Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman. Kathrin Singer

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Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman - Kathrin Singer Heimatkinder Staffel

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keuchte sie, »Björn!«

      »Hallo!«, lachte er. »Meine Güte, ich dachte schon, ich finde dich überhaupt nicht mehr. Rein zufällig sah ich vom Balkon aus … Aber was ist denn los?«

      »Ich kann nicht mehr.« Sie klammerte sich an seinen Arm. »Ich bin völlig erschöpft.«

      Björn umfasste sie. »Ganz ruhig. Halte dich fest, lege den Arm um meinen Hals.«

      Sie gehorchte. Alle Furcht war wie fortgeblasen. Björn war da. Bei ihm fühlte sie sich sicher und geborgen.

      »Wir schaffen es, mein Kleines.« Er lächelte zuversichtlich.

      »Natürlich, Björn.« Ein Gefühl traumhafter Sicherheit hielt sie umfangen. Neben diesem Mann drohten keine Gefahren. Er war der Sieger!

      Als sie den Strand erreichten, ließ Julia sich in den Sand sinken. »Danke, Björn. Wenn du nicht gekommen wärst, ich hätte es nicht geschafft.«

      Er setzte sich neben sie.

      Im matten Schein des Mondes glänzte sein muskulöser nasser Körper wie dunkles Gold.

      »Meine kleine Julia ist ein bisschen leichtsinnig. Wer hätte das gedacht.«

      »Es war so schön … Ich habe mich einfach treiben lassen«, sagte sie leise.

      »Und sonst bist du immer so vernünftig.«

      »Ich bemühe mich jedenfalls.« Sie lächelte schief.

      »Mach so etwas nie wieder«, sagte Björn ernst. »Es ist schlimm, wenn man um ein Mädchen wie dich Angst haben muss.«

      »Mädchen wie mich gibt’s wie Sand am Meer.«

      »Irrtum. Mädchen wie du sind die Goldkörnchen im Sand und sehr, sehr selten.« Björn sagte es fast feierlich, ganz gegen seine übliche, eher saloppe Art.

      Julia schwieg. Leise rauschte das Meer, leckten die Wellen auf den Sand. Sonst war kein Laut zu vernehmen. Sie waren allein.

      »Meine Güte, wo sind wir?«, murmelte Julia und wollte aufspringen. »Wir müssen zum Hotel zurück! Die Kinder …«

      Björn legte sacht seine Hand auf ihren Arm.

      »Ich habe meine Zimmernachbarin, eine ältere, sehr freundliche Dame, die nicht schlafen kann, gebeten, hin und wieder nach den Kindern zu schauen«, erwiderte Björn und drückte sie mit sanfter Gewalt in den Sand zurück.

      »Tatsächlich? Du bist umsichtiger und verantwortungsbewusster als ich. Zu meiner Entschuldigung könnte ich nur sagen, dass ich bald zurück sein wollte.«

      »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Im Hotel kann Heidi und Carsten doch gar nichts passieren.«

      »Trotzdem, ich muss …«

      Sie wollte sich aufbäumen, doch seine Hände, die noch immer schwer auf ihren Schultern ruhten, gaben sie nicht frei.

      Julia erschlaffte. Nach der tödlichen Erschöpfung draußen auf dem Meer fühlte sie sich auf eine seltsame Weise berauscht – berauscht vom Leben und den zärtlich glitzernden Augen des abenteuerlichen Mannes, in denen sich das Mondlicht herausfordernd spiegelte.

      Björn beugte sich über sie, langsam und mit bezwingender Macht. Er küsste sie. Julia wusste nicht mehr, ob sie wachte oder träumte. Wie von selbst schlangen sich ihre bloßen, feuchten Arme um seinen Hals. Wie eine gefangene Meerjungfrau lag sie an seiner breiten Brust.

      Sie waren allein unter den Sternen, zwei Menschen, dem Schicksal ausgeliefert. Ihre Herzen schlugen im gleichen Takt, ihr Blut rauschte.

