Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann страница 144

Автор:
Серия:
Издательство:
Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

Скачать книгу

Wut entbrannt, ein Messer, Verehrter, an dem schon diverse Blutstropfen hingen, aber es war ein eitles Bemühen, dem Orkus den zuzusenden, der dem Orkus schon gehörte, denn dieser Maler ist Ahasverus, der ewige Jude, oder Bertram de Bornis oder Mephistopheles oder Benvenuto Cellini oder der heilige Peter, kurz, ein schnöder Revenant und durch nichts anders zu bannen als durch ein glühendes Lockeneisen, welches die Idee krümmt, welche eigentlich er ist, oder durch schickliches Frisieren der Gedanken, die er einsaugen muß, um die Idee zu nähren, mit elektrischen Kämmen. – Sie sehen, Verehrter, daß mir, dem Künstler und Phantasten von Profession, dergleichen Dinge wahre Pomade sind, welches Sprüchwort, aus meiner Kunst entnommen, weit bedeutender ist, als man wohl glaubt, sobald nur die Pomade echtes Nelkenöl enthält.” Das tolle Geschwätz des Kleinen, der unterdessen mit mir durch die Straßen rannte, hatte in dem Augenblick für mich etwas Grauenhaftes, und wenn ich dann und wann seine skurrile Sprünge, sein komisches Gesicht bemerkte, mußte ich wie im konvulsivischen Krampf laut auflachen. Endlich waren wir in meinem Zimmer; Belcampo half mir packen, bald war alles zur Reise bereit, ich drückte dem Kleinen mehrere Dukaten in die Hand, er sprang hoch auf vor Freude und rief laut: “Heisa, nun habe ich ehrenwertes Geld, lauter flimmerndes Gold, mit Herzblut getränkt, gleißend und rote Strahlen spielend. Das ist ein Einfall und noch dazu ein lustiger, mein Herr, weiter nichts.” Den Zusatz mochte ihm mein Befremden über seinen Ausruf entlocken; er bat sich es aus, der Locke des Zorns noch die gehörige Runde geben, die Haare des Entsetzens kürzer schneiden und ein Löckchen Liebe zum Andenken mitnehmen zu dürfen. Ich ließ ihn gewähren, und er vollbrachte alles unter den possierlichsten Gebärden und Grimassen. – Zuletzt ergriff er das Messer, welches ich beim Umkleiden auf den Tisch gelegt, und stach damit, indem er eine Fechterstellung annahm, in die Luft hinein. “Ich töte ihren Widersacher”, rief er, “und da er eine bloße Idee ist, muß er getötet werden können durch eine Idee und erstirbt demnach an dieser, der meinigen, die ich, um die Expression zu verstärken, mit schicklichen Leibesbewegungen begleite. Apage Satanas, apage, apage, Ahasverus, allez-vous-en! – Nun das wäre getan”, sagte er, das Messer weglegend, tief atmend und sich die Stirne trocknend, wie einer, der sich tüchtig angegriffen, um eine schwere Arbeit zu vollbringen. Rasch wollte ich das Messer verbergen und fuhr damit in den Ärmel, als trüge ich noch die Mönchskutte, welches der Kleine bemerkte und ganz schlau belächelte. Indem blies der Postillon vor dem Hause, da veränderte Belcampo plötzlich Ton und Stellung, er holte ein kleines Schnupftuch hervor, tat, als wische er sich die Tränen aus den Augen, bückte sich einmal über das andere ganz ehrerbietig, küßte mir die Hand und den Rock und flehte: “Zwei Messen für meine Großmutter, die an einer Indigestion, vier Messen für meinen Vater, der an unwillkürlichem Fasten starb, ehrwürdiger Herr! Aber für mich jede Woche eine, wenn ich gestorben. – Vorderhand Ablaß für meine vielen Sünden. – Ach, ehrwürdiger Herr, es steckt ein infamer, sündlicher Kerl in meinem Innern und spricht: ›Peter Schönfeld, sei kein Affe und glaube, daß du bist, sondern ich bin eigentlich du, heiße Belcampo und bin eine geniale Idee, und wenn du das nicht glaubst, so stoße ich dich nieder mit einem spitzigen, haarscharfen Gedanken.‹ Dieser feindliche Mensch, Belcampo genannt, Ehrwürdiger! begeht alle mögliche Laster; unter ändern zweifelt er oft an der Gegenwart, betrinkt sich sehr, schlägt um sich und treibt Unzucht mit schönen jungfräulichen Gedanken; dieser Belcampo hat mich, den Peter Schönfeld, ganz verwirrt und konfuse gemacht, daß ich oft ungebührlich springe und die Farbe der Unschuld schände, indem ich singend in dulci jubilo mit weißseidenen Strümpfen in den Dr-setze. Vergebung für beide, Pietro Belcampo und Peter Schönfeld!” – Er kniete vor mir nieder und tat, als schluchze er heftig. Die Narrheit des Menschen wurde mir lästig. – “Sein Sie doch vernünftig”, rief ich ihm zu; der Kellner trat herein, um mein Gepäck zu holen. Belcampo sprang auf, und wieder in seinen lustigen Humor zurückkommend, half er, indem er in einem fort schwatzte, dem Kellner das herbeibringen, was ich noch in der Eile verlangte. “Der Kerl ist ein ausgemachter Hasenfuß, man darf sich mit ihm nicht viel einlassen”, rief der Kellner, indem er die Wagentüre zuschlug. Belcampo schwenkte den Hut und rief: “Bis zum letzten Hauch meines Lebens!” als ich mit bedeutendem Blick den Finger auf den Mund legte.

