Dr. Norden Staffel 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Dr. Norden Staffel 3 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 3
»Bewegung ist gut für verspannte Muskeln«, erwiderte Tatjana erbarmungslos. »Außerdem willst du doch sicher nicht, dass ich einen grausamen Hungertod sterbe.«
»Und was ist mit meinem Kältetod?«, hielt Danny dagegen. Inzwischen war er aufgestanden und lugte vorsichtig durch den Spalt zwischen den Gardinen hinaus in den unfreundlichen Wintermorgen. Dicke Schneeflocken fielen von einem eisgrauen Himmel, und schon jetzt wusste er, dass die Fahrt zur Praxis eine einzige Rutschpartie werden würde.
»So schnell stirbt es sich nicht«, gluckste Tatjana vergnügt. »Das sagst du doch selbst immer.«
Kopfschüttelnd drehte sich Danny zu ihr um. Nur der blonde Haarschopf, die blitzenden blauen Augen und die Nasenspitzte schauten unter der Decke hervor, und am liebsten wäre er sofort wieder zu ihr ins Bett gekrochen, um sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Doch leider ließ das zu erwartende Verkehrschaos diese Maßnahme nicht zu.
»Was hast du eigentlich da, wo andere Menschen ein mitfühlendes Herz haben?«, fragte er und begnügte sich damit, ihre verführerischen Lippen zu küssen.
»Hunger!«, antwortete Tatjana ohne Zögern, und Danny musste so sehr lachen, dass sich sofort wieder der Schmerz in der Schulter meldete.
»Eigentlich habe ich dich gestern ja nur mitgenommen, damit du mich heute pflegen kannst«, stöhnte er so gequält auf, dass Tatjana doch ein schlechtes Gewissen bekam.
»Ist es wirklich so schlimm?«, fragte sie besorgt.
»Grausam. Das kannst du dir gar nicht vorstellen«, übertrieb Danny absichtlich, um ihr Mitgefühl zu wecken.
»Moment mal. Die schlimmste Erkrankung des Mannes ist doch bekanntlich die Erkältung«, erwiderte sie keck und schälte sich aus der Bettdecke. »So schlimm kann so eine kleine Zerrung also gar nicht sein. Aber ich will mal nicht so sein und mache Frühstück.«
»Das ist doch reiner Selbstzweck«, rief Danny ihr nach und stand von der Bettkante auf, um endlich ins Bad zu gehen.
Lachend drehte sich Tatjana noch einmal zu ihm um.
»Überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil sorge ich mit dieser Maßnahme dafür, dass du mich nicht wiederbeleben musst«, grinste sie frech, schickte ihm einen Handkuss und verschwand im großzügigen Wohn-Essbereich, um ihre Ankündigung wahr zu machen und Danny mit einem liebevollen Frühstück zu überraschen.
*
Als Dr. Daniel Norden nach dem gemeinsamen Frühstück mit seiner Familie das Haus verließ, sah die Stadt aus wie eine dieser idyllischen Landschaften in einer Schneekugel, die gerade kräftig geschüttelt worden war.
»Schade, dass in ein paar Stunden von dieser herrlichen Winterwunderwelt nur noch graubrauner Matsch übrig sein wird«, sagte er zu seinem Nachbarn Alfons Schimpf, der es wie jeden Winter gegen ein Taschengeld übernommen hatte, die Praxisparkplätze, Bürgersteig und Gartenweg freizuschaufeln. »Hoffentlich werden Sie nicht krank bei der Arbeit draußen.«
»Ach was!«, winkte der Senior lächelnd ab. Er trug eine Pudelmütze, und seine Wangen leuchteten mit seiner Nasenspitze um die Wette. »Die Bewegung hält mich warm. Und falls ich doch einen Schnupfen bekommen sollte, weiß ich ja, an wen ich mich wenden muss.«
»Dann verschreibe ich Ihnen heiße Zitrone mit Honig und ein Kräuterdampfbad«. Daniel lachte und konnte es sich nicht verkneifen, mit bloßen Händen in den weichen Pulverschnee zu greifen und ihn durch die Finger rieseln zu lassen. Kindheitserinnerungen stiegen in ihm auf. Plötzlich sah er sich auf dem alten Schlitten wieder, auf dem seine Mutter ihn als Kind hinter sich hergezogen hatte. Er hörte das Knistern des Feuers im Haus seiner Großeltern und hatte den süßen Duft von Bratäpfeln in der Nase.
