Qual ergriffen, aber dann brach er wieder aus in das schneidende Gelächter, wie ich es im Traum gehört; er schwenkte sich in wilden Sprüngen, er trank aus der Flasche und rannte dann, sie von sich schleudernd, zur Türe hinaus. Ich stand schnell auf und lief ihm nach, aber er war mir schon aus dem Gesichte, ich hörte ihn die entfernte Treppe hinabpoltern und einen dumpfen Schlag wie von einer hart zugeworfenen Türe. Ich verriegelte mein Zimmer, um eines zweiten Besuchs überhoben zu sein, und warf mich aufs neue ins Bette. Zu erschöpft war ich nun, um nicht bald wieder einzuschlafen; erquickt und gestärkt erwachte ich, als schon die Sonne ins Gemach hineinfunkelte. – Der Förster war, wie er es gesagt hatte, mit seinen Söhnen und den Jägerburschen in den Wald gezogen; ein blühendes, freundliches Mädchen, des Försters jüngere Tochter, brachte mir das Frühstück, während die ältere mit der Mutter in der Küche beschäftigt war. Das Mädchen wußte gar lieblich zu erzählen, wie sie hier alle Tage froh und friedlich zusammen lebten und nur manchmal es Tumult von vielen Menschen gäbe, wenn der Fürst im Revier jage und dann manchmal im Hause übernachte. So schlichen ein paar Stunden hin, da war es Mittag, und lustiger Jubel und Hörnerklang verkündeten den Förster, der mit seinen vier Söhnen, herrlichen, blühenden Jünglingen, von denen der jüngste kaum fünfzehn Jahr alt sein mochte, und drei Jägerburschen heimkehrte. – Er frug, wie ich denn geschlafen und ob mich nicht der frühe Lärm vor der Zeit geweckt habe; ich mochte ihm das überstandene Abenteuer nicht erzählen, denn die lebendige Erscheinung des grauenhaften Mönchs hatte sich so fest an das Traumbild gereiht, daß ich kaum zu unterscheiden vermochte, wo der Traum übergegangen sei ins wirkliche Leben. – Der Tisch war gedeckt, die Suppe dampfte, der Alte zog sein Käppchen ab, um das Gebet zu halten, da ging die Türe auf, und der Kapuziner, den ich in der Nacht gesehen, trat hinein. Der Wahnsinn war aus seinem Gesichte verschwunden, aber er hatte ein düstres, störrisches Ansehen. “Sein Sie willkommen, ehrwürdiger Herr!” rief ihm der Alte entgegen, – “sprechen Sie das Gratias und speisen Sie dann mit uns.” – Da blickte er um sich mit zornfunkelnden Augen und schrie mit fürchterlicher Stimme: “Der Satan soll dich zerreißen mit deinem ehrwürdigen Herrn und deinem verfluchten Beten; hast du mich nicht hergelockt, damit ich der dreizehnte sein soll und du mich umbringen lassen kannst von dem fremden Mörder? – Hast du mich nicht in diese Kutte gesteckt, damit niemand den Grafen, deinen Herrn und Gebieter, erkennen soll? – Aber hüte dich, Verfluchter, vor meinem Zorn!” – Damit ergriff der Mönch einen schweren Krug, der auf dem Tische stand, und schleuderte ihn nach dem Alten, der nur durch eine geschickte Wendung dem Wurf auswich, der ihm den Kopf zerschmettert hätte. Der Krug flog gegen die Wand und zerbrach in tausend Scherben. Aber in dem Augenblick packten die Jägerbursche den Rasenden und hielten ihn fest. “Was!” rief der Förster, “du verruchter, gotteslästerlicher Mensch, du wagst es, hier wieder mit deinem rasenden Beginnen unter fromme Leute zu treten, du wagst es, mir, der ich dich aus viehischem Zustande, aus der ewigen Verderbnis errettet, aufs neue nach dem Leben zu trachten? – Fort mit dir in den Turm!” – Der Mönch fiel auf die Knie, er flehte heulend um Erbarmen, aber der Alte sagte: “Du mußt in den Turm und darfst nicht eher wieder hieher kommen, bis ich weiß, daß du dem Satan entsagt hast, der dich verblendet, sonst mußt du sterben.” Da schrie der Mönch auf wie im trostlosen Jammer der Todesnot, aber die Jägerbursche brachten ihn fort und berichteten, wiederkehrend, daß der Mönch ruhiger geworden, sobald er in das Turmgemach getreten. Christian, der ihn bewache, habe übrigens erzählt, daß der Mönch die ganze Nacht über in den Gängen des Hauses herumgepoltert und vorzüglich nach Tagesanbruch geschrien habe: “Gib mir noch mehr von deinem Wein, und ich will mich dir ganz ergeben; mehr Wein, mehr Wein!” Es habe dem Christian übrigens wirklich geschienen, als taumle der Mönch wie betrunken, unerachtet er nicht begriffen, wie der Mönch an irgendein starkes, berauschendes Getränk gekommen sein könne. – Nun nahm ich nicht länger Anstand, das überstandene Abenteuer zu erzählen, wobei ich nicht vergaß, der ausgeleerten Korbflasche zu gedenken. “Ei, das ist schlimm”, sagte der Förster, “doch Sie scheinen mir ein mutiger, frommer Mann, ein anderer hätte des Todes sein können vor Schreck.” Ich bat ihn, mir näher zu sagen, was es mit dem wahnsinnigen Mönch für eine Bewandtnis habe. “Ach”, erwiderte der Alte, “das ist eine lange, abenteuerliche Geschichte, so was taugt nicht beim Essen. Schlimm genug schon, daß uns der garstige Mensch, eben als wir, was uns Gott beschert, froh und freudig genießen wollten, mit seinem freveligen Beginnen so gestört hat; aber nun wollen wir auch gleich an den Tisch.” Damit zog er sein Mützchen ab, sprach andächtig und fromm das Gratias, und unter lustigen, frohen Gesprächen verzehrten wir das ländliche, kräftig und schmackhaft zubereitete Mahl. Dem Gast zu Ehren ließ der Alte guten Wein heraufbringen, den er mir nach patriarchalischer Sitte aus einem schönen Pokal zutrank. Der Tisch war indessen abgeräumt, die Jägerbursche nahmen ein paar Hörner von der Wand und bliesen ein Jägerlied. – Bei der zweiten Wiederholung fielen die Mädchen singend ein, und mit ihnen wiederholten die Försterssöhne im Chor die Schlußstrophe. – Meine Brust erweiterte sich auf wunderbare Weise: seit langer Zeit war mir nicht im Innersten so wohl gewesen als unter diesen einfachen, frommen Menschen. Es wurden mehrere gemütliche, wohltönende Lieder gesungen, bis der Alte aufstand und mit dem Ausruf: “Es leben alle brave Männer, die das edle Weidwerk ehren”, sein Glas leerte; wir stimmten alle ein, und so war das frohe Mahl, das mir zu Ehren durch Wein und Gesang verherrlicht wurde, beschlossen.
