August Bebel - Die Frau und der Sozialismus. Bebel August

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solcher Weise dient, aber Euripides konnte schwerlich diese Anklagen erheben und hätte dafür bei den Männern keinen Glauben gefunden, wußten diese nicht zu gut, daß sie gerechtfertigt waren. Nach den Schlußsätzen der Anklagerede zu urteilen, bestand in Griechenland jene Sitte nicht, die früher in Deutschland und vielen anderen Ländern bestand, wonach der Hausherr dem Gastfreund für die Nacht die eigene Frau oder Tochter zur Verfügung stellte. So spricht Murner von dieser Sitte, die noch im fünfzehnten Jahrhundert in Holland Geltung hatte, mit den Worten: »Es ist in dem Niderlandt der Bruch, so der wyrt ein lieben gast hat, dez er yhm syn Frow zulegt uff guten glauben« 20.

      Aristoteles denkt bürgerlicher. Nach seiner »Politik« soll die Frau in der Wahl des Ehegatten freie Hand haben, aber sie soll ihm untergeordnet sein, doch das Recht besitzen, »einen guten Rat zu erteilen«. Thukydides spricht eine Ansicht aus, die den Beifall aller Philister hat. Er sagt, diejenige Gattin verdiene das höchste Lob, von der man außerhalb des Hauses weder Gutes noch Böses höre.

      Bei solchen Anschauungen mußte die Achtung vor der Frau immer mehr sinken. Die Furcht vor Übervölkerung führte sogar dazu, den intimen Umgang mit ihr zu meiden. Man gelangte zu unnatürlicher Befriedigung des Geschlechtstriebs. Die griechischen Staaten waren Städte mit geringem Landbesitz, der über eine gegebene Bevölkerungszahl hinaus die gewohnte Ernährung nicht mehr ermöglichte. Diese Furcht vor Übervölkerung veranlaßte Aristoteles, den Männern die Fernhaltung von ihren Frauen und dagegen die Knabenliebe anzuraten. Schon vor ihm hatte Sokrates die Knabenliebe als ein Zeichen höherer Bildung gepriesen. Schließlich huldigten dieser widernatürlichen Leidenschaft die bedeutendsten Männer Griechenlands. Die Achtung vor der Frau sank auf das tiefste. Es gab Häuser mit männlichen Prostituierten, wie es solche mit weiblichen gab. In einer solchen gesellschaftlichen Atmosphäre konnte Thukydides den Ausspruch tun, die Frau sei schlimmer als die sturmgepeitschte Meereswoge, als des Feuers Glut und der Sturz des wilden Bergwassers. »Wenn es ein Gott ist, der die Frau erfand, wo immer er sei, er wisse, daß er der unselige Urheber des höchsten Übels ist.«'

      Huldigte die Männerwelt Griechenlands der Knabenliebe, so verfiel die Frauenwelt in das andere Extrem, sie verfiel der Liebe zu Angehörigen des eigenen Geschlechts. Es war dieses besonders bei den Bewohnerinnen der Insel Lesbos der Fall, weshalb diese Verirrung die lesbische Liebe genannt wurde und noch genannt wird, denn sie ist nicht ausgestorben und besteht unter uns fort. Als Hauptrepräsentantin dieser Liebe galt die berühmte Dichterin Sappho, »die lesbische Nachtigall«, die um 600 vor unserer Zeitrechnung lebte. Ihre Leidenschaft findet glühenden Ausdruck in ihrer Ode an Aphrodite, zu der sie fleht:

      Allbeherrscherin, die du thronest auf Blumen,

       O Schaumgeborene, Tochter Zeus', listsinnende,

       Hör' mich rufen,

       Nicht in Jammer und bittrer Qual, o Göttin,

       Laß mich erliegen! –

      Und von noch leidenschaftlicherer Sinnlichkeit legt Zeugnis ab ihre Ode an die schöne Atthis.

      Während bereits in Athen und im übrigen Griechenland das Vaterrecht herrschte, befand sich das mit Athen um die Macht rivalisierende Sparta noch unter dem Mutterrecht, ein Zustand, der den meisten Griechen ein gänzlich fremder geworden war. Die Überlieferung berichtet: Eines Tages fragt ein Grieche einen Spartaner, was für eine Strafe in Sparta die Ehebrecher treffe. Darauf antwortete dieser: »Fremdling, bei uns gibt's keine Ehebrecher!« Der Fremde: »Wenn aber doch einer wäre?« »So muß er zur Strafe«, spottete der Spartaner, »einen Ochsen geben, so groß, daß er mit seinem Kopf über den Taygetus reichen und aus dem Eurotas saufen kann.« Auf die verwunderte Antwort des Fremden: »Wie ein Ochse so groß sein könne?« erwiderte der Spartaner lachend: »Wie ist's möglich, daß zu Sparta ein Ehebrecher sein kann!« Dagegen drückte sich das Selbstbewußtsein der spartanischen Frau in der stolzen Antwort aus, die das Weib des Leonidas einer Fremden gab, als diese zu ihr sagte: »Ihr Lakedämonierinnen seid die einzigen Frauen, die über ihre Männer herrschen!« worauf sie antwortete: »Wir sind auch die einzigen Frauen, die Männer zur Welt bringen.«

      Der freie Zustand der Frau unter dem Mutterrecht förderte ihre Schönheit und hob ihren Stolz, ihre Würde und Selbständigkeit. Das Urteil aller alten Schriftsteller geht dahin, daß diese Eigenschaften bei ihnen im Zeitalter der Mutterfolge in hohem Grade entwickelt waren. Der unfreie Zustand, der später eintrat, wirkte notwendig nachteilig ein; die Veränderung kommt sogar in der Verschiedenartigkeit der Kleidung in den beiden Perioden zum Ausdruck. Das Kleid der dorischen Frau haftete frei und leicht auf der Schulter, es ließ die Arme und die Unterschenkel bloß, es ist das Kleid, das Diana trägt, die in unseren Museen frei und kühn dargestellt ist. Hingegen verhüllte das ionische Kleid die Gestalt und hemmte die Bewegung. Die Art, wie die Frau sich kleidet, ist weit mehr, als man gewöhnlich annimmt, und zwar bis in unsere Tage, ein Zeichen ihrer Abhängigkeit und Ursache ihrer Hilflosigkeit. Die Art der Frauenkleidung macht bis heute die Frau unbehilflich und zwingt ihr das Gefühl der Schwäche auf, was schließlich in ihrer Haltung und in ihrem Charakter zum Ausdruck kommt. Die Gewohnheit der Spartaner, die Mädchen bis ins mannbare Alter nackt gehen zu lassen, ein Zustand, den das Klima des Landes erlaubte, trug nach der Meinung eines alten Schriftstellers wesentlich dazu bei, ihnen Geschmack für Einfachheit und Sorgfalt für äußerlichen Anstand beizubringen, und hatte, nach den Anschauungen jener Zeit, durchaus nichts die Schamhaftigkeit Verletzendes oder die Wollust Erregendes. Auch nahmen die Mädchen gleich den Knaben an allen körperlichen Übungen teil. So wurde ein kräftiges, selbstbewußtes Geschlecht erzogen, das sich seines Wertes bewußt war, wie die Antwort der Frau des Leonidas an die Fremde beweist.

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