Gesammelte Werke von Sir Arthur Conan Doyle: 52 Krimis & Historische Romane in einem Band. Arthur Conan Doyle

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Gesammelte Werke von Sir Arthur Conan Doyle: 52 Krimis & Historische Romane in einem Band - Arthur Conan Doyle

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von diesem Versteck, ebenso wie Ames, dem indessen niemals eingefallen war, es mit dieser Sache in Verbindung zu bringen. Ich zog mich dahin zurück und überließ Barker den Rest.

      Über diesen Rest werden Sie wohl selbst schon genügend Bescheid wissen. Barker öffnete das Fenster und erzeugte die Fußspuren auf dem Fensterbrett, um damit den Weg des Mörders anzudeuten. Dies war wohl eine kühne Idee, aber da die Brücke aufgezogen war, gab es keinen anderen Rückzugsweg. Nachdem alles vorbereitet war, läutete er aus Leibeskräften. Was nachher geschah, wissen Sie bereits. Und nun, meine Herren, tun sie mit mir, was Sie für gut befinden. Ich habe die Wahrheit gesagt, die volle Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so wahr mir Gott helfe! Was ich jetzt wissen möchte: wie stehe ich nach dem englischen Gesetz da?«

      Auf diese Frage folgte Schweigen, das nach einer Weile von Sherlock Holmes unterbrochen wurde.

      »Das englische Gesetz ist im großen und ganzen ein gerechtes. Es wird Sie genau so behandeln, wie Ihnen gebührt. Eines möchte ich Sie noch fragen: woher wußte der Mann, daß Sie hier wohnen, wie er in das Haus kommen, und wo er sich darin verstecken konnte?«

      »Davon habe ich keine Ahnung.«

      Holmes’ Gesicht war blaß und todernst.

      »Ich fürchte, die Sache ist für mich noch nicht zu Ende. Vielleicht drohen Ihnen größere Gefahren, als die der englischen Rechtsprechung oder selbst die seitens Ihrer Feinde in Amerika. Ich sehe Schlimmes für Sie voraus, Mr. Douglas, und wenn Sie meinem Rat folgen wollen, seien Sie auf Ihrer Hut.«

      Und nun, meine allzu geduldigen Leser, möchte ich euch bitten, mir auf kurze Zeit an eine andere Stätte zu folgen, weit weg vom Herrenhaus in Birlstone, Sussex, und auch weit abliegend von dem Jahre des Herrn, in dem wir unsere ereignisreiche Fahrt dorthin antraten, die mit der ungewöhnlichen Geschichte des Mannes, der als John Douglas bekannt war, endigen sollte. Wir begeben uns in der Zeitrechnung um etwa zwanzig Jahre zurück, und müssen einen Raum von einigen tausend Meilen durchqueren, damit ich euch die ungeheuerliche und schreckliche Erzählung vortragen kann, die nun folgen wird. So ungeheuerlich und schrecklich ist sie, daß ihr sie kaum für möglich halten werdet. Glaubt nicht, daß ich eine neue Geschichte beginnen will, bevor die vorherige zu Ende ist. Während ihr im Lesen vorwärtsschreitet, werdet ihr euch davon überzeugen, daß dem nicht so ist. Und dann, nachdem ich euch mit den Ereignissen, die sich in der Ferne und in der Vergangenheit abgespielt haben, vertraut gemacht und euch das in sie verwobene Geheimnis enthüllt habe, wollen wir uns in unseren Räumen in Bakerstreet wiedertreffen, wo unsere Geschichte ihren Abschluß finden soll.

      II. Die Rächer

       Inhaltsverzeichnis

       Inhaltsverzeichnis

      Es war der 4. Februar des Jahres 18.., der Ausläufer eines außerordentlich harten Winters. Tiefer Schnee lag in den Klüften der Gilmerton-Berge. Die Geleise der Eisenbahn hatte man mit Schneepflügen freihalten müssen.

      Der Abendzug der Eisenbahnlinie, die eine Reihe von Kohlenbergwerken und Eisenwerken verbindet, keuchte langsam die Steigung von Stagville, das unten in der Ebene liegt, nach Vermissa hinauf, dem am Kopfe des Vermissa-Tales gelegenen Hauptort des Industriebezirkes. Von dort senkt sich die Spur hinunter nach Bartons Crossing, Helmdale und der hauptsächlich ackerbautreibenden Grafschaft Merton. Lange Reihen von Güterwagen, hoch beladen mit Kohle und Eisenerz, die an jeder Ausweichstelle der eingeleisigen Bahn angehäuft waren, sprachen von dem im Schoße der Erde verborgenen Reichtum, der nach diesem abgeschiedenen Winkel der Vereinigten Staaten eine rauhe Bevölkerung und überschäumendes Leben gebracht hatte.

