Dr. Norden Staffel 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Das stimmt schon.« Erst als sie den Groll in seiner Stimme hörte, kehrte sie in die Wirklichkeit zurück. »Aber der Traum ist leider ausgeträumt. Dein Vater meint, dass ich an den Bandscheiben operiert werden muss. Weißt du, was das bedeutet? Dass ich meine Karriere vergessen kann.« Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und wirkte plötzlich so verzweifelt, dass Annekas Herz schwer wurde vor Mitgefühl.
»Gibt es keine andere Möglichkeit?«, fragte sie hoffnungsvoll.
Er sah so betrübt aus, dass sie nicht anders konnte und spontan nach seiner Hand griff. Die zärtliche Berührung tat ihm unverhofft gut, und Leon lächelte trotz seiner Sorgen fein.
»Keine Ahnung. Ich denke mal, dass wir das gleich besprechen werden.« Er schickte ihr einen tiefen Blick, und Anneka spürte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann.
»Du darfst nicht aufgeben!«, erklärte sie leidenschaftlich. »Du musst an dich glauben. Du musst kämpfen!« Während sie sprach, steckte Janine den Kopf zur Tür herein.
Als sie die beiden jungen Menschen sah, die ganz in den Anblick des anderen vertieft waren, musste sie unwillkürlich lächeln.
»Anneka, dein Vater hat jetzt kurz Zeit«, weckte sie die Tochter ihres Chefs nur ungern aus ihrer Verzückung.
Wie ertappt zuckte die junge Frau zusammen. Schnell zog sie ihre Hand zurück, schickte Leon einen entschuldigenden Blick und sprang vom Stuhl auf.
»Alles Gute! Ich glaub an dich!«, raunte sie ihm noch zu, ehe sie an Janine vorbei aus dem Wartezimmer lief.
»Und Sie, Herr Matthes, können schon mal mit ins Behandlungszimmer kommen. Der Doktor hat gleich Zeit für Sie«, erklärte die Assistentin schmunzelnd.
Als sie den sehnsüchtigen Blick sah, mit dem Leon Anneka nachsah, wünschte sie sich einen kurzen, heißen Augenblick lang, noch einmal so jung zu sein wie damals, als die Liebe noch leicht und unbeschwert war. Doch der Moment ging vorüber, und pflichtbewusst kehrte Janine an ihre Arbeit zurück.
*
Obwohl Leon die Begegnung mit seiner Sandkastenfreundin aufgewühlt hatte, war sein Herz schwer, als er Janine ins Sprechzimmer folgte. Er musste nicht lange warten, bis sich der Arzt zu ihm gesellte und die Tür hinter sich schloss.
»Anneka hat mir erzählt, dass ihr euch kennt«, berichtete Daniel lächelnd, nachdem er seinen jungen Patienten begrüßt hatte. »Das ist ja wirklich ein schöner Zufall.«
»Noch schöner wäre er, wenn ich mir keine solchen Sorgen machen müsste«, gab Leon düster zurück und starrte auf seine rechte Hand, die vor wenigen Minuten noch in Annekas gelegen hatte. Er fühlte fast noch ihre Wärme und musste trotz allem lächeln.
Dr. Norden bemerkte seine Versunkenheit mit einem Schmunzeln, sagte aber nichts dazu.
»Vielleicht habe ich ja gute Neuigkeiten für dich«, erklärte er statt dessen.
Sofort hob Leon den Kopf und sah den Arzt fragend an.
»Wie meinen Sie das?«
»Ich hab mich nochmal mit meiner Frau – sie arbeitet auf der Kinderstation der Behnisch-Klinik – und der Klinikchefin Dr. Behnisch beraten. Wir haben beschlossen, dass wir es zunächst mit einer Schmerztherapie versuchen wollen.« Daniel sah es Leon an, dass er in Jubel ausbrechen wollte, und hob warnend die Hände. »Wie gesagt, es handelt sich um einen Versuch. Eine Garantie, dass es klappt, kann ich nicht geben«, warnte er den Tennisspieler vorsichtshalber.
Leon hörte ihm gar nicht richtig zu.
»Und Sie glauben wirklich, dass ich mit der Therapie bald wieder trainieren kann?«, fragte er und rutschte aufgeregt auf dem Stuhl hin und her.
