Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

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Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

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Glanz des Ausdrucks, der nur der Reflex der höhnenden Ironie war, die in meinem Innern wie verzehrendes Feuer brannte, die unnennbaren Reize, die über Aureliens frommes, engelschönes Gesicht verbreitet, zu schildern. Einer sagte, daß er den Maler, den die Vollendung mehrerer Porträts, die er angefangen, noch am Orte festhielte und der ein interessanter, herrlicher Künstler, wiewohl schon ziemlich bejahrt sei, morgen abends in die Gesellschaft mitbringen wolle.

      Von seltsamen Gefühlen, von unbekannten Ahnungen bestürmt, ging ich den ändern Abend später als gewöhnlich in die Gesellschaft; der Fremde saß mit mir zugekehrtem Rücken am Tische. Als ich mich setzte, als ich ihn erblickte, da starrten mir die Züge jenes fürchterlichen Unbekannten entgegen, der am Antoniustage an den Eckpfeiler gelehnt stand und mich mit Angst und Entsetzen erfüllte. – Er sah mich lange an mit tiefem Ernst, aber die Stimmung, in der ich mich befand, seitdem ich Aureliens Bild geschaut hatte, gab mir Mut und Kraft, diesen Blick zu ertragen. Der Feind war nun sichtlich ins Leben getreten, und es galt, den Kampf auf den Tod mit ihm zu beginnen. – Ich beschloß, den Angriff abzuwarten, aber dann ihn mit den Waffen, auf deren Stärke ich bauen konnte, zurückzuschlagen. Der Fremde schien mich nicht sonderlich zu beachten, sondern setzte, den Blick wieder von mir abwendend, das Kunstgespräch fort, in dem er begriffen gewesen, als ich eintrat. Man kam auf seine Gemälde und lobte vorzüglich Aureliens Porträt. Jemand behauptete, daß das Bild, unerachtet es sich auf den ersten Blick als Porträt ausspreche, doch als Studie dienen und zu irgendeiner Heiligen benutzt werden könne. – Man frug nach meinem Urteil, da ich eben jenes Bild so herrlich mit allen seinen Vorzügen in Worten dargestellt, und unwillkürlich fuhr es mir heraus, daß ich die heilige Rosalia mir nicht wohl anders denken könne, als ebenso wie das Porträt der Unbekannten. Der Maler schien meine Worte kaum zu bemerken, indem er sogleich einfiel: “In der Tat ist jenes Frauenzimmer, die das Porträt getreulich darstellt, eine fromme Heilige, die im Kampfe sich zum Himmlischen erhebt. Ich habe sie gemalt, als sie, von dem entsetzlichsten Jammer ergriffen, doch in der Religion Trost und von dem ewigen Verhängnis, das über den Wolken thront, Hülfe hoffte; und den Ausdruck dieser Hoffnung, die nur in dem Gemüt wohnen kann, das sich über das Irdische hoch erhebt, habe ich dem Bilde zu geben gesucht.” – Man verlor sich in andere Gespräche, der Wein, der heute dem fremden Maler zu Ehren in beßrer Sorte und reichlicher getrunken wurde als sonst, erheiterte die Gemüter. Jeder wußte irgend etwas Ergötzliches zu erzählen, und wiewohl der Fremde nur im Innern zu lachen und dies innere Lachen sich nur im Auge abzuspiegeln schien, so wußte er doch, oft nur durch ein paar hineingeworfene kräftige Worte, das Ganze in besonderem Schwünge zu erhalten. – Konnte ich auch, sooft mich der Fremde ins Auge faßte, ein unheimliches, grauenhaftes Gefühl nicht unterdrücken, so überwand ich doch immer mehr und mehr die entsetzliche Stimmung, von der ich erst ergriffen, als ich den Fremden erblickte. Ich erzählte von dem possierlichen Belcampo, den alle kannten, und wußte zu ihrer Freude seine phantastische Hasenfüßigkeit recht ins grelle Licht zu stellen, so daß ein recht gemütlicher dicker Kaufmann, der mir gegenüber zu sitzen pflegte, mit vor Lachen tränenden Augen versicherte, das sei seit langer Zeit der vergnügteste Abend, den er erlebe. Als das Lachen endlich zu verstummen anfing, frug der Fremde plötzlich: “Haben Sie schon den Teufel gesehen, meine Herren?” – Man hielt die Frage für die Einleitung zu irgendeinem Schwank und versicherte allgemein, daß man noch nicht die Ehre gehabt; da fuhr der Fremde fort: “Nun, es hätte wenig gefehlt, so wäre ich zu der Ehre gekommen, und zwar auf dem Schlosse des Barons F. im Gebürge.” – Ich erbebte, aber die ändern riefen lachend: “Nur weiter, weiter!” – “Sie kennen”, nahm der Fremde wieder das Wort, “wohl alle wahrscheinlich, wenn Sie die Reise durch das Gebürge machten, jene wilde, schauerliche Gegend, in der, wenn der Wanderer aus dem dicken Tannenwalde auf die hohen Felsenmassen tritt, sich ihm ein tiefer schwarzer Abgrund öffnet. Es ist der sogenannte Teufelsgrund, und oben ragt ein Felsenstück hervor, welches den sogenannten Teufelssitz bildet. – Man spricht davon, daß der Graf Viktorin, mit bösen Anschlägen im Kopfe, eben auf diesem Felsen saß, als plötzlich der Teufel erschien und, weil er beschlossen, Viktorins ihm wohlgefällige Anschläge selbst auszuführen, den Grafen in den Abgrund schleuderte. Der Teufel erschien sodann als Kapuziner auf dem Schlosse des Barons, und nachdem er seine Lust mit der Baronesse gehabt, schickte er sie zur Hölle, so wie er auch den wahnsinnigen Sohn des Barons, der durchaus des Teufels Inkognito nicht dulden wollte, sondern laut verkündete: >Es ist der Teufel!< erwürgte, wodurch denn aber eine fromme Seele aus dem Verderben errettet wurde, das der arglistige Teufel beschlossen. Nachher verschwand der Kapuziner auf unbegreifliche Weise, und man sagt, er sei feige geflohn vor Viktorin, der aus seinem Grabe blutig emporgestiegen. – Dem sei nun allem, wie ihm wolle, so kann ich Sie doch davon versichern, daß die Baronesse an Gift umkam, Hermogen meuchlings ermordet wurde, der Baron kurz darauf vor Gram starb und Aurelie, eben die fromme Heilige, die ich in der Zeit, als das Entsetzliche geschehen, auf dem Schlosse malte, als verlassene Waise in ein fernes Land, und zwar in ein Zisterzienserkloster, flüchtete, dessen Äbtissin ihrem Vater befreundet war. Sie haben das Bild dieser herrlichen Frau in meiner Galerie gesehn. Doch das alles wird Ihnen dieser Herr (er wies nach mir) viel umständlicher und besser erzählen können, da er während der ganzen Begebenheit auf dem Schlosse zugegen war.” – Alle Blicke waren voll Erstaunen auf mich gerichtet, entrüstet sprang ich auf und rief mit heftiger Stimme: “Ei, mein Herr, was habe ich mit Ihren albernen Teufelsgeschichten, mit Ihren Morderzählungen zu schaffen, Sie verkennen mich, Sie verkennen mich in der Tat, und ich bitte, mich ganz aus dem Spiel zu lassen.” Bei dem Aufruhr in meinem Innern wurde es mir schwer genug, meinen Worten noch diesen Anstrich von Gleichgültigkeit zu geben; die Wirkung der geheimnisvollen Reden des Malers sowie meine leidenschaftliche Unruhe, die ich zu verbergen mich vergebens bemühte, war nur zu sichtlich. Die heitre Stimmung verschwand, und die Gäste, nun sich erinnernd, wie ich, allen gänzlich fremd, mich so nach und nach dazu gefunden, sahen mich mit mißtrauischen, argwöhnischen Blicken an.

