Eine Mutter. Gerstäcker Friedrich

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Eine Mutter - Gerstäcker Friedrich

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der sie, während die Eltern auf Reisen gewesen, zur Obhut übergeben worden, nur zu viel Nahrung, denn diese hatte ein kleines Liebhabertheater in ihrer eigenen Wohnung errichtet, verkehrte viel mit Künstlern und fachte dadurch den Funken, der in Paula's Herzen glimmte, zur lichten Flamme an.

      Das Technische in der Aufführung bei den kleinen, dort gegebenen Stücken hatte man nämlich nicht gut bewältigen können oder es auch vielleicht für zu mühsam gehalten. Ein geschickter Leiter wurde für nothwendig erachtet, und dort hatte Paula Handor kennen lernen.

      George seinerseits war nichts weniger als ein Schwärmer und hing viel mehr dem Realistischen an. Er liebte wohl auch das Theater, weil es ihm Unterhaltung bot, ohne daß er sich aber sonst auch nur mit einer Faser seines Herzens dazu hingezogen fühlte. Weit mehr beschäftigten ihn die seinem Stande auch angemesseneren ritterlichen Übungen. Er war ein perfecter, tollkühner Reiter, ein eifriger und für sein Alter recht guter Jäger, besonders ein sicherer Schütze, und wenn er nebenbei auch etwas Musik und Malerei trieb und mit Vergnügen ein gutes Buch las, hatte er doch keinen rechten Trieb dafür. Er verstand etwas von Jedem, ohne es in irgend einer Sache zur Vollkommenheit zu bringen, und da er das selber fühlte, verlor er auch bald die Lust daran.

      Auch an dem Liebhaber-Theater hatte er sich anfangs mit großer Lust betheiligt und vielen Eifer dabei gezeigt, aber es ermüdete ihn doch bald, wie er denn nie lange an einer Sache Vergnügen fand, und als Ende März die Auerhahnbalz begann, gab er es vollständig auf und fuhr lieber Nachts hinauf in den Wald, um Morgens um zwei oder drei Uhr an Ort und Stelle auf dem Balzplatz zu sein.

      Durch das Liebhaber-Theater war er aber selber mit einigen Künstlern bekannt geworden. Deren freies, offenes Wesen sagte ihm zu, denn im Umgang mit ihnen brauchte er sich keinen Zwang anzuthun, und sein leicht empfänglicher Geist fand, was ihm in seinen gewöhnlichen Kreisen gründlich fehlte: Anregung und Befriedigung. Mit einem Worte, er fühlte sich unter den Künstlern und in ihrem freien Verkehr wohler und behaglicher, als in den steifen, aber allerdings sehr vornehmen Gesellschaften, in denen er sonst heimisch war oder doch heimisch sein sollte.

      Auch zu Hause war ihm der lästige Formenzwang zu unbequem. Er hatte oft davon gehört und gelesen, was für ein mächtiger Zauber in dem einen kleinen Worte »daheim« liege und wie die eigene Heimath uns das Liebste und Theuerste auf der Welt sein sollte; aber mitgefühlt hatte er das noch nie und hielt es, mit anderen Überschwänglichkeiten, für eine Licenz der Dichter, die vollkommen berechtigt wären, sich irgend einen Punkt der Welt zu einem kleinen Paradiese auszumalen, ob sie dazu nun ein beliebiges Feenreich oder eine menschliche Wohnung wählten.

      Viel Ruhe hatte er deshalb auch zu Hause nicht, ja, er plauderte wohl gern einmal ein halb Stündchen mit der Schwester und wußte, daß er die gehörigen Formen der Tischzeit einhalten mußte, wenn er nicht eben draußen auf der Jagd war oder eine andere Einladung angenommen und sich daheim formell abgemeldet hatte – sonst fesselte ihn nichts an das Vaterhaus.

      Die Tafel war beendet und der Kaffee im Nebenzimmer servirt worden. Dorthin folgte er den Eltern, und seinen Arm um Paula's Taille legend, drückte er einen Kuß auf ihre Wange.

      »Aber was hast Du nur, George?«

      »Nichts, mein Herz,« lächelte der Bruder, »ausgenommen so viel zu thun, daß ich kaum weiß, wo ich anfangen soll.«

      »Du?«

      George nickte ihr zu und wollte das Zimmer verlassen.

      »Du willst wieder fort, George?« sagte die Mutter.

