Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner Toni der Hüttenwirt Paket

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ein junger Bub war.

      Dann polterte sein Vater auch schon los:

      »Dann will i des anders sagen! Daß des ganz klar is! I laß dir Zeit die Sach bis zum Herbst zu regeln. Wenn bis zum Erntedankfest des mit der Frizzi net klar is, dann is nix auf dem Hof. Dann, dann, dann…« Er stotterte und stieß danach wütend hervor: »Dann verkauf i den Hof an den Joseph Villinger und bring das ganze Geld durch. Kannst dann sehen, wo du bleiben tust. I will, daß ihr bis zum Erntedankfest ein Paar seid. Basta! Entweder so oder so! Des is mein Wille! I bin der Bauer auf dem Natterer Hof, und i kann bestimmen, was i mit dem Grund und Boden mach. Jetzt mußt dich entscheiden, Bub. So oder so! Es liegt ganz bei dir. Des war mein letztes Wort!«

      Dann stand Otto Natterer auf und ging ins Haus.

      Der Sohn hörte, wie er sich in sein Schlafzimmer zurückzog.

      Ansgar saß draußen vor dem Haus in dem letzten Licht der Abendsonne. Die Gipfel der Berge glühten im rötlichen Schein. Es war kein Laut zu hören.

      Wie wunderbar es doch hier ist, dachte Ansgar, welch gesegneter Flecken Erde. Alles scheint glücklich und voller Frieden. Er spürte die Verbundenheit mit dem Boden, auf dem er das Licht der Welt erblickt hatte. Er wußte, daß das seine Heimat war und auch immer bleiben würde.

      Ansgar spürte, wie sein Herz klopfte. Es war kein freudiges Pochen. Es war ein schmerzhaftes Rasen voller Sorge um den Verlust der Heimat. Es war ein Vorgeschmack, was er ein Leben lang fühlen würde, wenn er sich dem Willen seines Vaters nicht fügen würde. Doch er wollte Frizzi, die er schätzte wie eine Schwester, nichts Böses antun. Er wollte sie nicht verführen. Wenn sein Herz ihr nicht so angetan war, wie es sein müßte, wollte er sie nicht als Braut. Er wollte ihr nichts vorlügen, nichts vorspielen.

      Liebe ist etwas Heiliges, hatte Ansgars Mutter einmal zu ihm gesagt. Daran wollte er sich halten. Ein solches großes und reines Gut, wollte er nicht beschmutzen.

      Auf der einen Seite bezweifelte er, daß sein Vater wirklich den Hof verkaufen würde. Dann hatte er auch wieder Angst davor. Er hatte das Funkeln in dessen Augen gesehen.

      Ich muß mich entscheiden, dachte er. Verpflichte ich mich der Liebe oder dem Besitz. In seiner Brust schlugen zwei Herzen. Die Liebe zu seiner Heimat, dem Natterer Hof mitten im schönen Waldkogel, in diesem lieblichen Tal zwischen den Bergen. Dann war da ein Gefühl, das irgendwann, in vielleicht nicht allzu ferner Zukunft ihm die Liebe begegnen würde, die große Liebe, die einzige Liebe. Irdischer Besitz ist vergänglich, hatte seine Mutter ihm gesagt. Liebe ist das einzige, was bleibt und man im Herzen überall hintragen kann.

      Die Sonne war jetzt hinter den Bergen versunken. Nur ein heller Schein, gegen den sich die schwarz scheinenden Berggipfel abhoben, ließ

      noch die Sonne erahnen. Ansgar klopfte seine Pfeife aus und ging ins Haus.

      Ich muß fort! Ich muß hier raus! So hämmerte es in seinem Kopf. Er sehnte sich nach den Bergen. Dieser Hof, dieses Haus, alles lastete wie ein Druck auf ihm.

      Schnell packte er einen Wanderrucksack und zog sich um. Sein Vater, der schlaflos mit großen Gewissensbissen im Bett lag, hörte, wie Ansgar mit dem Motorrad vom Hof fuhr. Otto Natterer trat ans Fenster und sah dem Lichtkegel nach, bis er diesen in der Dunkelheit nicht mehr erkennen konnte. An der Richtung, die Ansgar eingeschlagen hatte, hatte er nur gesehen, daß er die Richtung hinauf zu den Almen gefahren war.

      »Der wird da oben schon zur Besinnung kommen!« sagte Otto Natterer leise vor sich hin.