      Der fremde Maler war aufgestanden und durchbohrte mich mit den stieren, lebendigtoten Augen wie damals in der Kapuzinerkirche. – Er sprach kein Wort, er schien starr und leblos, aber sein gespenstischer Anblick sträubte mein Haar, kalte Tropfen standen auf der Stirn, und von Entsetzen gewaltig erfaßt, erbebten alle Fibern. – “Hebe dich weg”, schrie ich außer mir, “du bist selbst der Satan, du bist der frevelnde Mord, aber über mich hast du keine Macht!”

      Alles erhob sich von den Sitzen: “Was ist das, was ist das?” rief es durcheinander; aus dem Saale drängten sich, das Spiel verlassend, die Menschen hinein, von dem fürchterlichen Ton meiner Stimme erschreckt. “Ein Betrunkener, ein Wahnsinniger! bringt ihn fort, bringt ihn fort”, riefen mehrere. Aber der fremde Maler stand unbeweglich mich anstarrend. Unsinnig vor Wut und Verzweiflung, riß ich das Messer, womit ich Hermogen getötet und das ich stets bei mir zu tragen pflegte, aus der Seitentasche und stürzte mich auf den Maler, aber ein Schlag warf mich nieder, und der Maler lachte im fürchterlichen Hohn, daß es im Zimmer widerhallte: “Bruder Medardus, Bruder Medardus, falsch ist dein Spiel, geh und verzweifle in Reue und Scham.” – Ich fühlte mich von den Gästen angepackt, da ermannte ich mich, und wie ein wütender Stier drängte und stieß ich gegen die Menge, daß mehrere zur Erde stürzten und ich mir den Weg zur Türe bahnte. – Rasch eilte ich durch den Korridor, da öffnete sich eine kleine Seitentüre, ich wurde in ein finstres Zimmer hineingezogen, ich widerstrebte nicht, weil die Menschen schon hinter mir herbrausten. Als der Schwärm vorüber, führte man mich eine Seitentreppe hinab in den Hof und dann durch das Hintergebäude auf die Straße. Bei dem hellen Schein der Laterne erkannte ich in meinem Retter den possierlichen Belcampo. “Dieselben scheinen”, fing er an, “einige Fatalität mit dem fremden Maler zu haben, ich trank im Nebenzimmer ein Gläschen, als der Lärm anging, und beschloß, da mir die Gelegenheit des Hauses bekannt, Sie zu retten, denn nur ich allein bin an der ganzen Fatalität schuld.” “Wie ist das möglich?” frug ich voll Erstaunen. – “Wer gebietet dem Moment, wer widerstrebt den Hingebungen des höhern Geistes!” fuhr der Kleine voll Pathos fort. “Als ich Ihr Haupthaar arrangierte, Verehrter, entzündeten sich in mir comme a l’ordinaire die sublimsten Ideen, ich überließ mich dem wilden Ausbruch ungeregelter Phantasie, und darüber vergaß ich nicht allein, die Locke des Zorns auf dem Hauptwirbel gehörig zur weichen Runde abzuglätten, sondern ließ auch sogar siebenundzwanzig Haare der Angst und des Entsetzens über der Stirne stehen,

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