Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman - Leni Behrendt Leni Behrendt

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Denn der Brief, den sie mir schrieb, bevor sie bei uns erschien, ließ durchblicken, daß sie sich dem Wahn hingab, hier Oberin zu werden. Deshalb war sie hier, um die Lage zu peilen.«

      »Junge, ich staune über deine Kombinationsgabe. Sie war tatsächlich deshalb hier. Kam die ›liebe, gute Freundin‹ besuchen, um sich nach ihrem Wohlergehen zu erkundigen.«

      »Wer ist denn die liebe gute Freundin?«

      »Baroneß Salten.«

      »Ausgerechnet dieser feine, vornehme Mensch?«

      »Jawohl, ausgerechnet. Der gegenüber hat sie durchblicken lassen, daß du dich mit dem Gedanken trägst, mich meiner Gebrechlichkeit wegen hier abzusetzen und sie mit dem Posten der Oberin zu betrauen, was mir natürlich brühwarm hinterbracht wurde. Damit hätte diese Person ja eigentlich rechnen müssen, aber dafür ist sie wohl zu dumm.«

      »Das ist sie«, bekräftigte Winrich. »Sonst hätte sie unmöglich so bornierte Behauptungen aufstellen können, nachdem ich ihr deutlich zu verstehen gab, daß man bei der Auflösung des Anna-Stifts wohl nicht korrekt vorgegangen sein könne und ich die Sache untersuchen lassen werde.«

      »Aha! Nun, das erzähle ich später. Also meine gute Salten war zutiefst empört. Sie bat mich inständig, sie doch von dieser üblen Intrigantin zu befreien, mit der sie vor Jahren mal auf einer Gesellschaft zusammentraf. Eine Anmaßung von der Person, sie nicht nur Freundin zu nennen, sondern sie gar noch im Stift aufzusuchen und sie in einer infamen Art zu blamieren.

      Nun, so tauchte ich denn auf. Man sagt mir nach, daß meine Worte zuzeiten schneiden können wie spitze Messer, was ich dir übrigens vererbt zu haben scheine, mein Sohn. Und die Worte schnitten so sehr, daß sie dieser üblen Person sozusagen die bösartige Zunge abschnitten. Ich rief sofort Grünehöh an, um dir diese skandalöse Angelegenheit zu unterbreiten, doch du warst mit Oda im Haus im grünen Grund, wie mir Niklas sagte, und ehe wir uns so recht versahen, war die Warl verschwunden. Machte sich deine Abwesenheit zunutze, um klammheimlich zu verschwinden, weil sie auch noch dein Strafgericht fürchtete.

      Übrigens habe ich ihr absichtlich in Anwesenheit meiner Schar den Standpunkt klargemacht. Sie sollte so blamiert werden, daß man mit Fingern auf sie zeigt. Kein Stift darf diese gemeingefährliche Person mehr aufnehmen, dafür müssen wir sorgen, mein Junge.«

      »Und dabei weißt du noch nicht einmal, wie gemeingefährlich sie ist«, sagte der Neffe und erzählte dann von Fräulein von Schlössen, von dem grünen Haus, in dem die Ausgestoßene so liebevolle Aufnahme fand. Und als er von den Menschen dort zu sprechen begann, unterbrach ihn das Schwesterlein, weil es das Zünglein nun wirklich nicht länger zügeln konnte. Alles bis ins kleinste bekam die gute Tante Herma zu hören, die sich dann auch einen Vers daraus machte, über das Ausgesprochene und das Unausgesprochene. Um das zu ergründen, sagte sie lachend:

      »Nach deiner Begeisterung zu schließen, muß es ja ein ganz phänomenales Haus sein, das Haus im grünen Grund. Das muß ich mir unbedingt einmal ansehen und werde mich daher nächstens auf dem Schloß meiner Ahnen einfinden.«

      »Wirklich, Tante Herma? Da freu ich mich aber. Du bleibst doch lange?«

      »Ich weiß zwar nicht, was du unter lange verstehst, aber ein Weilchen kann es schon sein, da ich in der Beroneß Salten jetzt eine gute Vertretung gefunden habe, wie sie während meiner Krankheit und anschließenden Erholungszeit unter Beweis stellte. Und nun kommt, damit ich euch meiner Schar offerieren kann, die schon sehnsüchtig darauf wartet, ihre Lieblinge begrüßen zu können.«

      *

      Hell und klar stieg der Sonntag herauf, der das mit Ungeduld erwartete Schützenfest bringen sollte; denn das Schützenfest ist in einem Dorf das größte und beliebteste Fest des Jahres. Alles, was nur zwei gesunde Beine hat, findet sich auf dem weiten Gelände ein, auf dem das schmucke Schützenhaus steht. Auf dem etwas abseits liegenden großen Platz sind Buden aufgestellt, Karussells und so weiter. Man kann im Schützenhaus tanzen, im Zelt oder auf der Tanzfläche unter freiem Himmel. Überall spielen Kapellen, und auf dem Platz dudelt Karussellmusik. Die Damen glänzen in schicken Kleidern, die Herren in feschen Anzügen und die Mitglieder der Schützengilde in der schmucken Uniform. Es wird scharf darauf geachtet, wer von den Honoratioren da ist. Wer nicht da ist, dem wird das sehr übelgenommen.