Der Alte sprach zu mir: “Nun, mein Herr, schlafe ich ein halbes Stündchen, aber dann gehen wir in den Wald, und ich erzähle es Ihnen, wie der Mönch in mein Haus gekommen und was ich sonst von ihm weiß. Bis dahin tritt die Dämmerung ein, dann gehen wir auf den Anstand, da es, wie mir Franz sagt, Hühner gibt. Auch Sie sollen ein gutes Gewehr erhalten und Ihr Glück versuchen.” Die Sache war mir neu, da ich als Seminarist zwar manchmal nach der Scheibe, aber nie nach Wild geschossen; ich nahm daher des Försters Anerbieten an, der höchlich darüber erfreut schien und mir mit treuherziger Gutmütigkeit in aller Eil noch vor dem Schlaf, den er zu tun gedachte, die ersten, unentbehrlichsten Grundsätze der Schießkunst beizubringen suchte.
Ich wurde mit Flinte und Jagdtasche ausgerüstet, und so zog ich mit dem Förster in den Wald, der die Geschichte von dem seltsamen Mönch in folgender Art anfing:
“Künftigen Herbst sind es schon zwei Jahre her, als meine Bursche im Walde oft ein entsetzliches Heulen vernahmen, das, sowenig Menschliches es auch hatte, doch, wie Franz, mein jüngst angenommener Lehrling, meinte, von einem Menschen herrühren mochte. Franz war dazu bestimmt, von dem heulenden Ungetüm geneckt zu werden, denn wenn er auf den Anstand ging, so verscheuchte das Heulen, welches sich dicht bei ihm hören ließ, die Tiere, und er sah zuletzt, wenn er auf ein Tier anlegen wollte, ein borstiges unkenntliches Wesen aus dem Gebüsch springen, das seinen Schuß vereitelte. Franz hatte den Kopf voll von all den spukhaften Jägerlegenden, die ihm sein Vater, ein alter Jäger, erzählt, und er war geneigt, das Wesen für den Satan selbst zu halten, der ihm das Weidhandwerk verleiden oder ihn sonst verlocken wolle. Die anderen Bursche, selbst meine Söhne, denen auch das Ungetüm aufgestoßen, pflichteten ihm endlich bei, und um so mehr war mir daran gelegen, dem Dinge näher auf die Spur zu kommen, als ich es für eine List der Freischützen hielt, meine Jäger vom Anstand wegzuschrecken. – Ich befahl deshalb meinen Söhnen und den Burschen, die Gestalt, falls sie sich wieder zeigen sollte, anzurufen, und falls sie nicht stehen oder Bescheid geben sollte, nach Jägerrecht ohne weiteres nach ihr zu schießen. – Den Franz traf es wieder, der erste zu sein, dem das Ungetüm auf dem Anstand in den Weg trat. Er rief ihm zu, das Gewehr anlegend, die Gestalt sprang ins Gebüsch, Franz wollte hinterdrein knallen, aber der Schuß versagte, und nun lief er voll Angst und Schrecken zu den ändern, die von ihm entfernt standen, überzeugt, daß es der Satan sei, der ihm zum Trutz das Wild verscheuche und sein Gewehr verzaubere; denn in der Tat traf er, seitdem ihn das Ungetüm verfolgte, kein Tier, so gut er sonst geschossen. Das Gerücht von dem Spuk im Walde verbreitete sich, und man erzählte schon im Dorfe, wie der Satan dem Franz in den Weg getreten und ihm Freikugeln angeboten und noch anderes tolles Zeug mehr. – Ich beschloß, dem Unwesen ein Ende zu machen und das Ungetüm, das mir selbst noch niemals aufgestoßen, auf den Stätten, wo es sich zu zeigen pflegte, zu verfolgen. Lange wollte es mir nicht glücken; endlich, als ich an einem neblichten Novemberabend gerade da, wo Franz das Ungetüm zuerst erblickt, auf dem Anstand war, rauschte es mir ganz nahe im Gebüsch, ich legte leise das Gewehr an, ein Tier vermutend, aber