Gesammelte Werke. Джек Лондон
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Джек Лондон страница 20
»Habe nichts zu bedauern«, bockte der Goldgräber.
*
»Herr Harney? Dave Harney, wenn ich nicht irre?«
Der Bonanza-König nickte, und Herr Gregory St. Vincent wandte sich an Frona.
»Die Welt ist wirklich nicht groß, Fräulein Welse. Denken Sie, Herr Harney und ich sind alte Bekannte.«
Jetzt ging dem Goldkönig ein Licht auf.
»Warten Sie, junger Mann, ich komme schon drauf. Damals waren Sie glatt rasiert. Warten Sie – das war im Jahre sechsundachtzig, dann – Herbst siebenundachtzig, Sommer achtundachtzig – jawohl, damals war es! Im Sommer achtundachtzig kam ich auf meinem Floß den Strom herunter. Ich hatte Elchhäute geladen und hatte es eilig. Aufs Haar wäre mir die ganze Ladung verdorben. Ja, und da kamen Sie in einem Ruderboot vom Lindermansee an. Ich behauptete, es wäre Mittwoch, mein Kamerad sagte Freitag, und Sie behaupteten Sonntag. Jawohl – Sonntag! Stimmt absolut. Vor neun Jahren! Dann haben wir getauscht, Elchbraten gegen Mehl, Backpulver und Zucker! Sakrament, war das eine Freude! Das ist schön, dass wir uns wiedersehen!«
Sie schüttelten einander die Hände, der Alte schlug dem Jungen auf die Schultern.
»Ich habe eine nette kleine Bude oben auf dem Hügel und dann noch eine am Eldorado. Der Schlüssel hängt immer draußen vor der Tür, Sie kommen, wann Sie Lust haben, und bleiben, solange es Ihnen passt. Meine einzige Bedingung ist: bald! Es tut mir leid, heute muss ich gehen, ich wäre gern noch geblieben.«
»Vor neun Jahren waren Sie schon hier, Herr St. Vincent?« fragte Frona erstaunt. »Erzählen Sie doch, damals war das Land ja noch eine vollkommene Wildnis. Was haben Sie da alles erlebt?«
St. Vincent zuckte die Achseln: »Erlebt? Einen elenden Misserfolg, das ist alles, was ich erlebt habe. Nichts, worauf man stolz sein könnte.«
»Einen Misserfolg? Dann müssen Sie doch etwas versucht haben? Was hatten Sie damals für Pläne?«
St. Vincent bemerkte mit Genugtuung, dass Frona sich für ihn interessierte.
»Ich hatte damals die verrückte Idee, möglichst genau auf dem Polarkreis rings um die Welt zu reisen. Im Interesse der Wissenschaft … wissen Sie, ich bin Geograf. Es sollte durch Alaska gehen, auf dem Eis über die Beringstraße, dann durch Nordsibirien nach Europa zurück. Eigentlich war es ein prachtvolles Unternehmen, zum größten Teil führte der Weg über damals noch jungfräuliches Land. Aber die Sache ging schief. Über die Beringstraße kam ich gut hinüber, aber in Ostsibirien hatte ich Pech … alles wegen Tamerlan, wegen dieses mausetoten Tamerlan, das muss ich zu meiner Entschuldigung sagen.«
»Der reinste Odysseus!« rief Frau Sheffield und klatschte in die Hände. »Ein moderner Odysseus, wie romantisch!«
»Aber geizig mit seinen Abenteuern, das war Odysseus nicht«, widersprach Frona. »Auf einmal stocken Sie, Herr St. Vincent, gerade im spannendsten Moment. Wieso hat Tamerlan Ihre Reise gestört?«
Er lachte und hatte offensichtlich keine Lust, von dieser Expedition zu erzählen. Aber er ließ sich von den neugierigen Frauen bewegen, ein Opfer zu bringen.
»Als Tamerlan mit Feuer und Schwert durch Ostasien zog«, berichtete er, »wurden Länder verwüstet, Städte zerstört und Völker wie Staub in die Winde zerstreut. Ein großes Volk wurde aus dem Lande gejagt; die Schwärme von Menschen suchten auf ihrer Flucht vor der sinnlosen Mordlust des Siegers Zuflucht in Sibirien. Sie bogen nach Norden und Osten ab und bildeten einen Saum von mongolischen Stämmen um das Land am Polarmeer. – Aber jetzt merken Sie, wie langweilig die Geschichte ist, meine Damen?«
»Nein! Nein!« rief Frau Sheffield. »Das ist ja so himmlisch spannend. Und Sie erzählen so lebendig! Es erinnert mich direkt an …«
»Also, dann will ich weiter erzählen. Also, ohne diese Mongolenstämme hätte ich meine Reise durchgeführt. Zweifellos! Statt dessen bin ich gezwungen worden, eine fette Prinzessin zu heiraten und in Stammesfehden, beim Renntierstehlen und anderen Eingeborenen-Sports eine Rolle zu spielen.«
»Sie sind ein Held! Ist das nicht himmlisch, Frona? Erzählen Sie mehr vom Renntierstehlen und von der fetten Prinzessin!«
»Die Bevölkerung der Küste bestand aus Eskimos, aus heiteren und gutartigen Menschen. Sie nennen sich selber Ukilions … das heißt: Meeresleute. Ich kaufte ihnen Hunde und Proviant ab, wir kamen gut miteinander aus. Aber die Ukilions waren einem Binnenlandstamm untertan, den Tschautschuins … das heißt in unserer Sprache: Hirschmenschen Die Tschautschuins sind ein wildes, unbezwingbares Volk, ungezähmt und boshaft. Kaum hatte ich die Küste hinter mir, da überfielen sie mich, nahmen mein Hab und Gut und machten mich zum Sklaven.«
»Waren denn keine Russen da? Soldaten? Polizei?«
»Russen? Unter den Tschautschuins!?« Er lachte. »Geografisch gehörten sie allerdings zum Reiche des weißen Zaren, aber ich bezweifle, dass er je von diesen Untertanen gehört hatte. Vergessen Sie nicht: das Innere von Nordsibirien liegt in der Polarnacht, ein unerforschtes Land. Wenige Europäer sind je dort hingekommen, kaum je einer ist zurückgekehrt.«
»Aber Sie …«
»Ich bin zufällig die Ausnahme, mit der sich die Regel bestätigt. Warum ich verschont wurde, weiß ich nicht. Aber es ist eine Tatsache, sonst könnte ich Ihnen nicht davon erzählen. Anfangs wurde ich schrecklich behandelt, von Frauen und Kindern geschlagen, in räudige Felle voller Ungeziefer gekleidet, mit Abfall ernährt. Sie hatten überhaupt kein Herz. Wie ich das überstand, ist mir heute noch ein Rätsel, ich hätte tausendmal Selbstmord begangen, aber es fand sich kein Weg dazu. Dann war ich, infolge von soviel Leiden und Misshandlungen, ganz vertiert und viel zu schlaff, um mir das Leben zu nehmen. Halbtot vor Hunger und Kälte, verprügelt, dass ich manchmal kaum noch denken konnte … nein, damals war ich kein Mensch mehr, und nur der Mensch begeht Selbstmord. Heute scheint mir diese ganze Zeit wie ein grässlicher Traum. Vieles ist meinem