      »Ja, Mama – heut Abend sehen wir uns doch bei Boltens; nicht wahr, Ihr kommt auch hin?«

      »Ich weiß es noch nicht, mein Sohn,« erwiderte die Gräfin – »ich habe etwas Kopfschmerz – aber vielleicht doch.«

      »Du bist gar nicht mehr zu Hause, George,« bemerkte der Vater, »man bekommt Dich wirklich nur noch beim Essen zu sehen.«

      »Ja, bester Vater,« lachte George, »ich habe jetzt drei Pferde zuzureiten, und das kann ich doch nicht hier im Park thun. Der Fingal macht mir am meisten zu schaffen.«

      »Aber es ist ein vortreffliches Pferd,« nickte der Vater, »Du hast da einen guten Kauf gemacht, halte ihn nur auch gut.«

      »Wie meinen Augapfel, Papa,« lachte der junge Mann. »Also auf Wiedersehen in der Stadt!« und war im nächsten Augenblick verschwunden.

      Paula blieb mit ihren Eltern allein im Zimmer, denn Mademoiselle Beautemps trank keinen Kaffee und benutzte diese kurze Zeit stets, um in ihrem Zimmer ein Viertelstündchen Siesta zu halten, worin sie Paula niemals störte. Sie wollte jetzt ebenfalls das kleine, freundliche Gemach verlassen, als der Vater, der mit auf den Rücken gelegten Händen auf und ab gegangen war, leise sagte:

      »Paula!«

      »Mein Vater!«

      »Ich und Deine Mutter möchten ein paar Worte mit Dir reden.«

      »Mit mir, Vater?«

      »Ja, mein Kind,« sagte der alte Herr, indem er vor ihr stehen blieb, ihr leise mit der rechten Hand das Kinn emporhob und freundlich fortfuhr: »Sieh, mein Schatz, Du bist nun schon vor zwei Monaten siebzehn Jahre alt geworden und – eben kein Kind mehr...«

      »Mademoiselle Beautemps betrachtet mich aber noch als ein solches,« sagte fast unbewußt Paula, denn ein schmerzhaftes, gleichsam eisiges Gefühl schnürte ihr in dem Augenblick beinahe die Brust zusammen. Sie ahnte, was folgen würde.

      »Mademoiselle Beautemps...« sagte der Vater rasch, brach aber kurz ab, hustete und lächelte still vor sich hin. »Nun, Du wirst nicht mehr lange mit ihr geplagt werden, Kind,« fügte er dann mit trockenem Humor hinzu, »und was ich eben jetzt mit Dir reden wollte – das heißt ich und Deine Mutter –, soll gerade dazu dienen, Dich von ihr frei zu machen.«

      »Mein lieber Vater!« flüsterte Paula und warf einen Blick nach der Mutter hinüber, die am Fenster stand, mit einer kleinen Scheere ein paar abgeblühte Rosen von einem Stock schnitt und die Blätter hinausstreute.

      »Verstehst Du, was ich meine?«

      »Nein, mein Vater,« hauchte das junge Mädchen.

      »Und doch siehst Du beinahe so aus, als ob Du es verständest,« lächelte der alte Herr. »Aber ich will mich kurz fassen, mein Kind, denn große Umschweife sind unter uns ja doch nicht nöthig. Ich frage Dich also geradeheraus, mein Herz, hast Du noch nicht daran gedacht, Dir einen Lebensgefährten auszusuchen?«

      »Mein lieber, lieber Vater!«

      »Aber, George,« sagte die Gräfin kopfschüttelnd, »Du fällst doch auch wohl da ein klein wenig zu sehr mit der Thür in's Haus. Das ist kaum eine discrete Frage für ein junges Mädchen, die das überhaupt auch wohl ihren Eltern überlassen wird.«

      »Ich weiß nun gerade nicht,« lächelte der alte Herr, »ob Paula damit so recht einverstanden sein würde. Aber eben weil ich glaube, daß sich unsere Gedanken auf halbem Wege begegnen, habe ich so direct gefragt, denn ich bin überzeugt, ich schieße nicht weit vorbei, wenn ich vermuthe, daß Du den jungen Grafen Bolten gern hast – wie, Schatz? Er ist wenigstens auf allen Bällen Dein unermüdlicher Tänzer, und das Vielliebchen, das Du neulich mit ihm gegessen – nun, Du brauchst nicht bis hinter die Ohren roth zu werden, meine Puppe – wir sind Alle nicht besser gewesen, als wir jung waren.«

      Über

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