Gullivers Reisen. Джонатан Свифт
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V. Wenn die ausserordentliche Abfertigung eines Kuriers erforderlich ist, so soll der Bergmensch den Kurier, sowie dessen Pferd, sechs Tagereisen in seiner Tasche tragen und zwar einmal monatlich; ferner soll er den besagten Kurier, im Fall dies erforderlich ist, in unsere kaiserliche Gegenwart wohlbehalten zurückbringen.
VI. Er soll unser Verbündeter gegen unsern Feind auf der Insel Bleifusen seien, und Alles aufwenden, die Flotte derselben zu zerstören, welche jetzt einen Angriff auf unsere Besitzungen vorbereiten.
VII. Besagter Bergmensch soll nach Zeit und Muße unsere Arbeiter unterstützen, gewisse große Steine aufzuheben, welche auf die Mauer unseres Parks und andere königliche Gebäude verwendet werden sollen.
VIII. Besagter Bergmensch soll in der Zeit von zwei Monaten eine genaue Übersicht des Umfangs unserer Königreiche einliefern, indem er seine Schritte im Umkreise der Küste berechnet.
IX. und letztens. Der besagte Bergmensch, nachdem er die Beobachtung dieser Artikel feierlichst beschworen hat, soll eine tägliche Ration von Speise und Trank, welche zur Ernährung von 1824 unserer Unterthanen genügend ist, so wie freien Zutritt zu unserer Person und andere Beweise unserer Gunst erhalten. Gegeben in unserem Palast im Belsuborac am zwölften Tage des einundneunzigsten Monats unserer Regierung.
Ich beschwor und unterzeichnete alle diese Artikel mit großer Freude und Zufriedenheit, obgleich einige derselben nicht so ehrenvoll waren, wie ich hätte wünschen können; dies war aber ausschließlich durch die Bosheit des Großadmirals Skyresh Bolgolam bewirkt. Meine Ketten wurden mir sogleich abgenommen und ich erhielt die vollkommenste Freiheit. Der Kaiser selbst erwies mir die Ehre, bei der Zeremonie gegenwärtig zu seien. Ich gab ihm meine Dankbarkeit dadurch zu erkennen, daß ich mich ihm zu Füßen warf, allein er befahl mir aufzustehen, und fügte nach manchem gnädigen Ausdruck, den ich, aus Furcht eitel zu erscheinen, hier nicht wiederholen will, noch ferner hinzu: er hoffe, ich würde mich als ein nützlicher Diener erweisen und alle die Gunstbezeugungen verdienen, die er mir schon übertragen habe, oder in Zukunft noch erweisen werde.
Der Leser habe die Güte zu bemerken, daß der Kaiser in dem letzten Artikel der Urkunde, nach welcher ich meine Freiheit erlangte, mir so viel Speise und Trank bewilligt, als für 1824 Lilliputer genügen würde. Einige Zeit nachher fragte ich einen meiner Freunde bei Hofe, wie man gerade auf diese bestimmte Zahl gekommen sei, und erhielt zur Antwort: die Mathematiker hätten die Größe meines Körpers mit einem Quadranten aufgenommen und da sie nun berechneten, daß dieselbe die ihrige im Verhältnis von 12 zu 1 übertraf, zogen sie aus der Ähnlichkeit ihrer Körper den Schluß, daß der meinige wenigstens 1824 der ihrigen enthalten müsse und deßhalb eben so viel Nahrung erfordere, als jene Zahl Lilliputer. Hiedurch kann sich der Leser einen Begriff von der Klugheit dieses Volkes und von der verständigen und genauen Ökonomie eines so großen Fürsten verschaffen.
Viertes Kapitel
Losgegeben, wünschte ich sogleich die Hauptstadt in Augenschein zu nehmen und reichte eine Bittschrift ein, Mildendo besehen zu dürfen. Der Kaiser gewährte mir mein Gesuch ohne weitere Umstände, jedoch mit dem besonderen Auftrage, weder den Einwohnern noch den Häusern Schaden zuzufügen.