      Er dachte an die vielen Male, als sie sich gezankt hatten. Damals, zwischen dem sechzehnten und achtzehnten Lebensjahr von Ansgar, waren es stürmische Zeiten gewesen. Damals hatte seine liebe Frau den Buben immer in die Berge geschickt, damit er sein Lüftchen kühlen konnte, wie sie es genannt hatte. Sie hatte ihn zu Geduld ermahnt. Es hatte sich auch immer gelohnt. Wenn Ansgar aus den Bergen zurückgekommen war, dann war er wieder ein Stück gereift. So würde es auch diesmal sein, dachte Otto Natterer und legte sich hoffnungsvoll schlafen.

      *

      Es war Abend.

      Dominik Maierhofer war nach dem Abendessen wieder in die Stadt gefahren. Seine Eltern Titus und Notburga saßen im Hof auf der Bank, die neben dem Eingang zum Wohnhaus stand. Seine Mutter strickte und sein Vater las das Landwirtschaftsblatt. Er blätterte nervös hin und her.

      »Papier ist geduldig, sagt man. Mußt net alles so ernst nehmen, was in dem Anzeiger steht.«

      »Ganz so ist es net, Burga! Irgendwas muß doch dran sein.«

      »Komm, leg die Zeitung zur Seite! Das Lesen bringt dir nix. Schau lieber ein bisserl die Berge an.«

      Titus Maierhofer legte die Zeitung zur Seite.

      »Hast recht, Burga! Was würd i machen, wenn i dich net hätt’! Weißt ja, daß i ein Hitzkopf bin.«

      Sie lächelte ihn an.

      »Des hast nett gesagt, Titus! Na, wenn du mich net hättest, dann hättest du eine andere!«

      »Red net so!« sagte Titus nur knapp.

      Er zündete sich eine Pfeife an und überdachte sein Leben. Von seiner Seite aus war seine Frau nicht die erste Wahl gewesen.

      Narrisch, wie man sagte, war er damals als junger Mann nach einem anderen Madl gewesen. Doch diese hatte ihn eine ganze Zeitlang an der Nase rumgeführt. Dann hatte sie doch einen anderen geheiratet. Das hatte Titus damals sehr getroffen. Es hatte seine männliche Eitelkeit verletzt. Mehr aus verletztem Stolz als aus Liebe hatte er sich dann Notburga zugewandt. Seine Burga, wie er sie liebevoll nannte, gab ihm bald zu verstehen, daß sie ihn tief liebte. Es war eine stille, verborgene Liebe aus der Entfernung gewesen. Ja, Burga liebte ihn voller Hingabe und Verständnis. Sie wollte ihn, nur ihn und sonst keinen. So wurde zuerst aus beiden ein Paar. Bald wandelte sich die freundschaftliche Zuneigung von Titus seiner Frau gegenüber zu leidenschaftlicher Liebe. Er sah ein, daß es ein Glücksfall war, daß er sie zur Frau bekommen hatte. Burga war damals eine stille, junge Frau. Sie redete nicht viel, sie handelte. Sie beruhigte ihn und war immer um Ausgleich bemüht, wenn er, in Folge seines aufbrausenden Temperamentes, polterte. Ihr gemeinsamer Sohn Dominik vereinte auf eine schöne Weise die Charaktere seiner Eltern. Dazu sah er gut aus. Er hatte die wunderbaren rehbraunen Augen seiner Mutter geerbt und auch ihr braunes Haar. Er zerredete die Dinge nicht. Er sprach erst, wenn etwas spruchreif war und er es von allen Seiten geprüft hatte. Doch dann handelte er, auch wenn es Widerstände gab. Er zog seine Pläne durch, ganz so, wie es Titus auch tat.

      Was tut er jetzt in der Stadt? Diese Frage beschäftigte Titus doch sehr. Er mußte es ergründen.

      »Burga, der Tank vom Landrover is fast leer. Morgen früh wird es knapp mit der Zeit werden. I fahr noch rüber zur Tankstelle und dann geh i noch auf ein Bier.«

      »Mach des! Des wird dir bestimmt gut tun! Mit deinen Stammtischbrüdern kannst dann noch ein bisserl fachsimpeln. Wo gehst hin? Gehst zum Baumberger oder in den Ochsen?«

      »I weiß es noch net.«

      Er stand auf und ging zum Ochsen. Burga sah ihm nach. Sie kannte ihren Mann gut und hatte in den letzten Tagen Veränderungen an ihm festgestellt. Aber als kluge Ehefrau hatte sie erst einmal geschwiegen. Hätte sie ihn gefragt, warum er so oft auf der einen Seite in stillen Gedanken versank, auf der anderen Seite sehr schnell aufbrauste, dann hätte sie doch keine befriedigende Antwort erhalten. Sie hatte nur erkannt, daß ihn etwas sehr

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