Der Sieg des Islams. Eduard Gibbon

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Der Sieg des Islams - Eduard Gibbon

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und gab das Zeichen zum Aufbruch. Heraklius empfahl seine Kinder der Treue des Volkes, legte die Zivil- und Militärgewalt in die würdigsten Hände und stellte es der Weisheit des Patriarchen und des Senates anheim, die Stadt zu retten oder zu übergeben, wenn sie in seiner Abwesenheit von überlegenen Streitkräften des Feindes auf das Äußerste bedrängt werden sollte.

      Die Höhen um Chalcedon waren mit Zelten und Waffen bedeckt; wenn jedoch die neuangeworbenen Truppen übereilt zum Angriff geführt worden wären, wäre ein Sieg der Perser vor Konstantinopel der letzte Tag des römischen Reiches gewesen. Nicht minder unklug wäre es gewesen, in die Provinzen von Kleinasien vorzudringen, weil die Massen der persischen Reiterei seine Zufuhren hätten abschneiden können und seine Nachhut ermattet und in Unordnung gebracht hätten. Aber die Griechen waren noch immer Herren des Meeres. Eine Flotte von Galeeren, Transport- und Proviantschiffen sammelte sich im Hafen. Die Barbaren willigten ein, an Bord zu gehen; ein günstiger Wind führte sie durch den Hellespont. Die westliche und südliche Küste von Kleinasien lag ihnen zur Linken. Der Mut ihres Anführers zeigte sich zuerst während eines Sturmes, und sogar die in seinem Gefolge befindlichen Eunuchen wurden durch das Beispiel ihres Gebieters zur Standhaftigkeit und zu Anstrengungen bewogen. Er setzte seine Truppen an den Grenzen von Syrien und Kilikien, im Golfe von Svanderum, wo die Küste sich gegen Süden wendet, ans Land, und die Wahl dieses wichtigen Postens liefert einen Beweis seines Scharfblickes. Von allen Seiten konnten da die zerstreuten Besatzungen der Seestädte und Gebirge schnell und sicher den kaiserlichen Fahnen zueilen. Die natürlichen Befestigungen Kilikiens schützten, ja verbargen sogar das Lager des Heraklius, das in der Nähe von Issus auf demselben Boden, wo Alexander die Scharen des Darius besiegt hatte, aufgeschlagen war. Der Winkel, den der Kaiser besetzte, schnitt tief in den Halbkreis der kleinasiatischen, armenischen und syrischen Provinzen ein, und nach welchem Punkte immer der Peripherie er seinen Angriff richten mochte, fiel es ihm leicht, seine Bewegungen zu verheimlichen und denen des Feindes zuvorzukommen. Im Lager von Issus stellte der römische Feldherr die Trägheit und Unordnung der älteren Soldaten ab und unterrichtete die neuangeworbenen in der Geschichte und Ausübung der kriegerischen Taten. Durch die Enthüllung des wundertätigen Bildes Christi reizte er sie, die heiligen Altäre zu rächen, die durch die Feueranbeter entweiht worden waren. Er redete die Soldaten mit den Namen Söhne und Brüder an und beklagte das öffentliche und private Unglück des Reiches. Die Untertanen eines Monarchen wurden überredet, daß sie für die Sache der Freiheit fochten. Eine ähnliche Begeisterung ergriff die fremden Soldtruppen, denen eigentlich die Interessen Roms ebenso gleichgültig sein konnten wie die Persiens. Heraklius selbst schärfte ihnen mit der Geschicklichkeit und der Geduld eines Centurionen die Lehren der Taktik ein und die Soldaten wurden unablässig im Gebrauche ihrer Waffen und Schlachten schlagen geübt. Die Reiterei und das Fußvolk, Schwer- und Leichtbewaffnete wurden in zwei Haufen geteilt; die Trompeter befanden sich in der Mitte, und ihre Signale leiteten den Marsch, den Angriff, den Rückzug, die Verfolgung, den geraden oder schiefen Aufmarsch, die tiefe und ausgedehnte Phalanx, um im Scheinkampfe den wirklichen Krieg darzustellen. Die Beschwerden, denen der Kaiser seine Truppen unterwarf, trug er selbst in gleicher Schwere; ihre Arbeit, ihr Schlaf waren nach den feststehenden Regeln der Heereszucht bemessen, und ohne den Feind zu verachten, lernten sie ein unbedingtes Vertrauen in ihre eigene Tapferkeit und in die Weisheit ihres Führers zu setzen. Kilikien wurde bald von den persischen Truppen eingeschlossen, aber ihre Reiterei zögerte, sich den Engpässen des Taurusgebirges anzuvertrauen, bis sie durch Heraklius eingeschlossen wurde, der ihr unvermerkt in den Rücken fiel und ihr seine Front in Schlachtordnung darbot. Durch eine Scheinbewegung, die Armenien zu bedrohen schien, verwickelte er die Perser gegen ihre Wünsche in ein allgemeines Gefecht. Die vorgetäuschte Unordnung seines Lagers verführte sie zum Angriff. Als sie aber zum Kampfe vorrückten, war der Boden, die Sonne, kurz alles den Barbaren ungünstig. Die Römer verwendeten ihre Taktik mit Erfolg auf dem Schlachtfelde, und der Ausgang des Tages verkündete der Welt, daß die Perser nicht unbesieglich wären und daß ein Held den Purpur trug. Durch Sieg und Ruhm erstarkt, überstieg Heraklius kühn die Höhen des Taurusgebirges, marschierte durch die Ebenen von Kappadozien und schlug seine Winterquartiere im gesicherten und reichen Land auf. Er war über die Eitelkeit, in Konstantinopel einen unvollständigen Triumph zu feiern, erhaben, aber die Anwesenheit des Kaisers war unerläßlich, um die unruhigen und raubsüchtigen Avaren in Schach zu halten.

