Gesammelte Werke. Джек Лондон
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»Preistreiberei, das Ganze! Wenn die Hungerpreise erst erreicht sind, wird die Ware schon auf den Markt kommen!« sagte laut ein rotbärtiger Goldgräber. Jacob Welse hörte es, aber er nahm keine Notiz davon. Das würde er noch oft und in viel gröberem Ton hören, ehe die Krise vorüber war.
Auf dem Bürgersteig blieb er stehen und las die Mitteilungen, die vor seinem Hause angeschlagen waren. Entlaufene Hunde, zugelaufene Hunde, verkäufliche Hunde, vor allem Verkaufsanzeigen für Ausrüstungen. Proviant von fünfhundert Pfund Gewicht wurde zu einem Dollar das Pfund angeboten – den Ängstlichen war der Schreck schon in die Glieder gefahren! Welse sah Melton im Gespräch mit einem besorgten Neuling. Die zufriedene Miene des Bonanza-Königs bewies, dass es ihm schon geglückt war, sein Depot für den Winter zu ergänzen.
»Warum versuchen Sie nicht hier, Zucker aufzutreiben, Dave?«
»Glauben Sie vielleicht, ich hätte es nicht versucht? Von Klondike City bis zum Hospital haben meine Hunde sich fast die Beine abgelaufen. Es gibt nichts, nicht für Geld und nicht für gute Worte.«
Sie gingen die Straße entlang, an den Speichertüren und an wartenden Hundegespannen vorbei. Die Tiere hatten sich wie Wölfe im Schnee zusammengerollt. Auf diesen Schnee, den ersten des Jahres, hatten die Goldgräber am Fluss gewartet, ehe sie anfingen, Proviant einzukaufen.
»Ist das nicht lächerlich?« fing Dave an. »Da hab’ ich also meine fünfhundert Fuß Goldland am Eldorado und noch was dazu und bin mindestens meine fünf Millionen schwer und kann nicht eine Handvoll Zucker für meinen Kaffee oder meine Grütze kriegen! Jetzt hab’ ich’s satt! Soll das ganze Land zum Teufel geben! Ich verkaufe! Ich mache Schluss. Ich geh’ nach den Staaten zurück!«
»Ich hab’ Sie am Stuartfluss ein ganzes Jahr lang schieres Fleisch essen sehen, und am Tanana haben Sie Lachseingeweide gefressen, wenn ich mich recht erinnere auch Hundefleisch. Sie sind damals nicht weggereist und werden auch diesmal nicht reisen. So gewiss, wie die ›Laura‹ jetzt den Anker aufholt, so gewiss werden Sie hier sterben, Dave. Eines schönen Tages werde ich Sie in einer meiner vorzüglichen Bleikisten verschiffen, und mein Kontor in San Franzisko wird Ihren Nachlass regeln. Sie hängen hier fest, das wissen Sie so gut wie ich.«
Während er sprach, musste er fortwährend Grüße der Vorübergehenden erwidern.
»Wetten, dass ich 1900 in Paris bin!« protestierte der Eldorado-König.
Mit hallenden Glocken grüßte Kapitän McGregor aus dem Steuerhäuschen seinen Reeder. Die ›Laura‹ löste sich vom Ufer. Die Zurückbleibenden winkten mit den Mützen und riefen Reisegrüße, aber die dreihundert Proviantlosen an Bord, die ihrem Traum von Gold den Rücken kehrten, antworteten nicht. Die ›Laura‹ backte durch eine Rinne, die in den Eisrand geschnitten war, hinaus, schwang sich dann in die Strömung, stieß einen letzten schreienden Pfiff aus und fuhr mit Volldampf davon. Nur ein Dutzend Leute blieb an der Brücke zurück, im Kreise um Jacob Welse. Man sprach von der Hungersnot, aber im Ton von Männern. Sogar Dave Harney hörte auf, sein besonders grässliches Los zu verfluchen. Mitten in diesem Gespräch fiel Welses Blick auf einen schwarzen Punkt, der zwischen Treibeis den Fluss herabkam.
»Das ist ja ein Kanu!« rief einer. »Verflucht kitzlige Fahrt!«
Sich drehend und wendend, bald gerudert, bald nur von der Strömung getrieben, kam das Kanu näher. Man erkannte zwei Männer, die es steuerten und beide Hände voll zu tun hatten, um sich die Schollen fernzuhalten. Sie gewannen glücklich das Randeis und ließen sich längs treiben, in der Hoffnung, eine Öffnung zu finden. Dicht vor dem Kanal, der für den Dampfer ins Eis gehauen war, stemmten sie ihre Paddeln tief in die Flut und schossen in den toten Wasserarm.
Viele Hände streckten sich ihnen entgegen, man half ihnen ans Ufer und zog das Boot aufs Trockne. Zwei Postsäcke lagen darin, ein paar Decken, ein schlaffer Proviantsack. Die Männer waren so erfroren, dass sie kaum auf den Füßen stehen konnten.
»Vorwärts, einen heißen Whiskygrog!« schlug Dave Harney vor und wollte gleich mit ihnen losziehen. Aber einer der Männer nahm sich noch Zeit, Jacob Welses Hand zwischen seine froststeifen Tatzen zu nehmen.
»Sie kommt!« sagte er. »Vor einer Stunde haben wir ihr Boot überholt. Sie kann jede Minute um die Ecke kommen. Die Post bringe ich Ihnen später. Erst muss ich was in den Leib kriegen.«
Im Abmarschieren drehte er sich noch einmal um und wies auf den Strom.
»Da ist sie schon! Gerade beim Vorgebirge.«
Von Klondike trieb jetzt eben eine schwere Eismasse in den Hauptstrom hinaus und jagte das Boot aus seiner Fahrt. Man konnte deutlich beobachten, wie die Ruderer mit verzweifelter Anstrengung durch die Schollen stakten, vier Leute standen aufrecht und kämpften um ihr Leben. Dann erkannte man eine dünne Säule blauen Rauches, die aus einem Bord-Öfchen emporstieg, und als das Boot näher kam, sah man, dass das lange Steuerruder von einer Frau geführt wurde. Jacob Welses Augen leuchteten auf: das war seine Tochter! Auf allen Schulen und Hochschulen drüben in der Zivilisation war sie eine Welse geblieben, die Lust an der Gefahr hatte und mit den Eisschollen kämpfte.
Von Reif bedeckt, vielfach beschädigt, stieß das Boot an den Rand des Ufereises. Ein weißer Mann sprang heraus, die Fangleine in der Hand, um das Fahrzeug in die Rinne zu bugsieren. Aber das Ufereis war noch zu dünn, er brach ein. Der Bug des Bootes scherte unter dem Druck einer schweren Eisscholle aus, der Mann tauchte unter dem Stern wieder auf. Die Frau warf sich halben Leibes über die Reling und griff ihn am Kragen.
»Zurück das Boot!« befahl sie mit klarer Stimme den rudernden Indianern. Während sie den Kopf des Mannes über Wasser hielt, warf sie sich mit aller Kraft gegen den Steuerriemen und zwang das Boot in die Rinne. Noch ein paar Ruderschläge, dann stieß es gegen den Uferrand. Dave Harney zog den zähneklappernden Mann aus der eisigen Flut und schickte ihn dem Postboten nach, dorthin, wo es Wärme und heißen Whiskygrog gab.
»Hallo, Vater?«
»Hallo, Frona?«
Welse wusste nicht, ob er das junge Mädchen