»Nun mal langsam«, versuchte Daniel, ihn zu beruhigen. »Ich glaube gar nichts. Es ist ein Versuch. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn er klappt, gut. Aber wenn nicht, dann müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen.« Seine Stimme war eindringlich.
Doch Leon waren wieder Annekas Mut machenden, Worte eingefallen. Du darfst den Mut nicht verlieren und musst an dich glauben!, hatte sie gesagt, und ihre weiche, warme Stimme klang ihm noch im Ohr. Mit leuchtenden Augen sah er Dr. Norden an.
»Wissen Sie, Leistungssport ist wie eine Religion. Das kann man nur ganz oder gar nicht machen«, erklärte er inständig.
»Aber ganz kann man diesen Sport nur machen, wenn man auch ganz gesund ist«, wollte sich Daniel nicht von seiner Euphorie anstecken lassen. Dazu war die Zukunft zu ungewiss, war nicht klar, ob die Therapie wirklich anschlagen und keine gravierenden Nebenwirkungen zeigen würde. Sagen konnte er Leon das indes nicht.
»Das kann nicht alles umsonst gewesen sein!«, sagte der junge Sportler leidenschaftlich. »Sie können sich gar nicht vorstellen, auf was ich alles verzichtet habe. Schon immer war ich anders als andere Kinder. Wenn sie nachmittags mit Freunden gespielt haben, stand ich auf dem Tennisplatz. Wenn sie heute feiern und einen trinken gehen, liege ich längst im Bett und bereite mich auf den nächsten Tag, das nächste Training, das nächste Spiel vor. Mein Trainer hat immer darauf geachtet, dass ich meine Zeit so sinnvoll wie möglich nutze.«
Mit wachsendem Unmut hatte Dr. Norden den Ausführungen des jungen Mannes gelauscht. In den Augen einer besorgten Mutter mochten diese Worte wie ein Wunder wirken. Doch als Arzt und Vater wusste Daniel, dass so eine Entwicklung alles andere als gesund für ein Kind war.
»Das klingt nicht danach, als hättest du sehr viel Spaß gehabt«, äußerte er offen seine Bedenken. »Ganz im Gegenteil hast du ja auf ziemlich viel verzichtet.«
Doch davon wollte Leon nichts hören. Sein Wangen glühten vor Eifer, als er erklärte:
»Das sehen Sie völlig falsch. Ich war sechs Jahre alt, als mich Toni, ich meine Herr Kroith, entdeckt hat. Seitdem gibt es für ihn nichts anderes als meine Karriere«, berichtete er euphorisch. »Er hat sich für mich aufgeopfert und sogar auf eine eigene Familie verzichtet.« Leon hielt inne und holte tief Luft. »Wissen Sie, Toni stand selbst mal kurz davor, Tennisprofi zu werden. Aber dann hatte er einen schlimmen Unfall. Er hat es nie wieder geschafft, an seine Leistungen anzuknüpfen.«
Während der Tennisspieler das bestätigte, was Fee und Daniel tags zuvor schon vermutet hatten, war eine steile Falte zwischen Dr. Nordens Augen aufgetaucht.
»Soso, und jetzt hofft er also, dass du seinen alten Traum vom Ruhm erfüllst.«
Leon war in Gedanken so sehr mit seinem Trainer beschäftigt, dass er den Missmut in Daniels Stimme gar nicht bemerkte.
»Ja! Das tut er«, bestätigte der Tennisstar inständig und strich sich ein dunkelblonde Locke aus der erhitzten Stirn. »Wenn Sie zugelassen hätten, dass ich operiert werde, dann wäre alles umsonst gewesen. Nicht nur meine Mühen. Auch seine.« Leon seufzte glücklich. »Aber jetzt wird alles gut.«
Es kostete Dr. Norden alle Beherrschung, keinen ausfallenden Kommentar abzugeben. Er maß Leon Matthes mit einem kritischen Blick, ehe er sich über die Patientenakte beugte und sich noch einmal die Notizen durchlas, die er sich zu der erforderlichen Behandlung gemacht hatte. Er erläuterte Leon, wie die Schmerztherapie vonstattengehen würde, und bat ihn, früh am nächsten Morgen in die Behnisch-Klinik zu kommen.
Der junge Mann versprach es und verabschiedete