Die bekanntesten Werke von Jack London. Джек Лондон

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Die bekanntesten Werke von Jack London - Джек Лондон

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und sah denn auch nichts an ihrer hübschen Bluse und dem gutsitzenden Rock. Er sah nur die Wirkung im allgemeinen. Sie sah aus, wie man aussehen mußte. Aber das kam eben daher, daß nichts Auffallendes an ihr war.

      »Netter kleiner Käfer«, war sein Urteil, als die Kontortür sich hinter ihr schloß.

      Als er ihr am nächsten Morgen Briefe diktierte, bemerkte er, daß ihr Haar hellbraun mit einem Goldschimmer war. Die blasse Sonne ließ das Gold wie schwelendes Feuer schimmern, was sehr anziehend war. Er wunderte sich, daß er dieses Spiel der Natur noch nicht beachtet hatte.

      Mitten im Briefe kam derselbe Satzbau vor, der am vorigen Tage den Zwischenfall veranlaßt hatte. Er erinnerte sich der Grammatik und diktierte den Satz in derselben Weise, wie sie ihn verbessert hatte.

      Fräulein Mason blickte schnell auf. Sie tat es ganz unwillkürlich und tatsächlich überrascht. Im nächsten Augenblick senkte sich ihr Blick wieder. Aber in dieser Sekunde hatte Daylight bemerkt, daß ihre Augen grau waren. Später fand er heraus, daß zuzeiten ein goldener Schimmer in ihnen sein konnte; aber fürs erste genügte, was er gesehen, um ihn zu überraschen, denn er wurde sich plötzlich klar, daß er bisher immer geglaubt hatte, eine Brünette müsse auch braune Augen haben.

      Als er eines Tages an ihrem Schreibtisch vorbeiging, fand er einen Band Gedichte von Kipling und guckte verblüfft auf die Seiten.

      »Sie lesen gern, Fräulein Mason?« fragte er und legte das Buch wieder hin.

      »Ja,« lautete die Antwort, »sehr.«

      Ein andermal war es ein Buch von Wells »The Weels of Chance«.

      »Wovon handelt es?« fragte Daylight.

      »Ach, es ist nur ein Roman, eine Liebesgeschichte.«

      Sie schwieg; er aber blieb wartend stehen, und sie fühlte, daß sie noch etwas sagen mußte.

      »Es handelt von einem kleinen Londoner Kommis, der in den Ferien einen Ausflug macht und sich in ein Mädchen verliebt, das sehr hoch über ihm steht. Ihre Mutter ist eine beliebte Schriftstellerin und so weiter. Die Situation ist sehr eigenartig und traurig, teilweise direkt tragisch. Möchten Sie es lesen?«

      »Kriegt er sie?« fragte Daylight.

      »Nein, das ist es ja eben. Er war nicht – –«

      »Er kriegt sie nicht, und da lesen Sie dreihundert Seiten, bloß um das herauszufinden?« murmelte Daylight erstaunt.

      Fräulein Mason ärgerte sich, war aber doch belustigt. »Sie sitzen ja auch stundenlang da und lesen Bergwerks- und Geschäftsberichte«, erwiderte sie.

      »Aber davon habe ich was. Das ist Geschäft und ganz was anderes. Ich schlage Geld daraus. Was haben Sie von Ihren Büchern?«

      »Neue Gesichtspunkte, neue Ideen, Leben.«

      »Das ist alles nicht einen Pfennig wert.«

      »Das Leben ist mehr wert als Geld«, meinte sie.

      »Mag sein«, sagte er mit einem Unterton männlicher Duldsamkeit. »Solange man Freude daran hat. Das ist meiner Ansicht nach das Wesentliche; aber über den Geschmack läßt sich nicht streiten.«

      Trotz seiner Überlegenheit hatte er eine Ahnung, daß sie eine Menge wußte, und zugleich das Gefühl, daß er ein Barbar war, der hier den Zeugnissen einer mächtigen Kultur gegenüberstand. Ihm war Kultur etwas Wertloses, aber er hatte dennoch immer wieder eine unbestimmte Vorstellung, daß sie mehr bedeutete, als er sich denken konnte.

      Einige Tage später bemerkte er wieder ein Buch auf ihrem Schreibtisch. Diesmal blieb er nicht stehen, denn er hatte den Einband erkannt. Es war das Buch eines Zeitungskorrespondenten über Klondike, und er wußte, daß von ihm darin die Rede war, und zwar in einem sensationellen Kapitel, das vom Selbstmord einer Frau handelte, an dem er die Schuld tragen sollte.