      Am Vormittag sind die von der Gilde, bis auf neugierige Zuschauer, unter sich. Da wird nach der Scheibe geschossen, der Schützenkönig wird gewählt, der sich wiederum seine Königin erkürt, die mit der Krone geschmückt und mit Ketten behängt wird, wobei der »königliche Gemahl« auch nicht zu kurz kommt. Dann werden beide becourt, beehrt und dürfen ihr Portemonnaie weit aufmachen.

      Daß das höchste Ehrenmitglied der Gilde trotz seiner Trauer zugegen war, wurde ihm hoch angerechnet. Schneidig sah er aus, in der schmucken Uniform, gleichfalls sein Intimus, der Tierarzt. Beide beliebte und hochgeachtete Persönlichkeiten, gewissermaßen die Elite des Dorfes.

      Um zwei Uhr ging dann der Rummel erst richtig los. Da konnte man wohl sagen: Strömt herbei, ihr Völkerscharen. Arm und reich, jung und alt, dick und dünn, alles war reichlich vertreten, darunter auch Feriengäste. Alle waren sie frohgemut und leichtbeschwingt.

      Und über allem lachte die Sonne; denn es war ja noch immer Mai, der erst nach dem Pfingstfest am nächten Sonntag Abschied nehmen würde.

      Der Clou vom Ganzen waren entschieden die Damen aus dem Haus im grünen Grund, nebst dem bei allen Hiesigen beliebten Baroneßchen. Auch Hulda war mit, die in ihrem »Staat« ganz stattlich aussah. Als sie auftauchten, wurden sie von einem Schützen an den Honoratiorentisch geführt, wo der Baron die Vorstellung übernahm. Namen schwirrten, Herren dienerten, Hände fanden sich zu festem Druck. Danach konnte man sich zwanglos placieren.

      Ortrun warf der ihr gegenübersitzenden Frauke einen lachenden Blick zu, zeigte mit einer Kopfbewegung nach rechts und nach links – und schon war die andere im Bilde. Da saßen sie alle, die damals mit ihnen das Abteil besetzt hatten, bis auf die Dame mit ihren ungezogenen Kindern. Die etwa am Tisch ertragen zu müssen, von dem Kelch blieben sie verschont.

      Doch die andern waren alle da. Hulda, Frauke, Ortrun, die Dame mit dem Pincenez, die jetzt allerdings kaum noch wiederzuerkennen war, der strenge Herr, der cholerische Herr und der große blonde, benamst mit Uwe Gunder.

      Selbst die Dicke aus der Kleinbahn fehlte nicht, die wie die personifizierte Gemütlichkeit an der Seite ihres Gatten saß, des Domänenpächters Scholt. Vertraulich nickte sie den beiden jungen Mädchen und Hulda zu, die an der Seite des Barons saß. An der anderen Seite hatte sie Frauke, die von dem Tierarzt beehrt wurde. Wie könnte es auch anders sein.

      Ihnen gegenüber saß Ortrun, von Oda und Jadwiga eingerahmt. Diese konnte man mit distinguiert bezeichnen, erster mit allerliebst. Ein hellblaues Kleid mit rosaroten Knöspchen am Ausschnitt, umbauschte das Figürchen. Die blonden Zöpfe glänzten, die blauen Augen strahlten.

      Und Ortrun? Für die gab es nur eine Bezeichnung: Bezaubernd. Hatte das Mädchen einzigschönes Haar und ein paar Augen im Kopf – olala! Ihr Kleid war weiß, ohne jede Verzierung, aber es hatte es in sich. Eng die Taille, weit der Rock. Eine Bernsteinkette, eine Armbanduhr und ein Ring – das war der Schmuck des reichsten Mädchens auf dem weiten Platz.

      Und Frauke? Die war für den verliebten Uwe die Schönste von allen. Bitte sehr! Hatte etwa noch jemand so allerliebste Grübchen, so dichtbewimperte grüngraue Augen, so wunderbar gepflegtes kastanienbraunes Haar, eine so ranke Figur und ein so schickes hellgrünes Kleid? Na also!

      Und diese Schönste wurde nun vorwurfsvoll gefragt:

      »Wollen

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