Gesammelte Werke von Nikolai Gogol. Nikolai Gogol

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Gesammelte Werke von Nikolai Gogol - Nikolai Gogol

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ist der Schmied!« sagte Tschub, nach seiner Kapuze greifend. »Hörst du, Ssolocha: versteck mich, wo du willst; ich will um nichts in der Welt dieser verfluchten Mißgeburt vor die Augen kommen, sollen diesem Teufelssohn unter den Augen Blasen wachsen, eine jede so groß wie ein Heuschober!«

      Ssolocha, die gleichfalls erschrocken war, rannte wie verrückt umher und machte in ihrer Zerstreutheit Tschub ein Zeichen, er solle in den gleichen Sack hineinkriechen, in dem schon der Küster saß. Der arme Küster konnte nicht einmal durch Husten oder Ächzen seinen Schmerz zeigen, als sich der schwere Mann ihm fast auf den Kopf setzte und ihm seine hartgefrorenen Stiefel gegen die beiden Schläfen preßte.

      Der Schmied trat ein und fiel fast, ohne ein Wort zu sagen und ohne die Mütze abzunehmen, auf eine Bank nieder. Man konnte ihm ansehen, daß er sehr schlechter Laune war.

      Während Ssolocha die Tür hinter ihm schloß, klopfte schon wieder jemand. Das war der Kosak Swerbygus. Diesen könnte sie unmöglich in einem Sack verstecken, denn einen solchen Sack gibt es gar nicht. Er war dicker als selbst der Amtmann und länger als Tschubs Gevatter. Darum führte ihn Ssolocha in den Gemüsegarten, um dort von ihm alles zu hören, was er ihr sagen wollte.

      Der Schmied blickte zerstreut in alle Ecken seiner Stube und horchte von Zeit zu Zeit auf die Koljadalieder, die über das ganze Dorf klangen; schließlich heftete er seinen Blick auf die Säcke.

      »Warum liegen diese Säcke hier? Es ist längst Zeit, sie wegzuräumen. Wegen dieser dummen Liebe bin ich ganz närrisch geworden. Morgen ist Feiertag, und in der Stube liegt noch allerlei Kehricht herum. Ich will sie in die Schmiede tragen!«

      Der Schmied hockte sich neben den großen Säcken hin, band sie fest zu und wollte sie auf seine Schultern heben. Aber seine Gedanken weilten offenbar ganz wo anders; sonst hätte er hören müssen, wie Tschub zischte, als er mit dem Strick, mit dem er den Sack zuband, auch sein Haar einklemmte, und wie der dicke Amtmann ziemlich laut aufschluckte.

      – Will mir denn diese nichtsnutzige Oksana gar nicht aus dem Kopf? – sagte der Schmied zu sich selbst. – Ich will an sie gar nicht denken, und doch denke ich wie zum Trotz nur an sie. Warum kommt mir dieser Gedanke gegen meinen Willen immer wieder in den Sinn? Verdammt! Die Säcke scheinen schwerer geworden zu sein. Es liegt sicher auch etwas anderes drin außer der Kohle. Ein Narr bin ich! Ich habe ja ganz vergessen, daß mir jetzt alles schwerer vorkommt. Einst konnte ich mit einer Hand ein kupfernes Fünfkopekenstück oder ein Hufeisen zusammenbiegen und wieder geradebiegen, und jetzt kann ich nicht mehr einige Kohlensäcke heben. Bald wird mich noch der Wind umwerfen … Nein! – rief er, nach kurzem Besinnen, neuen Mut fassend. – Bin ich denn ein Weib! Ich werde niemand erlauben, über mich zu lachen! Und wenn es auch zehn solche Säcke sind, ich hebe alle auf! – Und er lud sich rüstig alle Säcke, die auch zwei starke Männer nicht hätten tragen können, auf die Schultern. – Ich nehme auch diesen mit –, fuhr er fort, den kleinsten Sack hebend, auf dessen Boden zusammengerollt der Teufel lag. – Ich glaube, ich habe darin mein Werkzeug liegen. – Mit diesen Worten verließ er die Stube, das Liedchen vor sich hinpfeifend:

      »Laßt euch nicht mit Weibern ein …«

      Immer lauter und lauter klangen auf den Straßen die Lieder, das Lachen und Schreien. Die sich drängenden Scharen vergrößerten sich durch den Zufluß von Leuten aus den Nachbardörfern. Die Burschen tollten und tobten nach Herzenslust. Bald erklang zwischen den Koljadaliedern ein lustiges Lied, das einer der jungen Kosaken auf der Stelle verfaßt hatte; bald brüllte jemand in der Menge statt eines Koljadaliedes das Silvesterlied:

      »Will mein Glück versuchen:

       Gebt mir einen Kuchen,

       Auch ein Häuflein Brei,

       Eine Wurst, ein Ei!«

      Lautes Lachen belohnte den Spaßvogel. Die kleinen Fenster gingen in die Höhe, und alte Frauen (die allein mit den gesetzten Vätern zu Hause geblieben waren) streckten ihre dürren Hände mit einer Wurst oder einem Stück Kuchen aus dem Fenster. Die Burschen und die Mädchen hielten um die Wette ihre Säcke unter und fingen die Beute auf. An einer Stelle hatten die Burschen einen ganzen Haufen von Mädchen umringt: da gab es Lärm und Geschrei; der eine warf einen Schneeball, der andere raubte einen mit allerlei Sachen angefüllten Sack. An einer anderen Stelle lauerten die Mädchen einem Burschen auf, stellten ihm ein Bein, und er flog mit dem Sack zu Boden. Es sah so aus, als ob sie die ganze Nacht sich so vergnügen wollten. Und die Nacht war wie zum Fleiß so hell und mild! Und das Mondlicht schien im Glänze des Schnees noch weißer!

      Der Schmied blieb mit seinen Säcken stehen. Er glaubte im Haufen der Mädchen die Stimme und das feine Lachen Oksanas zu hören. Ein Zittern lief ihm durch alle Adern; er warf die Säcke zu Boden, so daß der Küster, der sich auf dem Boden des einen befand, vor Schmerz aufstöhnte und der Amtmann aus vollem Halse aufschluckte, und ging mit dem kleinen Sacke über der Schulter dem Haufen der Burschen nach, die einem Haufen von Mädchen folgten, unter denen er die Stimme Oksanas gehört zu haben glaubte.

      – Ja, sie ist es! Sie steht wie eine Zarin da und läßt ihre schwarzen Augen funkeln. Der hübsche Bursche erzählt ihr etwas; es ist wohl etwas Lustiges, denn sie lacht. Aber sie lacht ja immer. – Der Schmied drängte sich unwillkürlich, ohne es selbst zu merken, durch die Menge und stand neben ihr.

      »Ach, Wakula, du bist hier? Guten Abend!« sagte die Schöne mit dem Lächeln, das Wakula fast verrückt machte. »Nun, hast du mit deinem Singen viel verdient? Gott, was für ein kleiner Sack! Und hast du mir die Schuhe, die die Zarin trägt, verschafft? Bringe mir die Schuhe, und ich heirate dich! …« Sie lachte und lief mit dem Haufen der Mädchen davon.

      Wie angewurzelt stand der Schmied auf einem Fleck. – Nein, ich kann nicht mehr, es geht über meine Kraft … –, sagte er endlich. – Mein Gott, warum ist sie so teuflisch schön? Ihr Blick, ihre Rede, alles versengt mich durch und durch … Nein, ich kann mich nicht mehr beherrschen. Es ist Zeit, allem ein Ende zu machen. Mag meine Seele zugrunde gehen! Ich geh’ und ertränke mich im Eisloch, und niemand sieht mich mehr! –

      Er ging mit festen Schritten voraus, holte die Mädchenschar ein, erreichte Oksana und sagte mit fester Stimme: »Leb wohl, Oksana! Such dir einen Bräutigam, wie du ihn willst, halte zum Narren, wen du willst, mich aber wirst du auf dieser Welt nicht mehr erblicken.«

      Die Schöne schien erstaunt, sie wollte etwas sagen, aber der Schmied winkte mit der Hand ab und lief davon.

      »Wo willst du hin, Wakula?« schrien die Burschen, als sie den Schmied so laufen sahen.

      »Lebt wohl, Brüder!« rief ihnen der Schmied zu. »Wenn Gott will, sehen wir uns in jener Welt wieder; auf dieser Welt werden wir uns nicht mehr gemeinsam vergnügen! Lebt wohl! Behaltet mich in gutem Andenken! Sagt dem Pater Kondrat, er möge eine Messe für meine sündige Seele lesen. Die Kerzen vor den Bildern des Wundertäters und der Mutter Gottes habe ich Sünder nicht bemalt: so verstrickt war ich in irdische Dinge. Meine ganze Habe, die sich in meiner Truhe findet, gehört der Kirche. Lebt wohl!«

      Nach diesen Worten lief der Schmied mit dem Sack auf dem Buckel weiter.

      »Er ist verrückt!« sagten die Burschen.

      »Eine verlorene Seele!« murmelte fromm eine vorübergehende Alte. »Ich will mal gleich hingehen und den Leuten erzählen, wie der Schmied sich erhängt hat!«

      Nachdem Wakula durch einige Straßen gelaufen war, blieb er endlich stehen, um Atem zu holen. – Wo laufe ich denn wirklich hin? – fragte er sich. – Als wenn schon alles verloren wäre. Ich will noch ein Mittel versuchen und zum dicken Saporoger Pazjuk gehen. Man sagt, daß er alle Teufel

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