      Seitdem sprach er nicht wieder mit ihr über Bücher. Der Gedanke, daß sie irrige Schlüsse aus dem betreffenden Kapitel gezogen haben mußte, ärgerte ihn um so mehr, je unverdienter es war. Das war denn doch der Gipfel: er – Burning Daylight – ein Herzensbrecher, und eine Frau sollte sich aus Liebe zu ihm das Leben genommen haben! Er kam sich selbst wie der unglücklichste Mensch vor. Es war ja aber auch schreckliches Pech, daß gerade dieses Buch von all den tausenden, die es auf der Welt gab, seiner Sekretärin in die Hände fallen mußte. Einige Tage hatte er jedesmal, wenn er mit Fräulein Mason zusammen war, ein unangenehmes Gefühl von Schuldbewußtsein, und einmal bemerkte er, wie sie ihn merkwürdig forschend betrachtete, als wollte sie ermitteln, was für eine Art von Mann er wäre.

      Er erkundigte sich bei Morrison, dem Kontoristen, der erst seiner persönlichen Antipathie gegen Fräulein Mason Luft machen mußte, ehe er das wenige, was er wußte, berichtete.

      »Sie stammt aus Siskiyou. Es läßt sich gut mit ihr zusammen arbeiten, gewiß, aber sie ist sehr von sich eingenommen – exklusiv, verstehen Sie.«

      »Wie äußert sich das?« fragte Daylight.

      »Ja, sie fühlt sich zu gut, um mit ihren Kollegen zu verkehren. Ich hab' sie ein paarmal eingeladen, ins Theater und so. Aber es ist nichts zu machen. Sie sagt, daß sie viel Schlaf braucht und nicht spät aufbleiben kann und einen weiten Weg bis Berkeley – da wohnt sie – hat.«

      Dieser Teil des Berichts gefiel Daylight ausnehmend. Sie war etwas Besonderes, daran war nicht zu zweifeln. Aber Morrisons nächste Worte schlugen ihm eine böse Wunde.

      »Das ist aber alles Unsinn. Sie läuft immer mit Studenten herum. Ins Theater gehen, das kann sie nicht, weil sie zuviel Schlaf braucht; aber mit denen tanzen, das kann sie immer. Ich finde, das ist ein bißchen zu vornehm für eine Bureaudame. Und dann hält sie sich noch ein Pferd. Sie reitet und treibt sich immer in den Bergen drüben herum. Ich habe sie selbst eines Sonntags gesehen. Oh, sie will hoch hinaus, und ich möchte bloß wissen, wie sie das macht. Mit fünfundsechzig Dollar im Monat kommt man nicht weit. Und dabei hat sie noch einen kranken Bruder.«

      »Wohnt sie bei ihrer Familie?« fragte Daylight.

      »Nein, sie hat keine. Die Leute sollen übrigens mal wohlhabend gewesen sein, wie ich gehört habe. Sie müssen es gewesen sein, sonst hätte der Bruder nicht die Kalifornien-Universität besuchen können. Ihr Vater hat eine große Viehfarm gehabt, ließ sich aber in dumme Minenspekulationen ein und ging pleite, ehe er starb. Ihre Mutter war schon lange tot. Ihr Bruder muß ein schönes Stück Geld kosten. Er war ein tüchtiger Kerl, spielte Fußball, war ein guter Jäger, kletterte in den Bergen herum und ähnliches. Er kam zu Schaden, als er Pferde zuritt, und dazu bekam er noch Rheumatismus. Das eine Bein ist kürzer als das andere und etwas eingeschrumpft. Er ging an Krücken. Ich hab' sie mal zusammen gesehen – sie wollten mit der Fähre übersetzen. Die Ärzte haben jahrelang an ihm herumgedoktert, und jetzt ist er, glaube ich, im französischen Hospital.«

      Alle diese Streiflichter erhöhten Daylights Interesse für Dede Mason. Aber so sehr er es auch wünschte, gelang es ihm doch nicht, näher mit ihr bekannt zu werden. Er dachte daran, sie zum Frühstück einzuladen, besaß aber die angeborene Ritterlichkeit des Hinterwäldlers, und so blieb es bei der Absicht. Er wußte, daß ein Mann von Selbstachtung kaum seine Sekretärin zum Frühstück einladen konnte.

      Hinter allen Gründen Daylights aber lag eine gewisse Furcht. Das einzige, was er je gefürchtet hatte, waren Frauen, aber vor denen hatte er auch sein ganzes Leben lang Angst gehabt. Und jetzt, da er den ersten

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