Bootsmann mochte diese Seite der Sache noch nicht bedacht haben, aber er widersprach nicht. Dagegen fragte Burns ihn jetzt:
»Ihr seid doch auch öfters mit den Roten zusammengestoßen, nicht wahr?«
»Kann's nicht leugnen«, entgegnete Bob. »Meine frühesten Jugenderinnerungen verbinden sich damit. Sowas vergißt sich nicht. Meine Eltern lebten damals am Onondaga; Vater war Fährmann auf dem Fluß und auf dem Ontario. Zu der Zeit war's hier herum noch ziemlich einsam. Eines Nachts kam der Wilde und begann zu brennen, zu sengen und zu morden. Acht Jahre war ich alt, aber ich hab's nicht vergessen. Vater, Mutter und ich konnten uns in die Wälder retten, aber den kleinen Tom, meinen zwei Jahre jüngeren Bruder, haben sie vor unseren Augen erschlagen und in den Fluß geworfen. Weiß nicht, ob's Onondaga oder was es sonst für Rothäute waren; war ja noch zu klein damals. Eine Mordbande war's jedenfalls, die mitten im Frieden Häuser überfiel und brannte und mordete. Seit damals sitzt mir der Haß gegen die ganze Rasse im Blut. – Nun, einige Male hatte ich Gelegenheit, es ihnen einzutränken«, setzte er mit offensichtlicher Befriedigung hinzu, »haben mich nicht umsonst ›Großer Bär‹ getauft, die Halunken; haben meine Pranken zu spüren bekommen.«
Nun trat ein längeres Schweigen ein, das schließlich durch John gebrochen wurde. »Ich möchte den Wald ein bißchen abstreifen und einen Blick auf den See werfen«, sagte der junge Mann.
»Tu das, mein Sohn«, antwortete Burns; »wir halten von hier aus die Molly im Auge.«
John ergriff seine Büchse und entfernte sich. Er war erst hundert Schritt gegangen, als der Indianer neben ihm auftauchte. Der junge Weiße lachte ihn an: »Willst du mitkommen, Falke?«
Der Rote nickte: »Ni-kun-tha gehen mit.«
Nebeneinander schritten die beiden so verschiedenen jungen Männer durch den Wald. Wo es nötig war, schlug der Indianer das Unterholz mit dem Tomahawk weg. Schon nach kurzer Zeit sahen sie den glänzenden Spiegel des Sees durch die Stämme schimmern. Die ausgedehnte Wasserfläche schien völlig verlassen. Kein Segel, kein Kanu war weit und breit zu erblicken, nur ein paar Möwen wiegten sich in den Lüften und ließen von Zeit zu Zeit einen krächzenden Schrei ertönen.
»Laß uns ein wenig am Ufer entlanggehen«, sagte John nach einer Weile. Er setzte sich gleichzeitig in Bewegung, der Indianer blieb dicht an seiner Seite. Nach einiger Zeit blieb Ni-kun-tha plötzlich stehen und betrachtete aufmerksam einen größeren Haufen dürrer Äste und Zweige, die der Wind zusammengetrieben haben mochte.
»Was hat mein Bruder?« fragte John, ebenfalls stehenbleibend.
Ni-kun-tha ging, ohne zu antworten, auf den Reisighaufen zu und machte sich daran, die obersten Zweige wegzuräumen. John sah ihm mit einiger Verblüffung zu, faßte aber dann schweigend mit an. »Da, sehen: Kanu!« sagte der Indianer, noch ein paar größere Äste wegräumend und in das Innere des Haufens zeigend. John stieß einen leisen Überraschungsruf aus: im Reisig gebettet lag ein offenbar indianisches Kanu, aber kein Rindenboot, sondern ein kunstvoll ausgehöhlter Stamm. Ein Paar Ruder und einige Fischereigeräte lagen auf dem Boden des Fahrzeuges.
»Großartig!« rief John begeistert, »das werden wir brauchen können.«
»Injinkanu«, grinste Ni-kun-tha.
»Offenbar, obgleich ich mich nicht erinnere, solch ein Boot jemals gesehen zu haben«, versetzte John. »Wir wollen's auch nur im Notfall entleihen.«
»Irokesenkanu«, grinste Ni-kun-tha. »Irokesen Hunde! Kanu nehmen.«
»Sehr gut«, sagte John; »wollen es aber liegenlassen, bis wir es brauchen.« Und er begann die Äste und Zweige wieder darüberzubreiten, bis nichts mehr von dem Fahrzeug zu sehen war.
Bald darauf kamen sie an den die Insel in einem nordostwärts verlaufenden Bogen umfließenden Kanal. Sie folgten dem Wasserlauf nach beiden Seiten aufmerksam mit den Blicken, ohne etwas anderes zu gewahren als die schweigende Wildnis. Sie lösten sich vom Wasser, durchquerten die Insel und suchten und fanden den Kanal, in dem die Molly eingefahren war. Die Insel lief hier in eine Landzunge aus, die das Schiff während des Sturmes umsegelt hatte. Sie folgten der Landzunge bis zu ihrer Spitze und sahen sich nach allen Richtungen um. Aber auch hier herrschte weit und breit die friedliche Stille unberührter Wälder. John erkletterte eine hochstämmige Fichte, und der Indianer tat es ihm nach. Von ihrem luftigen Sitz aus sahen sie weit in die Runde. Bis auf ein paar Wasservögel sahen sie weit und breit nichts Lebendes, nichts, was auf die Anwesenheit von Menschen schließen ließ. Deutlich sichtbar lag unmittelbar vor ihnen die Molly, auch ihren Lagerplatz erkannten sie, vermochten aber von Burns und Bob Green nichts zu erblicken. Sie kletterten wieder hinab und gingen durch die Uferbüsche zum Lager zurück.
DER GEFANGENE
Nachdem John Bericht erstattet und von dem Fund des Irokesenkanus berichtet hatte, brachte er die Sprache wieder auf den Gefangenen der Pirateninsel. Er gedenke, dem Blockhaus auf alle Fälle einen Besuch abzustatten, sagte er; Ni-kun-tha werde er mitnehmen, und außerdem gedenke er, das gefundene Indianerkanu zu benützen, um die anderen nicht der Jolle zu berauben und dadurch möglicherweise in Gefahr zu bringen.
Elias Burns schüttelte bedenklich den Kopf; er hielt es wohl für richtiger, daß sie angesichts der ungeklärten Lage zusammenblieben. »Es dient schließlich unserer eigenen Sicherheit, daß wir den Feind beobachten«, sagte John, der entschlossen war, seinen Kopf durchzusetzen.
»Euer Sohn hat recht«, schaltete Bob sich jetzt ein, »und wenn die Jolle hierbleibt, die Euch und mich beweglich hält, bin ich dafür, daß er geht und den roten Burschen mitnimmt.