Der Landdoktor Staffel 2 – Arztroman. Christine von Bergen
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Sie sah hoch, mitten in Leons schwarze Augen hinein.
»Ich beginne hier in Ruhweiler eine Schreinerlehre«, sagte er. »Und ich bin hier, um dich zu fragen, ob ihr für diese Zeit vielleicht ein Plätzchen in eurer Pension für mich habt.«
Sie fühlte sich außerstande, darauf etwas zu erwidern.
Sein Vorhaben konnte doch nur heißen …
Langsam legte sich der Sturm in ihrem Inneren, die an ihr nagenden Zweifel verflüchtigten sich. Sie bekam das Gefühl, wieder Fuß in ihrem eigenen Leben zu fassen.
Leon legte die Hände auf ihre Schultern. »Vielleicht gibt es ja auch noch einen Platz in deinem Leben? Einen Platz für mich, an deiner Seite? Ich weiß, du bist mein Schicksal. Ich wusste es schon, als ich dich zum ersten Mal sah.«
Ihr wurde schwindelig. Sie schloss die Augen. Leons Stimme, seine Worte, der Ausbildungsvertrag bei der Schreinerei … Ja, Leon meinte es ehrlich mit ihr. Wenn er auch der Sohn des großen Reiseveranstalters war, wenn er auch den Auftrag gehabt haben mochte, ihre Pension zu testen, was immer auch im Internet stand –, all das zählte für sie nicht mehr. Dafür mochte es Erklärungen geben, die sie bestimmt noch erfahren würde. Jetzt zählte nur noch, dass Leon wiedergekommen war und sein Versprechen gehalten hatte.
Er zog sie an sich, und sie ließ es geschehen. Sie spürte seine Küsse auf ihrem Haar, ihrer Stirn, den Wangen, und ihr Herz weitete sich vor Glück. Ihr Körper entspannte sich. Die Knoten in ihrem Nacken lösten sich auf. Sie war Leon dankbar dafür, dass er gekommen war, dass er ihre SMS nicht ernst genommen und stattdessen an ihre Gefühle geglaubt hatte.
In dem Moment, als sich ihre Lippen berührten und miteinander verschmolzen, erklangen unten in Ruhweiler die Glocken. Sie brachten Ruhe und Frieden in Julias Herz und die Gewissheit, dass diese Liebe ein Leben lang währen sollte.
*
»Aber wieso der Name Aschenbach?«, fragte Ulrike Brunner ihren Mann, als die beiden nach der Sprechstunde mit Lump einen Rundgang durch die Wiesen machten.
»Leons Mutter hat einen Doppelnamen«, erzählte Matthias ihr. »Elsa Schubert-Aschenbach. So hatte ich es mit Leon am Telefon besprochen, als wir den Plan ausgeheckt haben. Leons Eltern sollten sich Julia gegenüber nicht sofort zu erkennen geben.«
»Warum nicht?« Seine Frau zog die Stirn in Falten und blieb stehen. »Könnte es sein, dass diese Familie ein bisschen zu sehr zur Vertuschung neigt?«
Der Landarzt lachte, legte den Arm um sie und zog sie weiter.
»Nein, ganz und gar nicht. Gideon und Elsa Schubert sind sehr sympathische Menschen. Du wirst sie ja noch kennenlernen. Es ging Leon und mir nur um Folgendes: Hätten sie sich Julia gegenüber als seine Eltern geoutet, hätte sie vielleicht gar nicht erst mit ihnen geredet.«
»Warum der ganze Aufwand? Warum hat Leon Schubert Julia nicht angerufen und ihr gesagt, dass sein Vater den Wald pachten will?«
»Julia ist stolz. Sie hätte diesen Vorschlag als Barmherzigkeit deuten können. Leon ging es darum, Julia durch Taten zu zeigen, dass er es ernst mit ihr meint.«
»Dann hat er seinen Fehler also eingesehen«, meinte Ulrike in zufriedenem Ton.
Matthias blieb stehen und gab seiner Frau einen Kuss auf die Nasenspitze.
