Gesammelte Werke. Джек Лондон
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»Fühlen Sie das wirklich?« fragte sie, die Hand in seinem Arm.
»Früher war mir all das nur Schulweisheit, unsere ganze Wiking-Vergangenheit hat mir nie etwas gesagt, Frona! Ich war ein kleiner Student, ich hatte Formeln und Logarithmentafeln im Kopf, und von wem ich abstamme, danach habe ich kaum gefragt. Das heißt, wissen Sie, mein Blut hat nicht danach gefragt, nicht einmal ein Traum hat mir davon erzählt.«
»Und jetzt?«
»Hier oben im Norden ist mir das alles plötzlich bewusst geworden.«
Er sah Frona mit bewundernden Augen an, ihre Silhouette zeichnete sich scharf von der flammenden Luft ab. Der Reif in ihren Brauen und Wimpern schimmerte wie Juwelen. Ihr Gesicht stand ganz in diesen Strahlen. Wie ein Genius der nordischen Rasse erschien sie ihm, bei ihrem Anblick standen längst vergangene Generationen in seiner Seele auf. Er empfand, wie seine Väter in Sturmgetöse und Wogenprall kampftüchtige Schiffe mit scharfem Bug aus diesen Breiten hinunter in den Mittag gesteuert hatten, ringsherum um Europa. Wikinger hatte man sie geheißen, die mit eisernen Muskeln und gewaltigen Brustkästen aus dem Element selbst entstanden waren, um plündernd wie Herrgottsgeißeln über die warmen Südlande hinzufahren. Leidenschaftlich griff er nach Fronas Hand.
»Die weiße Braut auf meinem Ruhebette! Frona! Hier unter den Sternen, im Nordlicht …«
Er brach ab; der Schwung seines Herzens wollte sich ihm nicht zu Worten gestalten. Das Nordlicht zerflackerte mit einem letzten, unsicheren, blassgelben Schein. Jetzt glitzerten nur noch die Sterne, und jetzt erst war wirklich Nacht. Ganz von fern hörte man die Hunde des Leichenschlittens klagend heulen.
»Werden Sie meine Braut, Frona!«
Eine Minute lang wurde kein Wort gesprochen. Eine Minute lang beobachtete Corliss, wie aus Fronas Gestalt das Siegesgewisse verschwand, ihre Gestalt klein wurde und zusammensank. Er las auf ihrem Gesicht die bittere Notwendigkeit, ein Wort sprechen zu müssen, das ihm weh tat.
»Ich war ein Narr … sagen Sie nichts … Ich weiß meine Antwort …«
Frona bat: »Lassen Sie uns gehen.«
Erst als sie den Berg hinter sich gelassen, die Ebene durchschritten hatten und bei der Sägemühle am Fluss ankamen, als geschäftige Menschen rings um sie waren, konnten sie ein Gespräch wieder aufnehmen.
»Es tut mir so leid«, stammelte sie. Und dann, unbewusst sich selbst verteidigend, »und es war alles so schön vorher … so schön … Aber das hatte ich nicht erwartet …«
»Sonst hätten Sie meine Frage verhindert?«
»Ja, ich glaube. Ich wollte Ihnen ja nicht wehe tun.«
»So haben Sie es also erwartet?«
»Vielleicht gefürchtet. Aber zugleich hatte ich gehofft … Sehen Sie, Vance, ich bin nicht nach Klondike gekommen, um mich zu verlieben. Und erst recht nicht, um zu heiraten. Gefallen haben Sie mir vom ersten Augenblick an, eigentlich gefallen Sie mir immer besser. Und nie haben Sie mir besser gefallen als gerade heute. Aber …«
»Aber meine Frau zu werden, daran haben Sie nie gedacht. Das wollen Sie doch sagen?«
Er sah sie von der Seite an, scharf und forschend, und in diesem Augenblick machte ihn der Gedanke, sie zu verlieren, rasend.
»Ich habe sogar daran gedacht«, antwortete sie. »Ich habe daran gedacht, aber der Gedanke hat keine Gewalt bekommen. Sie haben so viele große Eigenschaften, Vance, so vieles, Herzlichkeit und Güte und Kraft …«
Er versuchte mit einer Handbewegung, sie zum Schweigen zu bringen, aber jetzt wollte sie sprechen.
»Ein wundervoller Kamerad sind Sie. Das größte, was ein Mensch dem anderen geben kann, ist eine Freundschaft, wie Sie sie zu geben haben. Wenn das gekommen wäre, was Sie glauben, ach, ich wäre sehr glücklich gewesen. Ist es meine Schuld, dass es nicht kam?«
Er versuchte es mit einem Scherz, so bitter, dass er ihm selbst weh tat.
»Sie hätten gern den unwillkommenen Gast willkommen geheißen?«
»Warum machen Sie mir alles noch schwerer, als es ist, Vance? Warum helfen Sie mir nicht lieber? ›Nein‹ hören müssen ist furchtbar hart, aber ›Nein‹ sagen müssen ist noch viel schrecklicher. Ich habe einen lieben, lieben Freund, den will ich nicht verlieren.«
»Ein Freund geht verloren, wenn er ein Liebender wird, Frona. Ich hätte nie den Mund auftun dürfen. Jetzt ist alles so klar und so furchtbar hoffnungslos. Aber wenn ich geschwiegen hätte, es wäre doch dasselbe gewesen.«
In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass er wohl vor wenigen Wochen noch auf seine Schicksalsfrage eine ganz andere Antwort bekommen hätte. Das machte bitter.
»Sie sind ein Mädchen wie die meisten. Jeder Tag verwischt den vergangenen. Da erscheinen neue Gedanken und Gesichter, Männer mit wunderbaren Abenteuern, neben denen ein nüchterner kleiner Bergwerksingenieur nichts zu bedeuten hat.«
Jetzt war sein ganzes Herz voll Wut. Er wollte sie in Worten ausschütten und fühlte, wie diese Worte sich zu Unflat in ihm ballten. Die ganze Wahrheit über diesen Burschen St. Vincent sollte sie hören, der ihm mit Lüge und Schaumschlägerei sein herrliches Mädchen gestohlen hatte. Aber sie unterbrach ihn.
»Sprechen Sie nicht, Vance. Was Sie jetzt sagen wollen, will ich nicht hören. Ich verstehe, was Sie fühlen, streiten will ich nicht mit Ihnen, deshalb ist es besser, Sie schweigen.«
»Wenn Sie mich für streitsüchtig halten, will ich Sie lieber verlassen.«
Er blieb plötzlich stehen, und sie stand neben ihm.
»Dort kommt Dave Harney«, sagte er.