Gesammelte Werke. Aristoteles

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Gesammelte Werke - Aristoteles

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wären sie ihnen gewachsen, und offenbaren dann nur ihr Unvermögen. Sie zieren sich auch in Kleidung und Haltung und dergleichen, tragen ihre Glücksgüter zur Schau und reden von ihrer eigenen Person, als ob sie sich damit in Ansehen brächten.

      Dem Hochsinn ist der niedere Sinn mehr entgegengesetzt als die Aufgeblasenheit. Denn der niedere Sinn kommt häufiger vor und ist der schlimmere Fehler.

      Zehntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      (1125b) Während der Hochsinn es, wie gesagt, mit der Ehre im großen zu tun hat, scheint die Ehre, wie wir schon in den ersten Abschnitten erklärt haben, auch noch Gegenstand einer anderen Tugend zu sein, einer Tugend, die sich zum Hochsinn ähnlich wie die Freigebigkeit zur Hochherzigkeit verhält. Denn diese beiden Tugenden halten sich vom Großen fern, geben uns aber in betreff des Mittelmäßigen und Kleinen die rechte Verfassung.

      Wie es also beim Nehmen und Geben von Geld und Geldeswert eine Mitte wie ein Übermaß und einen Mangel gibt, so gibt es auch bei der Ehrbegierde ein Mehr und ein Minder als sich gehört, wie auch eine Mitte, die bewirkt, daß man die Ehre da sucht, wo sie wirklich zu finden ist, und zugleich im Verlangen nach Ehre das rechte Maß beobachtet. Wir tadeln einerseits den Ehrgeizigen, weil er im Übermaß und aus unrechter Quelle Ehre gewinnen will, anderseits tadeln wir den Nichtehrgeizigen, weil er nicht einmal die Ehre sucht, die aus dem sittlich Schönen erwächst. Es kommt aber auch, wie wir schon in den früheren Abschnitten bemerkt haben, vor, daß wir den Ehrgeizigen als mannhaft und für das Gute begeistert und den Nichtehrgeizigen als maßvoll und besonnen mit Lob erheben.

      Man sieht also, daß man die Bezeichnung »ehrgeizig« in verschiedenem Sinne gebraucht, und wir darum, wenn wir jemanden so nennen, es nicht immer mit Bezug auf das Nämliche tun, sondern beim Lobe daran denken, daß einer mehr auf Ehre sieht als der große Haufe, beim Tadel dagegen daran, daß er es mehr tut als recht ist. Da nun die Mitte keine eigene Bezeichnung hat, so scheinen die Extreme um sie, als wäre sie unbesetzt, zu streiten. Aber wo Übermaß und Mangel ist, da ist auch eine Mitte. Und da man nach der Ehre teils mehr teils weniger als sich geziemt, streben kann, so kann es auch in geziemender Weise geschehen, und mit dem Lobe, das hier gespendet wird, ist dieser Habitus gemeint, der in Bezug auf die Ehre die Mitte hält und keinen Namen hat.

      Er erscheint, gegen den Ehrgeiz gehalten, als Mißachtung der Ehre, gegen die Mißachtung der Ehre gehalten, als Ehrgeiz, gegen beides gewissermaßen als beides. Dies scheint auch bei den anderen Tugenden der Fall zu sein, nur daß in unserem Falle blos die Extremen sich gegenüber zu stehen scheinen, weil derjenige, der sich in der Mitte hält, keinen Namen hat.

      Elftes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Sanftmut ist die Mitte bei den Zornesaffekten. Da aber der Mittlere und auch so ziemlich die Extremen unbenannt sind, so beziehen wir die Sanftmut, die doch nach Seiten des gleichfalls unbenannten Mangels neigt, auf den Mittleren. Das Übermaß kann man Zornmütigkeit nennen. Denn der Affekt ist Zorn, was ihn aber hervorruft, ist vieles und verschiedenes.

      Wer nun zürnt worüber er soll, und wem er soll, und dazu wie, wann und solange er soll, wird gelobt, und so wäre er denn der Sanftmütige, wenn anders die Sanftmut Lob erhält. Denn der Sanftmütige soll ein Mann sein, der sich nicht verwirren und von seinem Affekt fortreißen läßt, sondern in der Art, in der Veranlassung und in der (1126a) Dauer seines Zornes nur der Vernunft Gehör gibt. Er scheint aber vielmehr nach seite des Mangels zu fehlen, weil der Sanftmütige nicht zur Rache, sondern vielmehr zum Verzeihen geneigt ist.

      Der Mangel, mag er nun Zornlosigkeit oder sonst was immer sein, erfährt Tadel. Denn die nicht zürnen worüber sie sollen, und nicht wie sie sollen, noch wann, noch wem sie sollen, scheinen töricht zu sein. Man meint ja, ein solcher Mensch habe keine Empfindung und könne nicht gekränkt werden und sei wehrlos, da er nicht zornig werde. Sich aber Schimpf gefallen zu lassen und seine Angehörigen nicht dagegen zu schützen, verrät knechtischen Sinn.

      Zu der Sanftmut stellen wir mehr das Übermaß des Zorns in Gegensatz. Denn einmal kommt dasselbe häufiger vor, da es mehr in der menschlichen Art liegt, sich zu rächen. Und dann ist auch mit den Grimmigen schlechter umgehen als mit denen, die übermäßig milde sind.

      So viel ist jedenfalls klar, daß die Mitte ein lobenswerter Habitus ist, vermöge dessen wir zürnen wem wir sollen und worüber wir sollen, und was sonst noch alles hieher gehört; und daß das Übermaß und der Mangel tadelnswert sind, und zwar wenn beide gering sind in geringem Maße, wenn bedeutender, in höherem, und wenn sehr bedeutend, im höchsten Maße.

      Man sieht also, daß man sich an den mittleren Habitus zu halten hat.

      Hiermit sind die auf den Zorn bezüglichen Charaktereigenschaften erledigt.

      Zwölftes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Was den Umgang, das Zusammenleben und den Verkehr in Worten und Handlungen betrifft, so scheinen die einen gefallsüchtig

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