      Es war ohne Zweifel ein öder und abgeschiedener Winkel. Derjenige, der zuerst seines Fuß dorthin setzte und das Tal durchwanderte, ahnte sicherlich nicht, daß die prächtigsten Steppen und saftigsten Weideländer im Vergleich zu diesem düsteren Land felsiger Klüfte und unwegsamer Wälder geradezu wertlos waren, über die dunklen, fast undurchdringlichen Wälder auf beiden Seiten blickten drohend die kahlen Gipfel der Berge, bedeckt mit Schnee und gekrönt von schartigen Felsspitzen. In der Mitte lag das lange, gewundene Tal. Talaufwärts nahm der kleine Zug stöhnend seinen Weg.

      Man hatte soeben die Öllampen im vordersten Personenwagen angezündet, in dessen langem kahlen Innenraum sich etwa 20 bis 30 Leute befanden. Die Mehrzahl dieser Leute bestand aus Arbeitern auf der Heimreise von der Tagesarbeit in den tieferen Strichen des Tales. Wenigstens ein Dutzend bekundete sich durch die geschwärzten Gesichter und die Grubenlampen, die sie mit sich trugen, als Bergleute. Sie saßen rauchend in einer Gruppe vereint und sprachen mit gedämpften Stimmen, indem sie gelegentlich zu zwei Männern am entgegengesetzten Ende des Wagens hinüberblickten, deren Uniformen und Abzeichen sie als der Polizei zugehörig erkennen ließen. Der Rest der Wageninsassen bestand aus einigen Frauen der arbeitenden Klasse und ein oder zwei Reisenden, die sehr wohl kleine Kaufleute aus der Umgebung sein mochten, sowie einem jungen Mann, der in einer Ecke für sich allein saß. Wir wollen uns diesen genauer betrachten, denn er spielt in unserer Erzählung eine wichtige Rolle.

      Er hatte eine frische Gesichtsfarbe und eine untersetzte Gestalt. Nach seinem Aussehen würde man ihn für nahe an die Dreißig halten. Große intelligente, humorvolle Augen hinter Augengläsern überflogen von Zeit zu Zeit die Reisegesellschaft. Wie man leicht sehen konnte, war er von anspruchslosem, freundlichen Wesen, anscheinend bestrebt, jedermanns Freund zu sein. Man brauchte kein Menschenkenner zu sein, um ihm eine mitteilsame, gesellige Natur von heiterer Veranlagung zu erkennen. Wer ihn indessen eingehender betrachtete, konnte nicht verfehlen, eine ungewöhnliche Festigkeit der Kinnbildung und des Mundes zu bemerken, die auf größere Tiefen deutete und wohl den Gedanken aufkommen lassen konnte, daß dieser sympathische, braunhaarige junge Ire den Stempel seiner Persönlichkeit, ob im guten oder bösen Sinne bleibe dahingestellt, jeder Gesellschaft, in der er sich befand, aufdrücken würde.

      Nachdem er an dem ihm zunächstsitzenden Bergmann einige einladende Bemerkungen gerichtet, jedoch darauf nur kurze, unfreundliche Antworten empfangen hatte, bewahrte er ein entsagenden Stillschweigen und starrte mißmutig aus dem Fenster in die dämmernde Landschaft hinaus. Es war kein erfreulicher Ausblick. Durch die sinkende Dunkelheit zuckte die rote Glut der Hochöfen beiderseits des Talhanges. Berge von Schlacke und anderem Abfall waren auf den Halden zu beiden Seiten der Bahn angehäuft, und darüber erhoben sich die turmartigen Aufbauten der Kohlenschächte. Längs der Bahnstrecke waren Gruppen schäbiger Holzhäuser verstreut, deren Fenster sich allmählich in dem Lichtschein von innen abzuzeichnen begannen. Die vielen Haltestellen waren von schmierigen, rußiges Einwohnern bevölkert. Die Eisen-und Kohlentäler des Vermissa-Gebietes waren kein Aufenthalt für die Müßigen und Kultivierten. Überall sah man finstere Spuren des rauhesten Existenzkampfes, der schweren Arbeit und der ungeschlachten Männer, die sie ausführten.

      Als der junge Reisende das düstere Bild der Landschaft in sich aufnahm, konnte man in seinem Gesicht eine Mischung von Widerwillen und Interesse erkennen, die daraufhin deutete, daß es ihm neu war. Öfters zog er aus seiner Tasche einen umfangreichen Brief, in dem er nachlas, und auf dessen Rand er Anmerkungen kritzelte. Einmal holte er aus seiner Weste etwas hervor, das man kaum im Besitz eines anscheinend so gutmütigen Menschen vermutet hätte. Es war ein Armeerevolver größten Kalibers. Als er diesen schräg dem Lichte zukehrte, gewahrte man Messinghülsen in der Trommel, die zeigten, daß jeder Lauf geladen war. Schnell barg er ihn wieder in seiner geheimen Tasche, aber nicht ohne daß ein Arbeiter, der auf der benachbarten Bank saß, es bemerkte.

      »Hallo, Kamerad,« sagte er, »Sie sind gut gerüstet.«

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