Das Volk wurde durch eine Proklamation von meiner Absicht, die Stadt zu besuchen, benachrichtigt. Die Mauer, welche sie umringt, ist 2½, Fuß hoch und wenigstens 11 Zoll breit, so daß eine Kutsche mit Pferden sehr bequem darauf fahren kann; in der Entfernung von 10 Fuß sind überall starke Türme angebracht. Ich schritt über das große Tor hinweg und ging durch zwei der Hauptstraßen nur seitwärts sehr leise und langsam allein mit meinem Wamms bekleidet, denn ich befürchtete die Dächer und Traufen der Häuser mit den Schößen meines Überrocks zu beschädigen. Ich beobachtete die größte Vorsicht, um einige Nachzügler, die vielleicht noch in den Straßen seien könnten, nicht zu zertreten, obgleich der Befehl sehr streng war, alle Leute sollten auf ihre eigene Gefahr nicht wagen auszugehen. Die Dachfenster und Giebel der Häuser waren so sehr mit Zuschauern angefüllt, daß ich bei mir dachte, niemals auf meinen Reisen einen so bevölkerten Ort gesehen zu haben. Die Stadt ist ein vollkommenes Viereck, und jede Seite der Mauer fünfhundert Fuß lang. Die zwei großen Straßen, welche sie durchkreuzen und in vier Quartiere einteilen, sind fünf Fuß breit. Die Gassen und Durchgänge, in die ich nicht hinein konnte, sondern die ich nur von Weitem im Vorübergehen sah, sind zwölf bis achtzehn Zoll breit. Die Stadt ist groß genug um fünfhundertausend Seelen zu enthalten. Die Häuser sind drei bis fünf Stockwerke hoch, die Läden und Märkte reichlich mit Waren versehen.
Des Kaisers Palast liegt im Mittelpunkte der Stadt, wo die beiden Hauptstraßen sich kreuzen; er wird von einer zwei Fuß hohen Mauer umringt, die zwanzig Fuß von den übrigen Gebäuden entfernt liegt. Ich hatte die Erlaubnis Seiner Majestät, über diese Mauer zu schreiten. Da der Raum zwischen derselben und dem Palast weit genug war, konnte ich mir letzteren von jeder Seite leicht besehen. Der äußere Hof ist ein Viereck von vierzig Fuß und schließt zwei andere ein. Im Inneren befinden sich die königlichen Zimmer, die ich zu sehen wünschte; dies war aber sehr schwierig, denn die großen Tore, die von einem Viertel zum andern führten, waren nur achtzehn Zoll hoch und sieben Zoll breit. Da nun auch die Gebäude des äußern Hofes wenigstens fünf Fuß hoch waren, vermochte ich nicht über sie wegzuschreiten, ohne die Zinnen des Palastes zu beschädigen, obgleich die Mauern von gehauenen Steinen erbaut und auch sehr dick waren. Zugleich aber wünschte auch der Kaiser, ich möchte die Pracht seines Palastes schauen. Dies konnte ich erst nach drei Tagen, die ich damit zubrachte, mit meinem Messer die größten Bäume des kaiserlichen Parks abzuhauen, welcher ungefähr hundert Ellen vor der Stadt entfernt lag.
Aus diesen Bäumen machte ich zwei Schemel von drei Fuß Höhe, die stark genug waren, mein Gewicht zu tragen. Nachdem das Volk zum zweitenmal gewarnt war, ging ich durch die Stadt zum Palast mit meinen zwei Schemeln in der Hand. Als ich an den äußern Hof gelangte, stellte ich mich auf den einen Schemel, hob den andern über das Dach und setzte ihn behutsam nieder auf den Raum zwischen dem ersten und zweiten Hof. Alsdann schritt ich sehr bequem über das Gebäude von einem Schemel auf den andern und zog den ersten wieder zu mir herauf durch einen Stock, der mit einem Haken versehen war. Durch dieses Mittel gelangte ich in den inneren Hof, legte mich dort auf die Seite und hielt mein Gesicht an die Fenster des mittleren Stockwerks, welche deßhalb offen gelassen waren. In demselben erblickte ich die prächtigsten Gemächer, die man sich nur denken kann. Auch sah ich die Kaiserin mit den jungen Prinzen in ihren verschiedenen Wohnungen, umringt von ihren Begleitern. Ihre kaiserliche Majestät hatte die Gnade mir zuzulächeln und reichte mir aus dem Fenster die Hand zum Kuß.
Hier jedoch werde ich die ferneren Beschreibungen nicht mitteilen, weil ich dieselben für ein größeres Werk verspare, welches zum Druck bereits fertig ist. Dies soll eine allgemeine Beschreibung des Reiches Lilliput, von seiner ersten Entstehung an, und die Geschichte einer langen Reihe von Fürsten enthalten; ferner Berichte über die Kriege, Gesetze, Politik, Gelehrsamkeit, Religion, Pflanzen und Tiere desselben; auch über die besonderen Sitten und Gewohnheiten des Volkes und über anderen sehr wissenswerten und nützlichen Stoff. Meine Hauptabsicht gegenwärtig ist allein die Darstellung derjenigen Vorfälle und Verhandlungen, die sich, in Betreff des Publikums und meiner selbst, während meines neunmonatlichen Aufenthalts in jenem Reiche ereigneten.
Eines Morgens, ungefähr vierzehn Tage nachdem ich meine Freiheit erlangt hatte, kam Redresal, erster Sekretär für Privatangelegenheiten des Kaisers (so war sein Titel) zu meiner Wohnung, und zwar nur in Begleitung eines einzigen Dieners. Seinen Wagen ließ er in einiger Entfernung warten, und bat mich, ihm eine Stunde Audienz zu erteilen. Bereitwillig