      Seit den Tagen Scipios und Hannibals wurde kein kühneres Unternehmen zur Befreiung des Reiches versucht als das des Heraklius. Der Kaiser ließ die Perser für eine Weile die Provinzen unterdrücken und die Hauptstadt des Ostens beschimpfen, indes er selbst den gefährlichen Weg übers Schwarze Meer und über die Gebirge Armeniens einschlug, in das Herz Persiens eindrang und so die Heere des Großkönigs zur Verteidigung ihres blutenden Vaterlandes zurückrief. Mit einer auserlesenen Schar von fünftausend Kriegern segelte Heraklius von Konstantinopel nach Trapezunt, zog dort die Streitkräfte an sich, die in den Bezirken von Pontus überwintert hatten und rief von der Mündung des Phasis bis zum Kaspischen Meere seine Untertanen und Bundesgenossen auf, mit ihm, dem Nachfolger Konstantins, unter der wahren und siegreichen Fahne des Kreuzes ins Feld zu ziehen. Als die Legionen des Lucullus und Pompejus zum ersten Male über den Euphrat gingen, erröteten sie ob ihres leichten Sieges über die Armenier. Aber die langen und häufigen Kriege hatten die Seelen und Leiber dieses verweichlichten Volkes gestählt; ihr Eifer und ihre Tapferkeit zeichneten sich im Dienste eines sinkenden Reiches aus. Sie verabscheuten und fürchteten die Gewaltherrschaft des Hauses Sassan, und die Erinnerung an die Christenverfolgungen steigerte ihren Haß gegen die Feinde Christi. Die Grenzen von Armenien, wie es dem Kaiser Mauritius abgetreten worden war, erstreckten sich bis zum Araxes. Heraklius, den Fußstapfen des Marcus Antonius folgend, rückte bis Tauris oder Gandzaca, der alten und auch jetzigen Hauptstadt einer der medischen Provinzen, vor. An der Spitze von vierzigtausend Mann war Chosroes selbst von irgendeinem fernen Zuge zurückgekehrt, um die Römer aufzuhalten. Er zog sich aber bei Annäherung des Heraklius zurück und wich der Wahl zwischen Frieden oder Schlacht aus. Statt einer halben Million Einwohner, die man Tauris unter der Regierung der Sophis zugesprochen hat, hatte die Stadt nur dreihunderttausend Häuser. Aber der Wert der königlichen Schätze wurde durch die Sage erhöht, daß es die dem Krösus abgenommene Beute wäre, die Cyrus von der Zitadelle von Sardes dahin hätte schaffen lassen. Nur der Winter hielt die schnellen Eroberungen des Heraklius auf; Klugheit oder Aberglauben bewog ihn zum Rückzug nach Albanien längs den Küsten des Kaspischen Meeres, und seine Zelte waren höchstwahrscheinlich in den Ebenen von Mogan, dem Lieblingslager der orientalischen Fürsten, aufgeschlagen. Mit diesem Einfall zeigte er den Eifer und die Rache eines christlichen Kaisers. Auf seinen Befehl löschten die Soldaten das Feuer der Magier aus und zerstörten ihre Tempel. Die Standbilder des Chosroes, der göttliche Ehrenbezeigungen anstrebte, wurden in die Flammen geworfen und die Trümmer von Thebarma oder Ormia, dem Geburtsorte Zoroasters, sühnten einigermaßen die dem heiligen Grabe widerfahrenen Unbilden. Einen reineren Religionsgeist bewies er durch Unterstützung und Freilassung von fünfzigtausend Gefangenen. Heraklius ward durch Tränen und dankbares Freudengeschrei belohnt, und diese weise Maßnahme, die den Ruf seiner Milde verbreitete, steigerte das Murren der Perser gegen den Stolz und die Hartnäckigkeit ihres eigenen Souveräns.

      Während des folgenden glänzenden Feldzuges ist Heraklius fast unseren als auch den Blicken der byzantinischen Geschichtsschreiber entzogen. Aus den weiten, fruchtbaren Ebenen von Albanien folgte der Kaiser dem Zuge der hyrkanischen Bergkette, stieg in die Provinz Medien oder Irak nieder und trug seine siegreichen Waffen bis zu den Königstädten Casbin und Ispahan, denen sich noch niemals ein römischer Eroberer genähert hatte. Über die Gefahr, die seinem Königreich drohte, bestürzt, hatte Chosroes bereits seine Streitkräfte vom Nil und aus dem Bosporus abberufen, denn drei furchtbare Heere umringten in Feindesland das Lager des Kaisers. Die kolchischen Bundesgenossen schickten sich an, seine Fahnen zu verlassen, und das mutlose Schweigen der tapfersten Veteranen offenbarte ihre Besorgnisse mehr als es sie verbarg. »Zittert nicht«, rief der unerschrockene Heraklius, »ob der Menge eurer Feinde. Mit Gottes Hilfe kann ein Römer über tausend Barbaren siegen. Wenn aber unser Leben der Rettung unserer Brüder zum Opfer fällt, erlangen wir die Krone des Märtyrertums und Gott und die Nachwelt werden uns reichen und unsterblichen Lohn geben.« Diesen hochherzigen Gesinnungen entsprachen Heldentaten. Er schlug den dreifachen Angriff der Perser zurück, benützte die Meinungsverschiedenheiten

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