      Als der Morgen zu dämmern anfing, lag die Stadt schon weit hinter mir, und die Gestalt des furchtbaren, entsetzlichen Menschen, der wie ein unerforschliches Geheimnis mich grauenvoll umfing, war verschwunden. – Die Frage der Postmeister: wohin? rückte es immer wieder aufs neue mir vor, wie ich nun jeder Verbindung im Leben abtrünnig worden und den wogenden Wellen des Zufalls preisgegeben umherstreiche. Aber hatte nicht eine unwiderstehliche Macht mich gewaltsam herausgerissen aus allem, was mir sonst befreundet, nur damit der mir inwohnende Geist in ungehemmter Kraft seine Schwingen rüstig entfalte und rege? Rastlos durchstrich ich das herrliche Land, nirgends fand ich Ruhe, es trieb mich unaufhaltsam fort, immer weiter hinab in den Süden, ich war, ohne daran zu denken, bis jetzt kaum merklich von der Reiseroute abgewichen, die mir Leonardus bezeichnet, und so wirkte der Stoß, mit dem er mich in die Welt getrieben, wie mit magischer Gewalt fort in gerader Richtung.

      In einer finstern Nacht fuhr ich durch einen dichten Wald, der sich bis über die nächste Station ausdehnen sollte, wie mir der Postmeister gesagt und deshalb geraten hatte, bei ihm der Morgen abzuwarten, welches ich, um nur so rasch als möglich ein Ziel zu erreichen, das mir selbst ein Geheimnis war, ausschlug. Schon als ich abfuhr, leuchteten Blitze in der Ferne, aber bald zogen schwärzer und schwärzer die Wolken herauf, die der Sturm zusammengeballt hatte und brausend vor sich her jagte: der Donner hallte furchtbar im tausendstimmigen Echo wider, und rote Blitze durchkreuzten den Horizont, soweit das Auge reichte; die hohen Tannen krachten, bis in die Wurzel erschüttert, der Regen goß in Strömen herab. Jeden Augenblick liefen wir Gefahr, von den Bäumen erschlagen zu werden, die Pferde bäumten sich, scheu geworden durch das Leuchten der Blitze, bald konnten wir kaum noch fort; endlich wurde der Wagen so hart umgeschleudert, daß das Hinterrad zerbrach. So mußten wir nun auf der Stelle bleiben und warten, bis das Gewitter nachließ und der Mond durch die Wolken brach. Jetzt bemerkte der Postillon, daß er in der Finsternis ganz von der Straße abgekommen und in einen Waldweg geraten sei; es war kein anderes Mittel, als diesen Weg, so gut es gehen wollte, zu verfolgen und so vielleicht mit Tagesanbruch in ein Dorf zu kommen. Der Wagen wurde mit einem Baumast gestützt, und so ging es Schritt vor Schritt fort. Bald bemerkte ich, der ich voranging, in der Ferne den Schimmer eines Lichts und glaubte, Hundegebell zu vernehmen; ich hatte mich nicht getäuscht, denn kaum waren wir einige Minuten länger gegangen, als ich ganz deutlich Hunde anschlagen hörte. Wir kamen an ein ansehnliches Haus, das in einem großen, mit einer Mauer umschlossenen Hofe stand. Der Postillion klopfte an die Pforte, die Hunde sprangen tobend und bellend herbei, aber im Hause selbst blieb alles stille und tot, bis der Postillion sein Horn erschallen ließ; da wurde im obern Stock das Fenster, aus dem mir das Licht entgegenschimmerte, geöffnet und eine tiefe rauhe Stimme rief herab: “Christian, Christian!” – “Ja, gestrenger Herr”, antwortete es unten. “Da klopft und bläst es”, fuhr die Stimme von oben fort, “an unserm Tor, und die Hunde sind ganz des Teufels. Nehm er einmal die Laterne und die Büchse No. 3. und sehe er zu, was es gibt.” – Bald darauf hörten wir, wie Christian die Hunde ablockte, und sahen ihn endlich mit der Laterne kommen. Der Postillon meinte, es sei kein Zweifel, wie er gleich, als der Wald begonnen, statt geradeaus zu fahren, seitwärts eingebogen sein müsse, da wir bei der Försterwohnung wären, die von der letzten Station eine Stunde rechts ab liege. – Als wir dem Christian den Zufall, der uns betroffen, geklagt, öffnete er sogleich beide Flügel des Tors und half den Wagen hinein. Die beschwichtigten Hunde schwänzelten und schnüffelten um uns her, und der Mann, der sich nicht vom Fenster entfernt, rief unaufhörlich herab: “Was da, was da? was für eine Karawane?” – ohne daß Christian oder einer von uns Bescheid gegeben. Endlich trat ich, während Christian Pferde und Wagen unterbrachte, ins Haus, das Christian geöffnet, und es kam mir ein großer, starker Mann mit sonneverbranntem Gesicht, den großen Hut mit grünem Federbusch auf dem Kopf, übrigens im Hemde, nur die Pantoffeln an die Füße gesteckt, mit dem bloßen Hirschfänger in der Hand, entgegen, indem er mir barsch entgegenrief: “Woher des Landes? – was turbiert man die Leute in der Nacht, das ist hier kein Wirtshaus, keine Poststation. – Hier wohnt der Revierförster, und das bin ich! – Christian ist ein Esel, daß er das Tor geöffnet.” Ich erzählte ganz kleinmütig meinen Unfall und daß nur die Not uns hier hineingetrieben, da wurde der Mann geschmeidiger, er sagte: “Nun

Скачать книгу