      Die Nacht lockte.

      *

      Einige Tage waren vergangen.

      Julia und die Kinder waren im Forsthaus allein. Noch immer dachte das Mädchen mit gemischten Gefühlen an jene verzauberte Nacht, in der der Schicksalssturm über sie hereingebrochen war wie eine Naturgewalt.

      Die zärtliche Leidenschaft des Mannes hatte sie fortgerissen. Ein Damm war gebrochen. Am folgenden Tag hatte sie sich alle Mühe geben müssen, um den Kindern das übliche kameradschaftliche, burschikose Verhältnis zu Björn vorzuspielen.

      Kurz nach ihrer Heimkehr ins Forsthaus hatte Björn Hartmann sich mit einem verstohlenen Kuss von Julia verabschiedet.

      »Diesmal bleibe ich länger fort«, hatte er gesagt. »Mindestens vier Wochen, möglicherweise auch länger. Vielleicht ist es ganz gut, ein bisschen Abstand zu gewinnen, wenn es auch wehtut. Aber wenn ich zurückkomme, Julia …«

      Björn hatte sich selbst unterbrochen. Seine Augen jedoch sprachen aus, was seine Lippen verschwiegen.

      Lange hatte Julia seinem Landrover nachgeschaut, der durch den stillen Wald davonbrauste. Und nachdenklich war sie geblieben, bis jetzt.

      Was würde geschehen, wenn Björn heimkehrte? Was wollte er andeuten mit jenem Satz?

      Dass er an eine gemeinsame Zukunft dachte?

      Das durfte nicht sein! Sie hatte ein anderes Ziel!

      Unwillkürlich suchte ihr Blick die Kinder, die an einer Eiche mit tief herabhängenden Zweigen wie Eichhörnchen turnten. Ihr Herz wurde weit und leicht. Ihre Kinder! Es klang bereits selbstverständlich – ihre Kinder.

      Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, dass der Förster in den Garten kam. Langsam wandte sie ihm das Gesicht zu. Er war ein großer, stattlicher Mann, viel ernster, schwerblütiger als sein Bruder, unzugänglicher vor allem. Aber er war ein Mensch, dem sie vertrauen durfte.

      Julia bemerkte, dass Matthias Hartmann etwas im Arm trug – ein winziges Reh. Auch die Kinder waren aufmerksam geworden. Mit einer affenartigen Geschwindigkeit kletterten sie vom Baum.

      »Vati, Vati, was hast du denn da?« Sie stürmten auf den Förster zu, mit geweiteten Augen und hochroten Wangen.

      Vorsichtig ging Matthias Hartmann in die Knie und setzte das junge Reh so behutsam ins Gras, wie Julia es ihm kaum zugetraut hätte. Die Kinder blieben scheu in einiger Entfernung stehen und sagten kein Wort.

      Die Stimme des Mannes klang rau vor Erregung, als er begann:

      »Ein Waisenkind. Die Mutter ist überfahren worden. Wir wollen versuchen, es aufzuziehen.«

      »Wir dürfen es behalten?«, fragte Heidi atemlos und wollte mit ausgestrecktem Händchen auf das Tierchen zueilen.

      »Halt!«, befahl der Forstmeister barsch. »Ja, wir behalten es vorerst, denn allein im Wald wäre es rettungslos verloren. Aber eines müsst ihr gleich wissen: Das kleine Reh ist kein Spielzeug. Es ist ein lebendiges Wesen, das unsere Hilfe braucht.«

      Carsten nickte gleich ernsthaft und verständnisvoll.

      Als Julia das kleine, hilflose Geschöpf auf staksigen Beinchen und mit riesengroßen Augen unsicher im Gras stehen sah, flutete ihr Herz über. Sie begriff in einem Augenblick, dass das Beschützen wollen ein mächtiger Urtrieb war, der sich nicht nur auf die Kinder beschränkte,

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