Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha
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Reimers Gesicht glich einer höhnischen Fratze. Er lachte über mich und meinen Kummer. Er stachelte Heykens’ Eifersucht noch mehr auf, und Dr. Heykens lief davon – überzeugt, von Angela verraten zu sein.
Noch heute gellt mir meines Kindes Verzweiflungsschrei in den Ohren. Vor meinen Füßen sank Angela ohnmächtig zu Boden. Sie mußte erkannt haben, daß ihr Glück nun endgültig zertrümmert sei.
Mein Blick irrte zurück zu Reimer, der lachte – lachte. Ich hatte nur den Wunsch, daß dieses gräßliche, schadenfrohe Lachen aufhören möchte.
Da hob ich die Hand, wie unter einem geheimen Zwang, aber ich vermochte nicht loszudrücken.
Auf einmal stürzte Reimer auf mich zu. Recht so! schrie er, erschieß dich, dann gehört Angela endgültig mir!
Er packte mein Handgelenk und zwang mich, die Waffe auf mich selbst zu richten. Ich wehrte mich wie eine Verzweifelte, und plötzlich löste sich erst ein Schuß, dann noch einer. Lautlos stürzte Reimer zu Boden. Die Kugeln hatten ihn getroffen.
Ich glaube, das habe ich nicht einmal mehr richtig wahrgenommen. Meine ganze Sorge galt meinem ohnmächtigen Kind. Ich eilte zu ihm, fühlte aber, wie meine Beine müde und schwer wurden. Neben Angela brach ich zusammen. Aus dieser Ohnmacht erwachte ich erst, als das Haus bereits voller Menschen war.
Ich wußte plötzlich, daß ich zur Mörderin geworden war. Aber ich konnte keine Reue darüber empfinden – denn ich hatte mich und mein Kind von der Quälerei eines Mannes befreit, an der wir sicher eines Tages zugrunde gegangen wären.«
Bis jetzt hatte Bettina sich mühsam aufrechterhalten. Nun schien es, als falle sie wieder in müde Resignation zurück.
Totenstille war ihrer Beichte gefolgt, eine Stille, die nach Minuten von Schluchzen unterbrochen wurde. Taschentücher wurden gezogen, und doch unterdrückte man soviel wie möglich jeden Laut. Nichts hätte mehr ergreifen können als die schlichten Worte dieser Mutter.
Bettina aber raffte sich noch einmal auf. Hatte sie bisher zu dem Mann gesprochen, der treu und stark zu ihrem Kind hielt, so wandte sie sich nun mit einem unsagbar rührenden Lächeln an den Gerichtshof.
»Nicht um meine Tat in ein besseres Licht zu rücken, habe ich hier mein Leben entrollt und alles Herzeleid noch einmal aufs neue durchlitten. Nur dem Mann, der mein Kind liebt, wollte ich Rechenschaft ablegen. Vor der Welt bin ich eine Mörderin, aber in seinen Augen möchte ich nur eine ganz arme, unglückliche Mutter sein, der das Glück ihres Kindes viel höher stand als das eigene. Mein Leben habe ich verwirkt – ich sehne mich auch nach nichts anderem als nach Frieden – Frieden…«
»Mutti«
Mit aller Gewalt hatte sich Angela von Dr. Heykens losgerissen. In verzweifeltem Schmerz lief sie auf die Stelle zu, wo Bettina immer noch stand.
»Mutti!« Immer kehrte dieser wehe Aufschrei wieder.
Dr. Heykens sprang ebenfalls auf und fing das geliebte Mädchen in seinen Armen auf.
Angela fest an sich gepreßt, sah er in das von einem wundersamen Lächeln verklärte Gesicht Frau Bettinas. Und da tat er etwas, was Bettina für vieles entschädigte, was sie in schlaflosen Nächten gequält und ruhelos gemacht hatte. Er nahm die schmale, kraftlose Hand und drückte dankbar seine Lippen darauf.
»Mutter!« flüsterte er tiefbewegt.
Da wurde es Bettina auf einmal leicht ums Herz, ganz leicht und frei. Ihr Blick umschloß das Bild: ihr Kind an der Seite dieses prachtvollen Mannes – und mit einem leisen Seufzer brach sie in der Bank zusammen.