»Hat er, mein Lockenköpfle. So, wie ich auch alle meine Fehler einsehe«, fügte er zwinkernd hinzu.
Ulrike sah ihn mit gespieltem Erstaunen an.
»Du machst doch gar keine Fehler, mein Liebling«, neckte sie ihn.
Lachend umarmten sie sich. Als sie weitergingen, sagte der Landdoktor ernst: »Es könnte sein, dass ich heute Vormittag einen gemacht habe.«
Ulrike blieb stehen. »Einen Fehler?«
»Hm.« Ihr Mann nickte. »Ich habe unserem Sohn versprochen, ihm einen Gefallen zu tun.«
»Das kann doch kein Fehler sein«, erwiderte Ulrike entrüstet.
»Es geht dabei nicht um Thorsten, sondern um eine junge Dame.«
»Eine junge Dame?« Die Landarztfrau sah nun doch etwas skeptisch drein. »Das könnte sich in der Tat als Fehler herausstellen, falls du zu nett zu ihr sein würdest«, fügte sie trocken hinzu.
»Höre ich da aus deinen Worten so etwas wie Eifersucht heraus?«, scherzte Matthias.
»Blödsinn«, wehrte Ulrike viel zu hastig ab. »Jetzt erzähl mir lieber, um was es bei diesem Gefallen geht.«
»Da kommt er«, sagte Ulrike Brunner zu ihrem Mann.
Sie stand in gebeugter Haltung vor dem niedrigen Stubenfenster des alten Schwarzwaldhauses. Lump, der Jagdhund des Arztehepaars, drängte seinen großen Kopf neben ihren blonden Lockenschopf, um auch einen Blick nach draußen zu erhaschen. Als ein schwarzer Sportwagen auf den Patientenparkplatz fuhr, begann er, freudig zu bellen. Das tiefe Brummen des Motors kannte er doch …
»Hat er Frau Konzack mitgebracht?«, fragte der Landarzt, der am Tisch sitzen blieb.
»Das kann ich noch nicht erkennen«, murmelte Ulrike. »Jetzt steigt er aus. Wie gut er wieder aussieht, unser Sohnemann«, fügte sie voller Stolz hinzu.
Der junge Mann mit den langen Locken ging um den Wagen herum zur Beifahrertür. In der lässigen Jeans, zu der er ein einfaches weißes Shirt und Bikerstiefel trug, sah man Thorsten Brunner nicht an, dass er mit seinen dreißig Jahren schon ein international anerkannter Konzertdirigent war.
»Ja, Nicole Konzack ist mitgekommen«, informierte die Landarztfrau nun ihren Mann.
Die junge Frau, die aus dem Auto stieg, war groß und schlank. Viel zu schlank. Mit dem hellblonden Haar und der hellen Haut machte sie einen geradezu zerbrechlichen Eindruck, zu dem das weiße Sommerkleid, das ihre biegsame Figur wie ein Schleier umwehte, noch beitragen mochte.
»Man sieht schon von Weitem, dass sie völlig erschöpft ist«, sagte der Landdoktor mit betroffener Miene, der sich jetzt neben Frau und Hund gesellt hatte.
Ulrike lächelte ihn voller Zuversicht an. »Das bekommst du schon wieder hin.«
*
»Da sind wir!« Thorsten Brunner legte mit freundschaftlicher Geste den Arm um die junge Frau an seiner Seite. »Darf ich vorstellen? Meine Eltern – Nicole Konzack.«
Ulrikes schöne blaue Augen strahlten an diesem Sommertag mit dem Himmel um die Wette.
»Herzlich willkommen in Ruhweiler«, begrüßte die Landarztfrau zuerst Nicole. Dann lagen sich Mutter und Sohn in den Armen.
»Hallo, Vater.« Auch die beiden Männer verharrten in inniger Umarmung ein paar Herzschläge lang. Danach wandte sich der Landdoktor an ihren Gast.
»Frau Konzack, herzlich willkommen in unserem Haus und in Ruhweiler.«
»Danke,