»Was war das für eine herrliche Zeit!«, murmelte er versonnen.
Ein Schneeball, der ihm am Rücken traf, weckte ihn aus seinen Gedanken, und amüsiert sah er den Schulkindern nach, die fröhlich kreischend davon liefen. Auch Alfons Schimpf sah ihnen nach.
»Freche Gören!«
»Genau wie wir damals!« Dr. Norden lächelte.
»Sie haben recht. Manche Dinge ändern sich eben nie«, sinnierte Alfons Schimpf vor sich hin und schien, genau wie Daniel, ein wenig sentimental zu sein.
»Das stimmt glücklicherweise.« Als Daniel das Gesicht seiner Assistentin Wendy am Fenster erblickte, erinnerte er sich wieder an seine Arbeit. Er verabschiedete sich von seinem Nachbarn und ging den sauber geräumten Weg zur Tür.
»Ich wünsche einen wunderschönen guten Morgen allerseits!« Mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen schneite er im wahrsten Sinne des Wortes in die Praxis und hinterließ eine weiße Spur, die sich schnell hinter ihm auflöste.
»Guten Morgen, Chef!«, Wendy freute sich sichtlich über die gute Laune des Seniors. »Schön, dass Sie so gut gelaunt sind. Dann macht es Ihnen sicher nichts aus, dass Sie sich gleich an die Arbeit machen müssen.«
Daniel hängte seinen nassen Mantel an die Garderobe und ging hinüber zum Tresen, wo Janine schon eine frische Tasse Kaffee für ihren Chef bereitgestellt hatte.
»Aber die Sprechstunde hat doch noch gar nicht angefangen«, bemerkte er mit einem verwunderten Blick ins Wartezimmer. Es war leer. Noch lagen die Zeitschriften ordentlich gestapelt auf den kleinen Tischen, und das Kinderspielzeug lag sorgfältig verstaut in der Ecke in einem großen Korb. »Da ist keine Menschenseele.«
»Ihr Patient wartet schon im Behandlungszimmer auf Sie.«
Das war ganz und gar ungewöhnlich und schon wollte Daniel ein ernstes Wörtchen mit seinen beiden Assistentinnen reden, als er das belustigte Funkeln in Wendys Augen bemerkte. Ein Gedanke kam ihm in den Sinn.
»Könnte es sein, dass es sich bei dem frühen Patienten um meinen Sohn Danny handelt?«, erkundigte er sich argwöhnisch, als er Schritte hinter sich hörte.
»Da bist du ja endlich, Dad«, erklärte Danny statt einer Begrüßung und gesellte sich zu seinem Vater an den Tresen.
»Was heißt hier endlich?« Daniel musterte seinen Sohn verwundert. »Du kannst von Glück sagen, dass ich schon hier bin. Wegen des Schnees bin ich viel früher losgefahren.«
Trotz seiner Schmerzen huschte ein Grinsen über Dannys Gesicht.
»Siehst du, und weil ich dein Pflichtbewusstsein so gut kenne, bin ich auch extra früh gekommen.« Um seine Worte zu unterstreichen, fasste er sich an die schmerzende Schulter. »Ich brauche nämlich deinen fachlichen Rat, bevor ich selbst wieder Hand an die Patienten lege.«
Während die beiden Männer Seite an Seite in Dr. Nordens Sprechzimmer gingen, erschien eine steile Falte auf Daniels Stirn.
»Was ist passiert? Hast du etwa auch Hallenfußball gespielt wie dein Bruder Felix?«
»Nein. Auf so eine dumme Idee würde ich niemals kommen. Es ist doch bekannt, wie hoch das Verletzungsrisiko bei Hallenfußball ist«, lächelte Danny ein wenig von oben herab. »Ich hab mit Tatjana doch diesen Tanzkursus gemacht und gestern beim Abschlussabend eine Hebefigur ausprobiert …«.
»Ah,