Dr. Heykens barg schnell Angelas Kopf an seiner Schulter, während zwei Diener sich um die Ohnmächtige bemühten.
Willenlos, mit schweren Gliedern und wirrem Kopf, ließ sich Angela davonführen.
Ganz unbeschreibliche Aufregung herrschte unter den Zuschauern. Ausrufe wurden laut, die der Vorsitzende sofort zum Verstummen brachte, als er verkündete:
»Die Verhandlung wird für eine Stunde unterbrochen!«
*
Das Urteil lautete auf Freispruch. Nicht nur das Gericht und die Geschworenen, sondern sogar der Staatsanwalt stellten sich auf den Standpunkt, daß der Tat nicht einmal Notwehr zugrundegelegt werden konnte. Frau Bettina war angegriffen worden, niemand zweifelte an ihrer Darstellung des Hergangs. Und dann gab es selbst hierfür einen Beweis, nämlich die Aussage des Gefängnisarztes, der sie bei ihrer Einlieferung in die Untersuchungshaft untersucht hatte. An ihrem rechten Handgelenk hatte er blutunterlaufene Abdrücke bemerkt, aber sie hatte mit aller Bestimmtheit erklärt, daß sie sich bei der Hausarbeit gestoßen hätte. Er hatte ihr geglaubt und es nicht in seinem Bericht vermerkt. Nun untermauerten diese Spuren auf sensationelle Weise Frau Bettinas Aussage.
Es war ein Unglücksfall mit allen tragischen Verstrickungen gewesen, die es geben konnte. Frau Bettinas sich ständig wiederholendes Schuldbekenntnis: »Ich habe ihn erschossen«, fand kein Gehör mehr. Im Sinne des Gesetzes war sie nicht schuldig geworden.
Sie selbst aber, die im Gerichtssaal bewußtlos zusammengebrochen war, lag schwerkrank darnieder. Ihr Leben hing an einem seidenen Faden.
Wochen vergingen. Der Winter hatte längst seinen Einzug gehalten, und die Zeit verlief still und freudlos in dem verschneiten Landhaus. Selbst Klaus schien sein herziges Bubenlachen verlernt zu haben. Er fragte zwar nicht mehr so häufig nach Tante Betti, weil Angela dann sofort zu weinen begann, aber man fand ihn oft vor dem Bild der geliebten Tante und wußte, daß sein kleines Herz einer Sehnsucht nach ihr hatte.
Angela dachte nur an die Stunde, da ihr die Mutter neu geschenkt werden würde.
Frau Elke war auf ausdrücklichen Wunsch Peters endlich heimgefahren, unruhig und um das Schicksal der beiden jungen Menschen besorgt. Jede Woche flatterte ein lieber Brief von ihr ins Haus, den Angela gewissenhaft beantwortete.
So vergingen weitere Monate, und wieder war der Herbst ins Land gezogen. Im Garten blühten die Herbstblumen in bunter Pracht, und das Laub an den Bäumen färbte sich purpurn.
An einem solchen Tag, der Angela lebhaft an denjenigen erinnerte, da man über ihre Mutter zu Gericht gesessen hatte, kam Peter zu ihr.
Sie lag still in seinen Armen, ließ sich küssen und weinte in ihrer lautlosen Art. Wie glücklich hätte sie sein können an Peters Seite, und wie freudvoll wäre dadurch sein Leben geworden!
Sein Gesicht war noch hagerer als vordem, und die Augen lagen tief in den Höhlen. Er schien wenig Schlaf zu finden, gönnte ihn sich vielleicht auch nicht.
»Ich will mich nur von dir verabschieden, Angela«, begann er, als sie beide wieder gefaßter waren. »Ich muß auf einige Zeit verreisen, in einige große deutsche Städte. Wann ich wiederkomme, ist unbestimmt.«
Angela nickte ergeben. Tränen würgten sie. Alles war so trostlos, so traurig.
Lange hing sie zum Abschied an seinem Hals, ihr war, als würde auch die letzte Freude von ihr genommen.
Rasch bestieg Peter Heykens seinen Wagen. Immer sah er Angelas übergroße Augen vor sich. Noch nicht einmal hatte sich der blaßrote