Mami Staffel 2 – Familienroman. Gisela Reutling
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Mami Staffel 2 – Familienroman - Gisela Reutling страница 15
»Dann ist’s ja gut«, sagte Kati, um einen versöhnlichen Unterton bemüht, denn schließlich mußten sie noch zehn Tage lang miteinander auskommen, »ich fahre jetzt ins Waisenhaus und hole Miguel. Tu mir einen Gefallen, und bleib drüben, bis ich dich rufe, ja?«
»Zu Befehl!« Achim stand stramm und deutete einen militärischen Gruß an.
»Du bist wirklich albern«, murmelte Kati, drängte ihn hinaus und wünschte sich Christof mit dem Landrover herbei. Aber alles konnte man bekanntlich im Leben nicht haben, und so hastete sie zum nächsten Taxistand.
*
»Gut, daß Sie endlich da sind«, bemerkte Dona Dolores, »ich habe schließlich nicht den ganzen Tag Zeit. Hoffentlich haben Sie das Taxi warten lassen.«
Kati sah verdutzt zu, wie sich Dona Dolores den schläfrigen Miguel über die Schulter legte und Pilar mit einer herrischen Geste anwies, die Eingangspforte zu öffnen.
»Wir müssen sofort los«, erklärte sie mit einem Blick auf die Uhr an ihrem Handgelenk.
Wir?
Allerdings.
Dona Dolores war offenbar entschlossen, Miguel in sein Übergangsheim zu begleiten. Wozu sie natürlich berechtigt war.
Aber warum hatte sie das vorher nicht erwähnt?
Weil sie unter dem Motto lebte: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Für den Fall, daß ihrem Argusauge etwas mißfiel, würde sie das Kind wieder mitnehmen. Ganz einfach.
Kati sandte ein Stoßgebet zum Himmel, daß sie nichts vergessen hatte, weder das Moskitonetz über dem Babybettchen, noch den Filter am Wasserhahn. Vor allem betete sie darum, daß Achim sich zurückhalten und nicht in Erscheinung treten möge.
In letzter Zeit hatte sich der Herrgott ihren Wünschen gegenüber nicht gerade aufgeschlossen gezeigt, und je näher sie der Caille Trinidad kamen, um so tiefer sank ihr Herz.
Tausend Dinge konnten schiefgehen. Kleinigkeiten, die niemandem auffielen, mochten für Dona Dolores unüberwindliche Hindernisse bedeuten.
»Ich muß Ihnen noch das Geld zurückgeben«, raunte Kati, weil ihr nichts anderes einfiel.
»Doch nicht jetzt und hier«, zischte Dona Dolores mit einem Blick auf den Fahrer, der gleichmütig von der Hauptverkehrsstraße abbog.
Kati verstummte.
Miguel, aus seinem Mittagsschlaf gerissen, wimmerte mit geschlossenen Augen auf Dona Dolores’ Schulter ganz leise vor sich hin.
Die Zeichen stehen nicht gut, dachte Kati beklommen.
Aber dann änderte sich die Perspektive. Diesmal hatte der liebe Gott ein Einsehen.
In einer blütenweißen Schürze über einem untadeligen blauen Leinenkleid stand Serafina auf der Schwelle des Hauses Nummer zwölf und näherte sich in gebührender Achtung.
Gleichzeitig strahlte sie so viel Redlichkeit und Selbstbewußtsein aus, daß Dona Dolores ein anerkennendes Lächeln nicht unterdrücken konnte.
Die Schatten hoben sich. Der Bann war gebrochen.
Miguel öffnete die Äuglein, hob das Köpfchen und streckte vertrauensvoll die Ärmchen nach Kati aus, während Dona Dolores das Haus betrat und aus ihrer angenehmen Überraschung keinen Hehl machte.
»Sie arbeiten immer hier?« erkundigte sie sich, die blitzsaubere Küche eingehend betrachtend.
»Täglich«, erwiderte Serafina mit fester Stimme, und damit
schien Dona Dolores außerordentlich zufrieden zu sein,
Das Bettchen, das Badewännchen, die Windelstapel inspizierte sie nur noch flüchtig. Es war, als zerstreue die Anwesenheit der tüchtigen Serafina alle nur möglichen Bedenken.
In letzter Minute, betäubt vor Erleichterung, besann sich Kati auf ihre Schulden, und nun ließ sich Dona Dolores gnädig das Geld aushändigen.
»In den nächsten Tagen komme ich wieder vorbei«, sagte sie beim Abschied, »ein Telefon haben Sie nicht?«
»Nein, aber es ist immer jemand da«, versicherte Serafina mit Bestimmtheit, »Sie sind uns jederzeit willkommen!«
»Von Ihnen kann ich noch viel lernen«, stellte Kati fest, als sie dann mit Serafina bei einer Tasse Kaffee saß.
»Dona Dolores hat Macht«, erklärte Serafina schlicht. »man muß ihr sehr höflich begegnen und ganz ruhig.«
»Wenn ich das nur könnte!«
»Wenn man muß, kann man vieles«, lächelte Serafina, und Miguel schwang zustimmend den Kaffeelöffel.
Er saß auf Katis Schoß und rammte ihr sein Köpfchen unters Kinn, als wolle er sie auf etwas aufmerksam machen. Und tatsächlich – ein zarter Flaum begann sich zu bilden, ein rußschwarzer Hauch nur. Aber, wie Kati sich glücklich sagte: es war ein Anfang. Während sie ihm sein Sonnenhütchen aufsetzte, fragte Serafina beiläufig, ob der Freund von Don Christof den heiligen Abend allein drüben verbringen oder nicht wenigstens hier essen sollte. »Ich habe Pollo Campero vorbereitet«, fügte sie halblaut hinzu, »und ein paar Salate.«
»Ja, sicher, klar«, antwortete Kati rasch, »er kann bei mir essen. Selbst wenn Dona Dolores noch einen Kontrollgang machen würde, was ich nicht glaube, gegen einen Gast zum Weihnachtsessen dürfte sie nichts einzuwenden haben.«
Pollo Campero war ein Hähnchen, das in einer würzigen Panade gebacken köstlich schmeckte. Es gehörte zu Serafinas Spezialitäten, die nun auch Achim zu schätzten lernte.
»Ihr lebt ja richtig feudal hier«, meinte er, als er etwas später herüber kam, »sogar mit Köchin. So habe ich mir das Leben als Jung-Lehrerin im Ausland nicht vorgestellt.«
»Nur kein Neid«, beschied ihn Kati heiter, »dafür muß man höllisch auf sein Geld aufpassen. Wie du siehst habe ich weder Telefon noch Fernseher.«
»Das würde mir allerdings enorm fehlen«, gestand Achim und richtete endlich einen widerstrebenden Blick auf den Kleinen, der sein Gesichtchen in Katis Haar versteckte.
»Wo hast du ihn überhaupt entdeckt?«
»In der Zeitung. Dona Dolores sucht jede Woche Adoptiveltern für einige der Kinder.«
»Mein Gott, Kati! Willst du ihn etwa behalten?«
»Wenn ich dürfte, ich täte es auf der Stelle.«
»Du bist ja verrückt!« entfuhr es Achim.
»In deinen Augen vielleicht«, entgegnete Kati kühl, »manche Leute denken anders darüber.«
»Aha. Vielleicht der Kerl aus dem Haus nebenan?«
»Christof? Keine Ahnung. Ich müßte ihn mal eingehend befragen.«